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Der mögliche europäische Beitrag 143<br />
genannten Maßnahmen hätte verhindern sollen, aber es wäre doch sehr<br />
nützlich gewesen, wenn sie in der internationalen Arena hätten diskutiert<br />
und geprüft werden müssen.<br />
Zweitens schafft die Verpflichtung, nationale Politiken zu vergleichen und<br />
zu evaluieren, um Informationen über die »best practice« auszutauschen und<br />
»innovative Ansätze« zu fördern (Art. 129), günstige Voraussetzungen für<br />
eine gemeinsame Diskussion der Strukturen und Ursachen von Beschäftigungsproblemen<br />
und für die gemeinsame Analyse beschäftigungspolitischer<br />
Optionen. Da diese Diskussionen im neugeschaffenen »Beschäftigungsausschuß«<br />
weniger von politischen Rücksichten und akuten Krisen beeinflußt<br />
werden dürften, als dies im Bereich der nationalen Politik der Fall ist, besteht<br />
die Hoffnung, daß auch innovative Lösungen für gemeinsame Probleme<br />
entwickelt werden, die in den Auseinandersetzungen zwischen konkurrierenden<br />
parteipolitischen Konzepten auf nationaler Ebene nicht gefunden<br />
würden. Angesichts der aktiven Rolle der Kommission und der Möglichkeit<br />
»deliberativer« Beratungen in einem Ausschuß von erfahrenen Beamten gibt<br />
es zumindest eine Chance, daß ein Verständnis der Ursachen der europäischen<br />
Beschäftigungskrise und der möglicherweise erfolgreichen Beschäftigungsstrategien<br />
erreicht werden könnte, das über die Standard-Rezepte der<br />
OECD-Beschäftigungsstudie (1994) zur Deregulierung des Arbeitsmarktes,<br />
zur Einschränkung des öffentlichen Sektors und zum Abbau von Sozialleistungen<br />
hinausgeht.<br />
Schließlich kann die explizite Verankerung eines Beschäftigungsziels,<br />
das denselben Rang wie die Verpflichtung der Gemeinschaft auf Verwirklichung<br />
der vier Grundfreiheiten des Binnenmarktes einnimmt, eine heilsame<br />
Wirkung gegen die Dominanz neoliberaler Interpretationen der Rolle der<br />
europäischen Integration haben, wie sie sich in der Praxis der Kommission<br />
und in den Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs wiederfinden. Jedenfalls<br />
wird man künftig nicht mehr so leicht behaupten können, daß sich<br />
die Gemeinschaft nach positivem Recht auf die Verwirklichung der vier<br />
Grundfreiheiten und des unverfälschten Wettbewerbs beschränken müsse<br />
(Mestmäcker 1987, 1994). In dieser Hinsicht könnte es sich auch als hilfreich<br />
erweisen, daß nunmehr ein Verweis auf die Bestimmungen der Europäischen<br />
Menschenrechtskonvention von 1950 und eine explizite Verpflichtung<br />
auf »ein hohes Schutzniveau und Verbesserungen der Umweltqualität«<br />
in den Vertrag aufgenommen wurden. Man kann also nun auf eine<br />
Neubewertung des rechtlichen Spielraums der negativen Integration im<br />
Lichte sozialer und politischer Ziele hoffen, die über die Maximierung des<br />
Marktwettbewerbs hinausgehen.