19.11.2016 Aufrufe

Quatsch oder Aufklärung?

AH88_Gaebler_WEB

AH88_Gaebler_WEB

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Quatsch</strong> <strong>oder</strong> <strong>Aufklärung</strong>?<br />

US-Forschungen<br />

zur TV-Satire<br />

Einer der Höhepunkte im satirischen Werk<br />

Stephan Colberts war es sicher, dass er ein eigenes<br />

sogenanntes SuperPAC gründete. PAC<br />

steht für „Political Action Committee“, eine<br />

Organisation, die Einfluss auf die politische<br />

Meinungsbildung nehmen soll und zugleich<br />

der Wahlkampffinanzierung dient. Er gab seine<br />

Kandidatur für das Amt des Präsidenten der<br />

Vereinigten Staaten von South Carolina bekannt<br />

und nannte die Initiative „Americans for<br />

a Better Tomorrow, Tomorrow“. Damit spielte er<br />

bis hin zur „Federal Election Commission“ (FEC)<br />

real Fragen und Widersprüche der US-amerikanischen<br />

Wahlkampffinanzierung durch.<br />

Anders als in unserer Medienwissenschaft<br />

gibt es in den USA zahlreiche Forschungen zum<br />

Phänomen der Satire im Fernsehen – naturgemäß<br />

mit unterschiedlichen Ergebnissen. Eine<br />

groß angelegte Studie (Hardy et al. 2014) befragte<br />

nach der Präsidentschaftswahl 2012 in<br />

repräsentativen Stichproben USA-weit Erwachsene<br />

und kam zu dem Ergebnis, dass die Zuschauer<br />

der Sendung The Colbert Report besser<br />

über die Wahlkampffinanzierung informiert waren<br />

als vergleichbare Gruppen, die vorwiegend<br />

andere Arten von News rezipierten. Die Studie<br />

resümiert, dass der Colbert Report „als umfassende<br />

staatsbürgerliche Unterrichtsstunde betrachtet<br />

werden könne“ (ebd.; Übers. B. G.).<br />

Jamie Warner von der Marshall University<br />

lobt in ähnlicher Weise die Potenziale der Daily<br />

Show With Jon Stewart (Warner 2007; Übers.<br />

B. G.). Weniger durch Argumente und Logik als<br />

vielmehr durch subversive Parodien destruiere<br />

er emotional und ästhetisch die von der<br />

etablierten Politik praktizierten Techniken des<br />

„political branding“ (Bildung einer politischen<br />

Marke). „Das kann Raum für Nachfragen und<br />

Kritik eröffnen“, ist der Medienwissenschaftler<br />

überzeugt (ebd.).<br />

Auch eine Befragung der Fairleigh Dickinson<br />

University spricht dafür, dass die Rezeption<br />

der Satiresendungen politisches Wissen<br />

fördern kann (Cassino et al. 2012). Einen Fragebogen,<br />

der vor allem politisches Wissen testete,<br />

haben 1.185 Befragte beantwortet. Das<br />

Resultat mag wenig überraschend sein: Das<br />

Wissen der Befragten hing vor allem davon<br />

ab, welche Medien sie rezipierten. Folgende<br />

„Wissenhierarchie“ ergab sich: Am besten informiert<br />

waren die Hörer des „öffentlichen Radios“,<br />

gefolgt von den Bürgern, die regelmäßig<br />

die politischen Talkshows am Sonntagmorgen<br />

verfolgten. Dann schon kamen die Zuschauer<br />

der Satiresendung The Daily Show, abgeschlagen<br />

dahinter lagen alle, die vor allem Fox, CNN<br />

<strong>oder</strong> MSNBC schauen. „Wir erwarten, dass es<br />

den Leuten hilft, etwas zu lernen, wenn sie<br />

Nachrichtensendungen anschauen, aber die<br />

populärsten Nachrichtenquellen – MSNBC,<br />

Fox, CNN – scheinen die am wenigsten informativen<br />

zu sein“ (ebd.; Übers. B. G.).<br />

Ähnliche Studien gibt es in Deutschland<br />

leider nicht. Ebenso wenig wie die in den USA<br />

längst üblichen Versuche, den Boom der Satiresendungen<br />

für die politische Bildung fruchtbar<br />

zu machen. Beispielhaft dafür sei Staci L.<br />

Beavers zitiert, die inzwischen Präsidentin der<br />

California State University San Marcos ist. Ihre<br />

Erfahrung ist, dass Satire im Politikunterricht<br />

„Studierenden helfen kann, sich für politische<br />

Ereignisse, Sachverhalte und Analysen leichter<br />

82

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!