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42 Kapitel 1<br />
junkturzyklen zu dämpfen und Vollbeschäftigung und ein stetiges Wirtschaftswachstum<br />
zu sichern, das dann Anhebung der Masseneinkommen<br />
und die Verbesserung staatlicher Einrichtungen und sozialstaatlicher Transferleistungen<br />
ermöglichte. Ebenso wichtig war, daß staatliche Regulierung<br />
und Tarifverhandlungen imstande waren, die Produktionsbedingungen innerhalb<br />
nationaler Grenzen zu beeinflussen, ohne die Voraussetzungen der<br />
kapitalistischen Akkumulation zu untergraben. Da die äußeren Grenzen<br />
kontrolliert werden konnten, produzierten alle wichtigen Wettbewerber unter<br />
den gleichen Rahmenbedingungen – mit der Folge, daß Regulierungskosten<br />
auf die Verbraucher überwälzt werden konnten. Deshalb mußten ein hoher<br />
Regulierungsstandard und starke Gewerkschaften nicht notwendigerweise<br />
die Investitionsrendite beeinträchtigen. 19<br />
In derselben Zeit wurden die Weltmärkte für Waren, Dienstleistungen<br />
und Kapital allmählich liberalisiert und unter amerikanischer Führung im<br />
Rahmen internationaler Wirtschafts-Regimes integriert (Keohane 1984).<br />
Aber diese Regimes sollten eine Art von sozial »eingebettetem Liberalismus«<br />
schaffen, der es nationalen Regierungen weiterhin erlaubte, ihre Bürger<br />
vor außenwirtschaftlichen Störungen zu schützen (Ruggie 1982). Unter<br />
diesen Rahmenbedingungen entwickelten die westeuropäischen Industriestaaten<br />
jeweils national- spezifische Versionen des kapitalistischen Sozialstaats.<br />
Trotz der erheblichen Unterschiede zwischen den »sozialdemokratischen«,<br />
»korporatistischen« oder »liberalen« Varianten (Esping-Andersen<br />
1990) waren alle bemerkenswert erfolgreich in der Sicherung und Förderung<br />
einer kräftigen kapitalistischen Wirtschaft, während sie gleichzeitig auf unterschiedliche<br />
Weise und in unterschiedlichem Maße die destruktiven Tendenzen<br />
eines entfesselten Kapitalismus im Interesse bestimmter sozialer,<br />
kultureller und/oder ökologischer Werte beschränken konnten (Scharpf<br />
1987; Merkel 1993b).<br />
überwunden wurde, hing der Erfolg von neo-korporatistischen institutionellen Bedingungen<br />
ab, die es den Gewerkschaften ermöglichten, Verantwortung für die Eindämmung der<br />
Lohnkosten-Inflation zu übernehmen, während die staatliche Fiskal- und Geldpolitik weiterhin<br />
die Vollbeschäftigung sicherstellte (Scharpf 1987).<br />
19 In der neomarxistischen politischen Ökonomie wurden fallende Gewinnmargen in den<br />
Nachkriegsjahrzehnten als aussagekräftiger Indikator für den unlösbaren Widerspruch<br />
zwischen demokratischem Staat und kapitalistischer Wirtschaft interpretiert (Wallerstein<br />
1990). Aber da die Investitionen versiegen würden, wenn die Kapitalrendite negativ wird,<br />
müßten Regierungen und Gewerkschaften in sinkenden Gewinnen eine Gefahr für Beschäftigung<br />
und Wachstum sehen. In der Theorie – und wie sich gezeigt hat, auch in der<br />
Praxis – sind jedenfalls korporatistische Länder durchaus in der Lage, derartige strategische<br />
Fehler entweder zu vermeiden oder rasch zu korrigieren.