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Zusammenfassung<br />
Die Legitimität der europäischen Mehrebenenpolitik<br />
Wenn wir nun zu den im Anfangskapitel gestellten Fragen zurückkehren,<br />
welche Folgerungen lassen sich dann für die demokratische Legitimität der<br />
europäischen Mehrebenenpolitik ziehen?<br />
Zunächst gibt es keinen Grund, das skeptische Urteil zur input-orientierten<br />
Legitimität der europäischen Politik zu revidieren. Keines der Argumente,<br />
die dafür angeführt werden können (z.B. Habermas 1996; Weiler<br />
1995, 1997a, 1997b), kann das dreifache Defizit überwinden – den Mangel<br />
einer präexistierenden kollektiven Identität, das Fehlen europaweiter politischer<br />
Diskurse und die Abwesenheit einer europaweiten institutionellen<br />
Infrastruktur politischer Parteien und gemeinsamer Medien, welche die poliische<br />
Verantwortlichkeit von Amtsinhabern gegenüber einer europäischen<br />
Wählerschaft sicherstellen könnte. Gewiß könnten einige dieser Defizite<br />
durch realisierbare, oder zumindest nicht von vornherein unmögliche, institutionelle<br />
Reformen verringert werden – so zum Beispiel durch die direkte<br />
Wahl des Präsidenten der Kommission durch das Europäische Parlament<br />
und seine volle politische Verantwortlichkeit diesem gegenüber. 1<br />
Aber die Gesamtperspektive hat sich eher verschlechtert, nachdem auf<br />
dem Amsterdamer Gipfel beschlossen wurde, daß mit den Verhandlungen<br />
über die Osterweiterung auch ohne eine vorherige Einigung über die mini-<br />
1 Nützlich und sogar ohne Vertragsänderung realisierbar wäre der von Tommaso Padoa<br />
Schioppa stammende und von Jacques Delors aufgegriffene Vorschlag an die europäischen<br />
Parteigruppen, sich jeweils auf ihren Kandidaten für das Amt des Präsidenten der<br />
Kommission zu verständigen und diesen im Europa-Wahlkampf zu präsentieren. Dies<br />
würde die öffentliche Aufmerksamkeit in allen Ländern auf ein europapolitisches Thema<br />
lenken, die Regierungen könnten den so legitimierten Kandidaten bei ihrem Vorschlag<br />
nicht übergehen, und die Kommission wäre gezwungen, ihre Prärogativen politisch sensibler<br />
auszuüben.