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20 Kapitel 1<br />
näre europäische Legitimation möge zwar künftig in dem Maße entstehen,<br />
wie europaweite politische Kommunikations- und Meinungsbildungsprozesse<br />
durch europäische Parteien, Verbände und Medien erleichtert würden. Da<br />
jedoch gegenwärtig Demokratie tatsächlich nur auf nationaler Ebene existiere,<br />
seien europäische Kompetenzen eng auszulegen, und ihre Ausübung<br />
müsse weiterhin von der Zustimmung demokratisch verantwortlicher nationaler<br />
Regierungen im Ministerrat abhängen. Aus einer input-orientierten<br />
Perspektive scheint mir diese Schlußfolgerung nach wie vor völlig überzeugend.<br />
1.1.2 Output-orientierte Legitimation<br />
Während die Input-Perspektive, indem sie die demokratische Legitimität von<br />
einer präexistenten kollektiven Identität abhängig macht, die nicht veränderbaren<br />
Aspekte des Demokratiedefizits der europäischen Politik betont, erlaubt<br />
die Output-Perspektive die Berücksichtigung einer größeren Zahl legitimierender<br />
Mechanismen. Eben deshalb ist ihre legitimierende Kraft jedoch<br />
im Vergleich zur identitätsgestützten Mehrheitsdemokratie in höherem Maße<br />
von Zusatzbedingungen abhängig und in ihrer Reichweite enger begrenzt.<br />
Die »Herrschaft für das Volk« leitet Legitimität von der Fähigkeit zur<br />
Lösung von Problemen ab, die kollektiver Lösungen bedürfen, weil sie weder<br />
durch individuelles Handeln noch durch den Markt und auch nicht durch<br />
freiwillig-gemeinsames Handeln in der Zivilgesellschaft gelöst werden<br />
könnten. Da solche Probleme häufig aus Bedingungen entstehen, die viele<br />
Personen in ähnlicher Weise betreffen oder ihre Ursache in der Interdependenz<br />
individueller Handlungen haben, erfordert ihre Lösung typischerweise<br />
nicht einmalige und eng spezialisierte, sondern dauerhafte und multifunktionale<br />
Strukturen. Aus praktischen Gründen setzt deswegen auch outputorientierte<br />
Legitimität die Existenz einer politischen Einheit mit abgrenzbarer<br />
Mitgliedschaft voraus. Aber diese Anforderungen sind geringer als die<br />
Voraussetzungen input-orientierter Legitimität. Nötig ist lediglich ein Bestand<br />
gemeinsamer Interessen, der hinreichend groß und dauerhaft erscheint,<br />
um institutionelle Arrangements für kollektives Handeln zu rechtfertigen.<br />
Legitimität kann also auch in politischen Einheiten erreicht werden, deren<br />
schwache Identität keinerlei organismische Interpretationen zuließe. Darüber<br />
hinaus sind solche politischen Einheiten auch nicht auf die ausschließliche,<br />
oder auch nur auf die primäre Loyalität ihrer Mitglieder angewiesen. Im<br />
Prinzip jedenfalls erlaubt die output-orientierte Legitimität eine problemlose