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Einleitung<br />

Der Zusammenbruch des Kommunismus wurde in Westeuropa als Bestätigung<br />

zweier grundlegender Überzeugungen begriffen. Politische Systeme,<br />

die mangels Legitimität ihre Herrschaft auf Furcht gründen müssen, so die<br />

eine, seien nicht nur mit menschlicher Freiheit und Würde unvereinbar, sondern<br />

auch mit den Funktionsvoraussetzungen ökonomischer Effizienz und<br />

einer dynamischen sozio-technischen Entwicklung. Unter modernen Bedingungen,<br />

so die zweite, könne die Legitimität politischer Systeme auf nichts<br />

anderes mehr gegründet werden als auf demokratische Selbstbestimmung<br />

und deren Verwirklichung in Institutionen, welche gewährleisten, daß die<br />

Herrschaft über das Volk zugleich auch Herrschaft durch das Volk und<br />

Herrschaft für das Volk sein muß.<br />

Schon bald aber zeigte sich, daß die historische Bestätigung dieser beiden<br />

Grundüberzeugungen den Glauben an die Legitimität der eigenen politischen<br />

Systeme keineswegs bestärken konnte. In den wenigen Jahren seit<br />

dem Fall der Mauer ist der Triumph der Demokratie fast überall im Westen<br />

einem tiefen Unbehagen an der Politik gewichen. Die Überzeugung, daß das<br />

kollektive Schicksal der Nationen in vertrauenswürdigen und kompetenten<br />

Händen ruhe und daß die Erfüllung bürgerlicher Pflichten eine Selbstverständlichkeit<br />

sei, hat einem zunehmenden Mißtrauen gegenüber den demokratisch<br />

gewählten Regierungen und einem wachsenden Zynismus gegenüber<br />

dem Steuersystem, dem Wehrdienst und anderen bürgerlichen Pflichten<br />

Platz gemacht. Manche erklären diesen Befund durch die zunehmende Individualisierung<br />

und die Erosion zivilgesellschaftlicher Selbstorganisation<br />

(Putnam 1996). Aber warum sollte sich dieser Prozeß gerade in den neunziger<br />

Jahren beschleunigt haben? Andere suchen die Ursache des Legitimitätsverlustes<br />

in den Unzulänglichkeiten bestimmter politischer Institutionen<br />

(Colomer 1996). Das ist zwar in manchen Fällen plausibel, erklärt aber nicht

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