download (pdf, 1.04 MB) - Campus Verlag
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Der mögliche europäische Beitrag 161<br />
5.3.3 Koordinierte institutionelle Reformen?<br />
Für sich allein wäre freilich die Vereinbarung eines Mindestniveaus an Sozialausgaben<br />
nur eine Zwischenlösung, mit der Zeit für die unvermeidliche<br />
strukturelle Transformation der europäischen Sozialstaaten gewonnen werden<br />
könnte. Diese Reformen müssen zwar auf nationaler Ebene stattfinden,<br />
sie könnten jedoch von einer Koordination auf europäischer Ebene profitieren.<br />
Diese Vorzüge sind vielleicht für die Transferzahlungen und Dienstleistungen<br />
der staatlichen Sozialpolitik offensichtlicher als für kollektive Arbeitsbeziehungen<br />
auf Unternehmens- oder Branchenebene. Tatsächlich sind<br />
sie jedoch in beiden Bereichen wichtig.<br />
Sozialpolitik<br />
Auch wenn Reformen des Sozialstaats auf nationaler Ebene beschlossen<br />
werden müssen, ist es für die Zukunft der Sozialpolitik in Europa wichtig,<br />
daß die gegenwärtige institutionelle Heterogenität zwischen den nationalen<br />
Sozialsystemen verringert wird. Wenn diese aber derzeit eine sozialpolitische<br />
Koordination unmöglich macht, müßte sie dann nicht auch konvergenzorientierte<br />
institutionelle Reformen ausschließen? Das wäre in der Tat<br />
wahrscheinlich, wenn die Konvergenz in einem einzigen Schritt erreicht<br />
werden müßte. Die Positionen im institutionellen Status quo sind zu weit<br />
voneinander entfernt, als daß Verhandlungen über einheitliche Lösungen<br />
aussichtsreich wären. Aber ein zweistufiges Verfahren könnte eher Erfolg<br />
haben. In einem ersten Schritt könnte man versuchen, eine Einigung »im<br />
Prinzip« über die zukünftigen Konturen europäischer Sozialsysteme zu erreichen,<br />
die in der Lage sein müßten, ein hohes Beschäftigungsniveau und<br />
eine ausreichende soziale Absicherung gegen die Risiken von Arbeitslosigkeit,<br />
Krankheit und Armut auch unter den Bedingungen der absehbaren demographischen<br />
Veränderungen, der sich wandelnden Familienstrukturen,<br />
der Strukturänderungen auf dem Arbeitsmarkt und des verschärften internationalen<br />
Wettbewerbs zu erreichen. Wie die Beiträge zur OECD-Konferenz<br />
über »Die sozialpolitische Agenda nach dem Jahr 2000« gezeigt haben, sind<br />
diese Konturen bereits sichtbar. Offenbar konvergieren Vorschläge ganz<br />
verschiedener Herkunft auf eine Kombination von Modellen, die einerseits<br />
die Lohnersatzleistungen bei Arbeitslosigkeit wenigstens teilweise durch beschäftigungsfördernden<br />
Einkommensbeihilfen für Geringverdienende ersetzen,<br />
und die andererseits die Altersvorsorge in eine stark redistributive und<br />
umlagefinanzierte Grundversorgung und eine beitragsbezogene und kapital-