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150 Kapitel 5<br />

wendigkeit autonomer Lösungen auf nationaler Ebene respektieren muß, die<br />

den idiosynkratischen Präferenzen, Anschauungen, politischen Traditionen<br />

und institutionellen Strukturen der Staaten entsprechen. Gleichzeitig müssen<br />

nationale Akteure jedoch darauf Rücksicht nehmen, daß sie Mitglieder einer<br />

Staatengemeinschaft sind, die bei der Realisierung ihrer autonomen Lösungen<br />

den Interessen der anderen Mitglieder und der Verpflichtung auf ein<br />

gemeinsames Vorhaben Rechnung tragen müssen. Das Instrument zur Übersetzung<br />

dieser komplementären Verpflichtungen in Rechtssätze kann nur<br />

eine »Güterabwägung« sein, deren spezifische Implikationen sich in der für<br />

das Fallrecht charakteristischen Logik der kontrollierten induktiven Generalisierung<br />

von einem wohlbegründeten Präzedenzfall zum anderen entfalten<br />

müssen (Holmes 1881).<br />

Ich komme deshalb zu dem Schluß, daß die Gefahren der direkten (rechtlichen)<br />

Auswirkungen der negativen Integration auf die nationale Problemlösungskapazität<br />

jetzt besser verstanden werden und sich deswegen besser<br />

kontrollieren lassen, als dies noch vor einigen Jahren erwartet werden konnte.<br />

Dies vermindert jedoch nicht die indirekten (ökonomischen) Wirkungen<br />

der transnationalen Mobilität und der Regulierungs- und Steuerkonkurrenz<br />

auf die Problemlösungsfähigkeit des Nationalstaats. Im vorhergehenden Kapitel<br />

habe ich nationale politische Optionen diskutiert, die sich im Vergleich<br />

zu den gegenwärtigen Lösungen gegenüber den wirtschaftlichen Zwängen<br />

des regulativen Wettbewerbs als widerstandsfähiger erweisen könnten. Aber<br />

deren Reichweite ist begrenzt, so daß das Interesse an der positiven europäischen<br />

Integration bei den Bevölkerungsgruppen und politischen Parteien lebendig<br />

bleibt, die in der Vergangenheit von staatlichen Eingriffen in die kapitalistische<br />

Wirtschaft profitiert haben.<br />

In den verbleibenden Abschnitten werde ich deswegen Strategien diskutieren,<br />

die den europäischen Beitrag zur Problemlösung erhöhen könnten,<br />

ohne zugleich Interessenkonflikte zwischen den nationalen Regierungen im<br />

Rat zu provozieren. Zu diesen gehören auch »Koppelgeschäfte« und die<br />

»Ausgleichszahlungen« der europäischen Struktur- und Kohäsionsfonds, die<br />

in der Vergangenheit wichtig waren, um die Unterstützung widerstrebender<br />

Regierungen für die Weiterentwicklung des Binnenmarktes zu gewinnen<br />

(Haas 1980; Kapteyn 1991). Ihre Bedeutung ist allerdings unter den gegenwärtigen<br />

Haushaltszwängen der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten<br />

sehr zurückgegangen, und unter den wahrscheinlichen Bedingungen<br />

nach einer Osterweiterung der Union wird der Spielraum für sie noch geringer.<br />

Auf sie soll hier nicht weiter eingegangen werden. Statt dessen untersuche<br />

ich nun die Eignung von Modellen der »abgestuften Integration« zur

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