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26 Kapitel 1<br />

lamente. Aber selbst wenn Gesetzesform vorgeschrieben ist, können die<br />

Parlamente im allgemeinen das Ergebnis der Verhandlungen zwar ablehnen,<br />

nicht aber verändern. Auch diese föderalen Verhandlungssysteme wurden<br />

immer wieder als Verstoß gegen die Prinzipien der parlamentarischen Verantwortlichkeit<br />

der Regierungen kritisiert, aber auch hier wurde die inputorientierte<br />

Kritik als weitgehend irrelevant behandelt: Wenn demokratisch<br />

verantwortliche Regierungen innerhalb desselben Gemeinwesens und unter<br />

dem Einfluß unterschiedlicher politischer Parteien oder Koalitionen eine<br />

Vereinbarung erzielt hatten, dann erschien die Besorgnis, daß dabei die Präferenzen<br />

einer bedeutenden Wählergruppe unbeachtet bleiben könnte, kaum<br />

gerechtfertigt. 8 Die bedeutendere Diskussion wurde deswegen in outputorientierten<br />

Kategorien geführt: Einerseits wurde anerkannt, daß bestimmte<br />

Arten von Problemen angesichts der gegebenen Verteilung der Zuständigkeiten<br />

nur durch intergouvernementale Kooperation gelöst werden könnten.<br />

Andererseits wurde aber gezeigt, daß die Effizienz der »Politikverflechtung«<br />

wegen der hohen Transaktionskosten von Verhandlungen relativ gering sei,<br />

und daß sie durch eine Neuverteilung der Zuständigkeiten verbessert würde,<br />

welche sowohl dem Bund als auch den einzelnen Gliedstaaten mehr eigenständige<br />

Handlungsmöglichkeiten verschaffen müßte (Scharpf 1985). Dieser<br />

Aspekt der deutschen Diskussion ist auch für die Europäische Union von<br />

Bedeutung.<br />

Pluralistische Politiknetzwerke<br />

Der Begriff der Politiknetzwerke – der zu deskriptiven und erklärenden<br />

Zwecken eingeführt wurde (Knoke 1990; Marin/Mayntz 1991; Héritier<br />

1993) – wird in der neueren Literatur zunehmend auch unter normativen und<br />

legitimitätsbezogenen Aspekten verwendet. Bisher konnten jedoch weder<br />

die strukturellen Voraussetzungen noch die Logik der Legitimationsargumente<br />

zufriedenstellend definiert werden. Die meisten Autoren unterstellen<br />

offenbar strukturelle Bedingungen, die im Unterschied zu korporatistischen<br />

Verhandlungssystemen die Beteiligung an politischen Entscheidungspro-<br />

8 Wie die deutsche Erfahrung mit dem Radikalenerlaß belegt, ignoriert diese optimistische<br />

Annahme die Asymmetrie zwischen der ersten Vereinbarung und der Revision einer einmal<br />

vereinbarten Lösung (Scharpf 1985). Der Staatsvertrag, der Linksradikale von öffentlichen<br />

Ämtern fernhalten sollte, wurde mit breiter Zustimmung der Öffentlichkeit in Reaktion auf<br />

den Linksterrorismus Anfang der siebziger Jahre abgeschlossen. Seine Anwendung wurde<br />

jedoch noch lange fortgesetzt, nachdem die öffentliche Hysterie in den meisten (aber eben<br />

nicht allen) vertraglich gebundenen Ländern liberaleren Präferenzen gewichen war.

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