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114 Kapitel 4<br />

liche Vorschriften und Tarifverträge nicht mehr als »segensreicher Zwang«<br />

angesehen werden. Vielmehr seien sie zu Fesseln geworden, die europäische<br />

Unternehmen daran hinderten, die Flexibilität und Innovationsfähigkeit zu<br />

erreichen, die amerikanischen Firmen eine erfolgreiche Teilnahme am Wettbewerb<br />

erlaubten. Darüber hinaus hätten die europäischen Volkswirtschaften<br />

an der Last aufgeblähter öffentlicher Sektoren schwer zu tragen, in die in<br />

Schweden und Dänemark mehr als 50 Prozent des Bruttosozialprodukts flösse,<br />

in Frankreich, Deutschland und anderen Ländern auf dem Kontinent über<br />

40 Prozent, während dieser Anteil in den Vereinigten Staaten und in Japan<br />

nur um die 30 Prozent betrage. Außerdem litten sie an überdimensionierten<br />

sozialstaatlichen Systemen mit zu hohen Einkommensersatzleistungen, die<br />

zur Erhöhung der Mindestlöhne und zur Verminderung der Arbeitsanreize<br />

geführt hätten.<br />

4.1.1 Der Erfolgsmaßstab: Beschäftigungsquoten<br />

Nach meiner Überzeugung berücksichtigen diese konventionellen Erklärungsansätze<br />

nicht die kritischen strukturellen Faktoren. Für eine vergleichende<br />

Bewertung und Erklärung der Erfolge und Mißerfolge der Beschäftigungspolitik<br />

verschiedener Länder bedarf es zunächst aussagekräftiger<br />

Indikatoren. Die übliche Bezugnahme auf Arbeitslosenzahlen reicht dafür<br />

nicht aus, weil sie beispielsweise Berufsunfähigkeitsrenten, Vorruhestandsbezüge<br />

und andere Formen bezahlter Nichtarbeit nicht umfaßt; 1 überdies<br />

können diese Zahlen leicht politisch manipuliert werden – so wird etwa den<br />

britischen Konservativen nachgesagt, sie hätten die Definitionen der Arbeitslosigkeit<br />

im Lauf ihrer Amtszeit mehr als dreißigmal verändert, wobei<br />

jedes Mal die Zahl der registrierten Arbeitslosen herabgesetzt worden sei.<br />

Vor allem aber wird die Arbeitslosenquote unter Bezugnahme auf die Größe<br />

der »aktiven Bevölkerung« definiert, die in erheblichem Maße von Faktoren<br />

auf der Angebotsseite des Arbeitsmarktes beeinflußt wird. So kann die Erwerbsbeteiligung<br />

verheirateter Frauen ebenso von der getrennten oder gemeinsamen<br />

Veranlagung der Ehegatten bei der Einkommensteuer oder der<br />

Verfügbarkeit von Kindertagesstätten und Ganztagsschulen abhängen wie<br />

vom Angebot an Arbeitsplätzen.<br />

1 Für einen sorgfältigen Vergleich der niederländischen und deutschen Systeme bezahlter<br />

Nichtarbeit, von denen nur einige Formen zur Arbeitslosigkeit gerechnet werden, vgl. G.<br />

Schmid (1996).

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