download (pdf, 1.04 MB) - Campus Verlag
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
168 Zusammenfassung<br />
mal nötigen Verfassungsreformen zu beginnen sei (Griller et al. 1997). Mit<br />
dem Beitritt der mittel- und osteuropäischen Staaten wird sich die wirtschaftliche,<br />
institutionelle, kulturelle und sprachliche Heterogenität der<br />
Union nochmals vergrößern, und damit werden die Aussichten auf die Ausbildung<br />
einer kollektiven europäischen Identität und auf europaweite politische<br />
Diskurse, welche Mehrheitsentscheidungen in politischen Kernfragen<br />
legitimieren könnten, auf eine noch fernere Zukunft vertagt. Daraus folgt,<br />
daß die europäische Politik für die absehbare Zeit nicht als Herrschaft durch<br />
das Volk legitimiert werden kann, und daß alle Versuche, input-orientierte<br />
Legitimationsargumente in Anspruch zu nehmen, nur den Eindruck eines<br />
nicht behebbaren europäischen Demokratiedefizits verschlimmern würden.<br />
Aus diesem Grund werden nun auch Initiativen zur Einführung von Mehrheitsentscheidungen<br />
im Rat und zur Verringerung der Größe der Kommission<br />
in dem Maße schwieriger, wie die Angst vor Abstimmungsniederlagen<br />
auch bei denjenigen Staaten wächst, die sich in der Vergangenheit für Abstimmungsregeln<br />
nach mehrheitsdemokratischem Muster einsetzten.<br />
Jedoch hatten, wie ich im ersten Kapitel zu zeigen versuchte, inputorientierte<br />
Konzepte auch in demokratischen Verfassungsstaaten niemals die<br />
volle Legitimationslast für die Ausübung staatlicher Gewalt zu tragen. Überall<br />
werden sie ergänzt, und in vielen Politikbereichen (z.B. in der Geldpolitik<br />
und in der Vielzahl von Fragen, deren Lösung der Rechtsprechung überlassen<br />
wird) werden sie sogar ganz verdrängt von output-orientierten Konzepten.<br />
Diese schaffen Legitimation, indem sie deutlich machen, auf welche<br />
Weise bestimmte institutionelle Arrangements der Herrschaft für das Volk<br />
förderlich sind – was besagen soll, daß sie Entscheidungen begünstigen, die<br />
sich als Verwirklichung konsensualer Gemeinwohlvorstellungen rechtfertigen<br />
lassen. Nach der klassischen (oder Kantschen) Terminologie stehen diese<br />
Konzepte nicht im Kontext demokratischer, sondern republikanischer<br />
Legitimitätsvorstellungen; im Zusammenhang eines die input- und outputorientierten<br />
Dimensionen integrierenden Verständnisses effektiver demokratischer<br />
Selbstbestimmung kommt es hier auf die institutionelle Fähigkeit<br />
zu wirksamen Problemlösungen und auf das Vorhandensein institutioneller<br />
Schutzmechanismen gegen den Mißbrauch staatlicher Macht an. Im Prinzip<br />
gibt es jedenfalls keinen Grund, warum sich die Ausübung öffentlicher Gewalt<br />
auf europäischer Ebene nicht ebenfalls auf output-orientierte Legitimitätskonzepte<br />
stützen könnte.<br />
Wenn es darüber Zweifel gibt, so steht dahinter kaum die ernsthafte Sorge,<br />
daß die europäischen Kompetenzen zum Vorteil der Regierenden mißbraucht<br />
werden könnten. Obwohl die politische Verantwortlichkeit der