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102 Kapitel 3<br />
auf Angleichung der Wettbewerbsbedingungen auch für die Unternehmer in<br />
Ländern mit hohem Regulierungsniveau verlockend erscheinen. 18<br />
Überdies gelten für manche prozeßbezogene Regelungen ähnliche Bedingungen,<br />
wie sie für produktbezogene Vorschriften unterstellt wurden. So<br />
sind Arbeitssicherheit und Emissionskontrolle am Arbeitsplatz oft in die<br />
Produktionsanlagen selbst integriert, so daß ein größerer europäischer Markt<br />
für moderne Werkzeugmaschinen tatsächlich von der Schaffung gemeinsamer<br />
europäischer Standards abhängen kann. Darüber hinaus macht die<br />
elektronische Revolution in der Produktionstechnik existierende nationale<br />
Standards schnell obsolet; und die mobilsten Unternehmen, die wohl auch<br />
mit den modernsten Produktionsmitteln arbeiten, würden interne Größenkostenvorteile<br />
verlieren, wenn sie an Standorten mit niedrigem Regulierungsniveau<br />
veraltete Produktionstechniken verwenden würden. Deswegen<br />
ist es gut denkbar, daß einflußreiche Industrieverbände und multinationale<br />
Unternehmen europaweite Gesundheits-, Sicherheits- und Umweltschutzstandards<br />
für Maschinen und Büroeinrichtung nicht bekämpfen, sondern<br />
unterstützen, auch wenn diese strenger als die bisher geltenden nationalen<br />
Vorschriften sind.<br />
Jedoch trifft dies für den Bereich produktions- und standortbezogener<br />
Umweltschutzregelungen nicht generell zu. Unter der Annahme, daß strenge<br />
Vorschriften den Firmen in der Tat Kostenlasten auferlegen, die diese lieber<br />
vermeiden würden, schafft regulativer Wettbewerb für nationale Regierungen<br />
die Situation eines Gefangenendilemmas. Dies allein würde natürlich<br />
europäische Lösungen nicht ausschließen, da ein symmetrisches Gefangenendilemma<br />
leicht aufzulösen sein sollte, sofern durchsetzbare Vereinbarungen<br />
möglich sind. Deswegen sollte die Tatsache, daß sich auf europäischer<br />
Ebene Beispiele für effektive produktions- und standortbezogene Umweltschutzregelungen<br />
finden, in theoretischer Hinsicht keine Überraschung darstellen.<br />
Leider jedoch lassen sich diese Beispiele nicht verallgemeinern<br />
18 Zweifelhafter erscheint dagegen die rechtliche Kompetenz der Union, prozeßbezogene<br />
Umweltschutzvorschriften zu erlassen. Nach der Subsidiaritätsklausel, die durch den Vertrag<br />
von Maastricht in Artikel 3 b EGV eingeführt wurde, müßte dargetan werden, daß die<br />
Ziele prozeßbezogener Vorschriften »durch die Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht<br />
werden können« – was jedoch nur für Vorschriften über grenzüberschreitende Verschmutzung<br />
leicht zu begründen wäre, nicht aber für Vorschriften, die Wettbewerbsverzerrungen<br />
verhindern sollen, die aus der nationalen Regelung lokaler Umweltprobleme resultieren.<br />
Mit anderen Worten: Der Wunsch nach einem »level playing field« kann europäische<br />
Initiativen nicht mehr ohne weiteres rechtfertigen, und die Kommission scheint insofern<br />
bereits auf erwartete Einwände Großbritanniens und anderer Mitgliedstaaten reagiert zu<br />
haben (Golub 1996a).