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70 Kapitel 2<br />

2.3 Die Schwäche der positiven Integration<br />

Während die negative Integration durch die Kommission und den Gerichtshof<br />

hinter dem Rücken der politisch legitimierten Akteure vorangetrieben<br />

werden konnte, bedürfen Maßnahmen der positiven Integration im allgemeinen<br />

der ausdrücklichen Zustimmung des Ministerrats und in zunehmendem<br />

Maße auch des Europäischen Parlaments. Infolgedessen wird die Problemlösungskapazität<br />

der positiven Integration durch die Notwendigkeit eines breiten<br />

Konsenses bei potentiell divergierenden nationalen und Gruppeninteressen<br />

begrenzt.<br />

2.3.1 Die notwendige Zustimmung<br />

Solange der Luxemburger Kompromiß von 1966 auf alle Ratsentscheidungen<br />

angewandt wurde, führte das Erfordernis der Einstimmigkeit im Rat zu extrem<br />

mühsamen Entscheidungsprozessen, die leicht durch das Veto auch nur<br />

einer Regierung blockiert werden konnten (Sloot/Verschuren 1990). Die<br />

Einheitliche Europäische Akte von 1986 sollte durch die Rückkehr zu Abstimmungen<br />

mit qualifizierter Mehrheit zumindest bei Entscheidungen, »welche<br />

die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes zum Gegenstand<br />

haben«, Abhilfe schaffen (Art. 100 a I EGV). In der Folge wurde der<br />

Entscheidungsprozeß tatsächlich beschleunigt, da nunmehr nicht mehr um<br />

jede letzte Stimme gefeilscht werden muß (Dehousse/Weiler 1990; Engel/<br />

Borrmann 1991; Hayes-Renshaw/Wallace 1997; skeptischer: Golub 1997b).<br />

Jedoch sind Kräfteverhältnisse und Abstimmungsmodalitäten im Rat immer<br />

noch so austariert, daß einzelne Ländergruppen mit gemeinsamen Interessen<br />

kaum überstimmt werden können (Hosli 1996). 30 Trotzdem wird auch einem<br />

wird die Erweiterung des europäischen Mandats auf Umweltschutz und Industriepolitik<br />

durch den Vertrag von Maastricht von den Vertretern dieser Schule sehr kritisch betrachtet<br />

(Mestmäcker 1992; Behrens 1994). Um mögliche Gefahren zu verringern, wird jetzt auch<br />

gefordert, daß in die durch den EG-Vertrag begründeten individuellen Rechte, am wirtschaftlichen<br />

Verkehr über nationale Grenzen hinweg teilzunehmen, nicht durch Maßnahmen<br />

im Dienste der neu zugewiesenen Kompetenzen eingegriffen werden dürfe<br />

(Mestmäcker 1994: 286). Wollte man dem folgen, würde das europäische Wettbewerbsrecht<br />

nicht nur die nationale Gesetzgebung, sondern auch die »positive Integration« auf<br />

europäischer Ebene beschränken.<br />

30 Trotzdem gibt es auch in wichtigen Fällen durchaus Entscheidungen mit qualifizierter<br />

Mehrheit (Engel/Borrmann 1991). Zumindest werden Länder, die nicht an schwachen,<br />

sondern an starken Regelungen interessiert sind (wie es etwa für Dänemark, Deutschland

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