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Negative und positive Integration 77<br />
und Abgabenlasten und der westdeutschen Lohnpolitik ausgesetzt wurde.<br />
Einvernehmliche Lösungen wären auch dann nicht zu erreichen, wenn die<br />
Kosten der Sozial- und Umweltpolitik nicht den Unternehmen auferlegt,<br />
sondern durch höhere Einkommen- oder Verbrauchssteuern finanziert würden.<br />
Da die Durchschnittseinkommen viel niedriger sind, könnten sich die<br />
Bürger weniger entwickelter Staaten Vorschriften auf einem Schutzniveau,<br />
das den politischen Vorstellungen und der Zahlungsbereitschaft der reichen<br />
Mitgliedstaaten entspricht, nicht leisten. Wenn sie vollständig informiert<br />
sind, könnten ihre Regierungen deswegen nicht in ernster Absicht 36 gemeinsamen<br />
europäischen Vorschriften zustimmen, die derartige Folgen nach sich<br />
zögen.<br />
Institutionelle Konflikte<br />
Die dritte Hürde für einheitliche europäische Lösungen sind gravierende<br />
Unterschiede der Verwaltungspraxis, der Politikmuster, und der zur Implementation<br />
nationaler Politik aufgebauten institutionellen Strukturen. Wie<br />
Adrienne Héritier und ihre Mitarbeiter für die europäische Umweltpolitik<br />
gezeigt haben, sind Unterschiede zwischen nationalen Politikstilen und eingespielten<br />
Verwaltungsverfahren schwer zu überwinden, obwohl die nötigen<br />
Veränderungen primär Verwaltungseinrichtungen beträfen, die der direkten<br />
staatlicher Kontrolle unterstehen (Héritier et al. 1996). Die Schwierigkeiten<br />
einer Harmonisierung werden noch viel größer, wenn die Regelungs- und<br />
Leistungsstrukturen der nationalen Politik differieren, und wenn die möglichen<br />
Veränderungen eine große Zahl von Bürgern und Wählern in erheblichem<br />
Maße betreffen würden. So gibt es auch zwischen Ländern auf annähernd<br />
gleichem Entwicklungsstand und mit einem hohen Anteil der Sozialausgaben<br />
am Bruttosozialprodukt erhebliche Unterschiede in der Art, wie<br />
diese Mittel tatsächlich eingesetzt werden.<br />
Von grundlegender Bedeutung ist hier zunächst der Unterschied zwischen<br />
dem Skandinavischen Modell dienstleistungsintensiver und dem kontinentalen<br />
Modell transferintensiver Wohlfahrtsstaaten (Esping-Andersen<br />
1990). So investierten 1992 Schweden und Dänemark insgesamt 6,4 respektive<br />
4,4 Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts in Dienstleistungen für ältere<br />
36 Auch ohne Ausgleichszahlungen besteht selbstverständlich immer die Möglichkeit, daß<br />
manche Regierungen mangels ausreichender Information (Joerges/Neyer 1997) oder<br />
vielleicht auch in der Erwartung von Implementationsdefiziten (Mendrinou 1996) keine<br />
Einwendungen erheben.