12.12.2012 Aufrufe

Profile von Senioren mit Autounfällen (PROSA)

Profile von Senioren mit Autounfällen (PROSA)

Profile von Senioren mit Autounfällen (PROSA)

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

sem Zusammenhang stellt sich die immer wieder<br />

kontrovers diskutierte Frage nach dem Verkehrssicherheitsrisiko<br />

des älteren Autofahrers. Befunde<br />

zum fahrleistungsbezogenen Unfallrisiko und zur<br />

überproportional hohen Unfallverschuldung einerseits<br />

sowie zu erhöhten Vulnerabilitäts- und Mortalitätszahlen<br />

des älteren Autofahrers andererseits<br />

weisen hier immer wieder auf diese Risiken hin.<br />

In Analysen der Unfallstatistiken <strong>von</strong> 2000-2005<br />

der Stadt Bonn zeigte sich, dass ältere Pkw-Fahrer<br />

seltener als erwartet in Unfälle verwickelt sind, diese<br />

aber häufiger verursachen. Sie scheinen anspruchsvolle<br />

Fahrsituationen zu meiden und sind<br />

deshalb weniger an Unfällen unter extremen Temperaturen<br />

und Straßenverhältnissen, auf Bundesstraßen,<br />

am Wochenende, abends und nachts beteiligt.<br />

Seltener verunfallen sie an Einmündungen,<br />

Kurven und Steigungen oder Gefällen. Tendenziell<br />

haben sie mehr Unfälle an Kreuzungen. Sie missachten<br />

häufiger Verkehrsregelungen und sind häufiger<br />

in Unfälle verwickelt, in denen sie sich Fußgängern<br />

gegenüber falsch verhalten. Die Gruppe<br />

der 65-69-Jährigen weist dabei unter den <strong>Senioren</strong><br />

in vielen Punkten ein eher untypisches Unfallmuster<br />

auf.<br />

Es wurde aufgezeigt, dass bei <strong>Senioren</strong> weder ein<br />

genereller, noch ein universeller Leistungsabbau<br />

nachzuweisen ist. Die Abkehr vom Defizitmodell<br />

und die Zuwendung zu einem optimistischeren Bild<br />

der Leistungsmöglichkeiten älterer Menschen sind<br />

zu stützen. Dennoch sind bei differenzierter Betrachtung<br />

Abnahmen in einzelnen kognitiven Bereichen<br />

nicht zu leugnen. Diese können die Reaktionsleistung,<br />

Konzentrationsfähigkeit, Aufmerksamkeit,<br />

fluide Intelligenz und Gedächtnisleistung<br />

betreffen. Darüber hinaus ist <strong>mit</strong> dem Alter eine<br />

Beeinträchtigung der Sinnesleistungen möglich.<br />

Besonders häufig sind eine abnehmende Sehschärfe<br />

und abnehmendes Dämmerungssehvermögen,<br />

erhöhte Blendempfindlichkeit, Reduzierung<br />

des Gesichtsfeldes, Verlängerung der Adaptionszeiten<br />

sowie Erkrankungen des Auges. Erhöhte<br />

Unfallrisiken können daraus für Betroffene<br />

resultieren. Des Weiteren können sich Erkrankungen,<br />

die <strong>mit</strong> dem Alter häufiger auftreten, auf die<br />

Verkehrssicherheit auswirken. Hervorzuheben sind<br />

für den Kontext älterer Autofahrer Schlaganfälle,<br />

die Parkinson-Krankheit, Epilepsie, Demenzen, affektive<br />

und schizophrene Psychosen, Bewegungsbeeinträchtigungen,<br />

Herz-Kreislauferkrankungen<br />

sowie Diabetes. Auch einer im Alter gehäuft auftretenden<br />

Multimorbidität muss als risikoförderndem<br />

35<br />

Faktor für Pkw-Unfälle Aufmerksamkeit geschenkt<br />

werden. Einhergehend <strong>mit</strong> dem erhöhten Erkrankungsrisiko<br />

im Alter steigt auch das Risiko der<br />

(Multi)Medikation. Hier sind besonders psychoaktive<br />

Medikamente zu nennen, die <strong>von</strong> <strong>Senioren</strong> häufig<br />

genommen werden und auf die Fahrleistung<br />

Auswirkung haben können.<br />

Auftretende Defizite älterer Autofahrer müssen<br />

nicht zwangsläufig negative Auswirkungen auf die<br />

Fahrleistung haben. So können Kompensationsmechanismen<br />

einen Ausgleich <strong>von</strong> verkehrsrelevanten<br />

Leistungsdefiziten bewirken. Ob sie eingesetzt<br />

werden, hängt jedoch wiederum auch <strong>von</strong><br />

Persönlichkeitseigenschaften ab. Hier zeigte sich<br />

ein überzeichnetes Selbstbild Älterer als problematisch<br />

für die Verkehrssicherheit. Hingegen können<br />

sich typische Ausprägungen <strong>von</strong> <strong>Senioren</strong> in Bezug<br />

auf Risikobereitschaft, -wahrnehmung, Vorsichtshaltung<br />

und Sicherheitsorientierung sicherheitsförderlich<br />

auswirken. Dies trifft auch auf eine<br />

weniger emotionale Fahrweise, weniger aggressive<br />

Interaktionen und niedrigeres Dominanzstreben<br />

älterer Pkw-Fahrer zu. Indessen stellt sich eine<br />

mangelnde Kommunikationsfreude wenig förderlich<br />

zur Konfliktlösung im Straßenverkehr dar. Darüber<br />

hinaus prägen unterschiedliche Motive, die<br />

dem Fahren im Alter zugrunde liegen, sowie individuelle<br />

Fahrbiographien ein unterschiedliches<br />

Fahrverhalten und unterschiedliche Unfallrisiken.<br />

Insgesamt scheint so ein ganzheitlicher Ansatz erforderlich,<br />

der individuelle Leistungsbeeinträchtigungen<br />

genauso wie Kompensationspotentiale<br />

und Persönlichkeitsfaktoren bei der Betrachtung<br />

<strong>von</strong> Unfallrisiken berücksichtigt.<br />

7 Die Erhebung<br />

Ziel des Projektes <strong>PROSA</strong> ist es, verkehrsmedizinische<br />

und –psychologische <strong>Profile</strong> verunfallter<br />

<strong>Senioren</strong> zu identifizieren, die eine Ableitung spezifischer<br />

Interventionen erlauben. Um dieses Ziel<br />

zu verfolgen, sind für das Projekt Instrumente entwickelt<br />

worden, die an verunfallten <strong>Senioren</strong> aus<br />

dem Raum Bonn eingesetzt wurden.<br />

Als Schwerpunkt der Studie ist ein Face-to-face-<br />

Interview konzipiert worden, das bei 180 Probanden<br />

eingesetzt worden ist. An einer Teilstichprobe<br />

<strong>von</strong> 50 Probanden ist darüber hinaus eine verkehrsmedizinisch-psychologische<br />

Diagnostik

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!