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Profile von Senioren mit Autounfällen (PROSA)

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letztgenannte Studie nach der Einschätzung der<br />

Gefährlichkeit <strong>von</strong> verschiedenen Verkehrssituationen<br />

fragt, ließ <strong>PROSA</strong> eine Einstufung nach<br />

Schwierigkeit vornehmen. Es wurde da<strong>mit</strong> der<br />

Empfehlung <strong>von</strong> FULLER (2005) gefolgt, die auf<br />

seinem Befund einer nahezu perfekten Korrelation<br />

(r=0,972) zwischen den beiden Antwortmöglichkeiten<br />

basiert. Nach Verhaltensbeobachtungen während<br />

der Erhebung entstand jedoch der Eindruck,<br />

dass die Probanden eine größere Schwelle überwinden<br />

mussten, eine Verkehrssituation als<br />

schwierig einzustufen. Der Proband knüpft dabei<br />

möglicherweise automatisch an Grenzen eigener<br />

Fähigkeiten an und gibt zu, dass diese Situation<br />

seine Fähigkeit übersteigt. Hingegen ist die Einstufung<br />

als gefährlich möglicherweise eher an die Eigenschaft<br />

der Situation gebunden und fällt dadurch<br />

leichter. Um diese Theorie für die Entstehung der<br />

Unterschiede auszuschließen, wäre eine Replikation<br />

<strong>von</strong> FULLERs Ergebnissen vor allem für den<br />

deutschsprachigen Raum wünschenswert.<br />

Neben einem methodischen Artefakt kann es aber<br />

auch möglich sein, dass die vorhandene Differenz<br />

zwischen beiden Gruppen tatsächlich auf dem Unterschied<br />

der Unfallbeteiligung bei <strong>PROSA</strong> beruht<br />

bzw. diesen bedingt. Wir wissen, dass eine geringe<br />

Risikowahrnehmung sich nachteilig auf den<br />

Straßenverkehr auswirken kann (vgl. JANSEN et<br />

al., 2001). Demnach kann gerade die verminderte<br />

Risikowahrnehmung die Ursache für die Unfallbeteiligung<br />

der <strong>PROSA</strong>-Stichprobe darstellen. Da<br />

sich aber auch innerhalb der gesamten AEMEЇS-<br />

Stichprobe kein Unterschied zwischen den Verunfallten<br />

und den nicht Verunfallten ergibt, ist die Annahme<br />

derzeit nicht gestützt.<br />

Eine dritte Erklärung bezieht sich erneut auf einen<br />

möglichen Kohorteneffekt, der für die Unterschiede<br />

beider Stichproben verantwortlich ist. So ist denkbar,<br />

dass gerade die <strong>Senioren</strong>generation <strong>von</strong> heute,<br />

die ihren Führerschein länger besitzt und mehr<br />

fährt, sich sicherer im Straßenverkehr fühlt, folglich<br />

auch weniger Risiken für sich sieht.<br />

Die letztgenannte Erklärung des Kohorteneffektes<br />

würde auch zu dem Befund passen, dass sich die<br />

Probanden der Stichprobe <strong>PROSA</strong> im Schnitt als<br />

Autofahrer besser einstufen, als dies die Probanden<br />

<strong>von</strong> AEMEЇS vornehmen. Es scheint, als ob<br />

die aktive, mobilere <strong>Senioren</strong>generation <strong>von</strong> heute<br />

mehr eigene Fähigkeiten betont und diesen vertraut.<br />

Gleichzeitig stützt der Befund jedoch auch<br />

die bereits diskutierte These des überzeichneten<br />

Selbstbildes und seines Risikopotentials. Demnach<br />

könnte die bessere Beurteilung auch im Sinne einer<br />

Überschätzung interpretiert werden, die sich<br />

dann in einer häufigeren Unfallbeteiligung niederschlägt.<br />

Darüber hinaus könnte der Effekt jedoch<br />

ebenfalls auf eine methodische Eigenschaft der<br />

Erhebung zurückzuführen sein. Während AEMEЇS<br />

nach einem Vergleich als Autofahrer „zum Durchschnitt“<br />

fragt, und da<strong>mit</strong> jegliche Altersklassen als<br />

Referenzgruppe einbezieht, fragt <strong>PROSA</strong> nach<br />

dem Vergleich zu anderen Autofahrern „im eigenen<br />

Alter“. Möglicherweise resultieren die niedrigeren<br />

Werte bei AEMEЇS daraus, da die Schwelle,<br />

sich besser als jüngere Fahrer einzustufen, höher<br />

ist als die, sich besser als Gleichaltrige zu sehen.<br />

Es wird erneut deutlich, dass ein Forschungsansatz<br />

notwendig ist, der auflöst, welche Schwellen<br />

(autofahrende) <strong>Senioren</strong> bei einem intra- und interindividuellen<br />

Vergleich verschiedener Referenzgruppen<br />

und verschiedener Bezeichnungen (z.B.<br />

schwierig vs. gefährlich) überwinden.<br />

Auch der Vergleich bzgl. vorhandener Augenerkrankungen<br />

und Augenarztbesuchen spricht nicht<br />

eindeutig für eine Entscheidung der Annahme Kohorteneffekt<br />

vs. Unfallverwicklung. Das Ergebnis<br />

<strong>von</strong> mehr augenerkrankten <strong>Senioren</strong> der <strong>PROSA</strong>-<br />

Stichprobe lässt sich durchaus im Sinne eines Gefahrenpotenzials<br />

und als ursächlich für die Unfallbeteiligung<br />

interpretieren. Betrachtet man jedoch,<br />

wie lang die letzte Untersuchung der Sehschärfe<br />

zurückliegt, bekommt man den Eindruck, dass die<br />

hohe Anzahl an augenerkrankten Probanden bei<br />

<strong>PROSA</strong> eher da<strong>mit</strong> zusammenhängt, dass sie als<br />

gesundheitsbewusste Generation häufiger zum<br />

Arzt gehen und so<strong>mit</strong> Erkrankungen auch eher<br />

diagnostiziert werden.<br />

Zusammenfassend kann festgehalten werden,<br />

dass keine eindeutige Entscheidung zugunsten einer<br />

ursächlichen Erklärung der Unterschiede beider<br />

Stichproben möglich ist. Vieles spricht dafür,<br />

dass eher die Kohortenunterschiede verantwortlich<br />

sein könnten, dass die <strong>Senioren</strong>generation <strong>von</strong><br />

heute als aktiver, selbstbewusster und gesundheitsorientierter<br />

abschneidet.<br />

Ein methodisch besserer Vergleich der verunfallten<br />

Stichprobe <strong>PROSA</strong> <strong>mit</strong> einer unfallfreien Teilstichprobe<br />

der 2003 abgeschlossenen Studie FRAME<br />

zeigt sowohl Unterschiede als auch Gemeinsamkeiten<br />

beider Stichproben auf. Während sich die<br />

Stichproben nicht bezüglich der Fahrmotivation<br />

und der wahrgenommenen Fahrverhaltensfehler

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