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178 Zusammenfassung<br />

Pranger gestellt wird, dürfte es auch kaum möglich sein, steuerrechtliche<br />

Regelungen, die zu Hause von komplexen politischen Koalitionen ausgehandelt<br />

wurden, zu ändern. Da seine Kollegen ähnliche Schwierigkeiten für<br />

sich selbst erwarten könnten, wird sich ein Einvernehmen über »politische«<br />

Sanktionen schwer erzielen lassen.<br />

In Anbetracht dieser Schwierigkeiten muß man fragen, ob die bei der negativen<br />

Integration so erfolgreiche Vorgehensweise nicht auch hier zugleich<br />

wirkungsvoller und angemessener wäre. Dort waren sich die Mitgliedstaaten<br />

über das wünschenswerte Ziel der Marktintegration einig, entschlossen sich<br />

aber angesichts ihrer eigenen protektionistischen Neigungen und der Komplexität<br />

der betroffenen Fragen dazu, seine Durchsetzung an die supranationale<br />

Kommission zu delegieren und die Ausarbeitung von Regeln dem Fallrecht<br />

des Gerichtshofs zu überlassen. Dessen Orientierung wurde dann durch<br />

die parallele Entwicklung eines europäischen Wettbewerbsrecht im transnationalen<br />

Diskurs der Juristen aller Mitgliedstaaten bestimmt.<br />

In ähnlicher Weise kann man jetzt von einem sich entwickelnden Konsens<br />

über wünschenswerte Beschränkungen des innereuropäischen Regulierungs-<br />

und Steuerwettbewerbs ausgehen und vielleicht auch von der Einsicht,<br />

daß die praktische Umsetzung dieses Konsenses durch die beteiligten<br />

Regierungen selbst an vielfältigen Versuchungen scheitern könnte. Darüber<br />

hinaus werden jetzt auch die vorderhand unüberwindbaren Schranken einer<br />

europäischen politischen Integration stärker wahrgenommen. Die Öffentlichkeit<br />

hat bemerkt, daß sich die Europäische Union in absehbarer Zukunft<br />

nicht zu einem demokratischen Staat entwickeln wird und daß – auch wenn<br />

das Europäische Parlament noch weiter gestärkt werden sollte – es nicht legitim<br />

wäre, sich per Mehrheitsvotum über den starken Widerstand betroffener<br />

Länder hinwegzusetzen. Zugleich dürfte es auch klar geworden sein, daß<br />

die Heterogenität nationaler wirtschaftlicher Interessen und institutionsbezogener<br />

Präferenzen einvernehmliche Lösungen im Ministerrat gerade in jenen<br />

Politikbereichen erschwert oder vereitelt, in denen der Sozialstaat durch den<br />

ökonomischen Standortwettbewerb unter starken Druck geraten ist.<br />

Unter diesen Umständen sollte man prüfen, wie politische Anstrengungen<br />

zur Fortentwicklung der positiven Integration durch parallele Bemühungen<br />

zur Erweiterung des Problemlösungspotentials der rechtlichen Integration<br />

ergänzt werden könnten. Schließlich hat Europa ja als Rechtsordnung viel<br />

größere Fortschritte gemacht denn als politische Handlungseinheit (Weiler<br />

1982; Burley/Mattli 1993; Mestmäcker 1994; Joerges 1994b, 1996). Im<br />

zweiten Kapitel wurde zwar gezeigt, daß das legislative Potential der europäischen<br />

Justiz bisher in erster Linie der negativen Integration zugute kam.

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