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Kapitel 5<br />

Der mögliche europäische Beitrag<br />

Im letzten Kapitel habe ich zu zeigen versucht, daß die nationale Politik<br />

auch in jenen wichtigen Politikbereichen, in denen bisherige Lösungen<br />

rechtlich oder ökonomisch unter Druck geraten, keineswegs kapitulieren<br />

muß. Allerdings würde ein Übergang zu neuen und gegenüber dem Standortwettbewerb<br />

robusteren Strukturen des Sozialstaats weitreichende und tief<br />

einschneidende institutionelle Reformen von einer Größenordnung erfordern,<br />

die nur mit den radikalen Veränderungen, welche die konservative Regierung<br />

in Großbritannien durchgesetzt hat, vergleichbar wäre. Aber eine 18 Jahre<br />

dauernde Regierungszeit wäre in den meisten europäischen Ländern kaum<br />

vorstellbar – in denen überdies die Existenz von Mehrparteienkoalitionen,<br />

Föderalismus, Korporatismus und unabhängigen Verfassungsgerichten und<br />

Zentralbanken die Berücksichtigung von weitaus mehr »Vetopositionen« im<br />

politischen Prozeß erfordert, als dies in Großbritannien der Fall war (Tsebelis<br />

1995). Deswegen wäre selbst dann, wenn bessere und im Prinzip auch realisierbare<br />

Lösungen vorgeschlagen würden, kaum damit zu rechnen, daß diese<br />

rasch beschlossen und implementiert werden könnten.<br />

Dafür wären auch die politischen Bedingungen nicht günstig. Massenarbeitslosigkeit,<br />

enger werdende fiskalische Zwänge, der politische Druck<br />

zunehmender Unzufriedenheit und Radikalisierung bieten schlechte Voraussetzungen<br />

für langfristig angelegte (und kurzfristig unpopuläre) institutionelle<br />

Reformen des Sozialstaats. Und selbst wenn die nationale Politik nicht<br />

durch interne Konflikte und kurzfristiges Krisenmanagement in ihrer Handlungsfähigkeit<br />

eingeschränkt wäre, müßte sie sozusagen mit einem Klotz am<br />

Bein in den Kampf gehen: Sowohl das auf Liberalisierung, Deregulierung<br />

und Privatisierung drängende europäische Wettbewerbsrecht als auch die<br />

ökonomischen Zwänge des regulativen Wettbewerbs mit anderen Mitgliedstaaten<br />

erzeugen in der nationalen politischen Auseinandersetzung erheb-

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