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156 Kapitel 5<br />

gliedstaaten in gleicher Weise angewandt werden müßten. Unter solchen Bedingungen<br />

könnte also die europäische Umweltpolitik eine viel aktivere<br />

Rolle spielen, als das gegenwärtig möglich erscheint. Bezieht man die Osterweiterung<br />

in die Betrachtung ein, käme darüber hinaus der Fortschritt bei<br />

den produktions- und standortbezogenen europäischen Regelungen völlig<br />

zum Erliegen, sofern nicht abgestufte Standards den weniger entwickelten<br />

Ländern das wirtschaftliche Überleben sichern.<br />

5.3.2 Ein Mindestniveau für Sozialausgaben?<br />

Möglicherweise könnte die Differenzierungslogik auch manche Schwierigkeiten<br />

überwinden, die der regulative Wettbewerb in der Sozialpolitik<br />

erzeugt hat. Wie ich oben im zweiten und dritten Kapitel gezeigt habe, wäre<br />

die Harmonisierung der europäischen Sozialsysteme extrem schwierig. Angesichts<br />

der strukturellen und institutionellen Heterogenität der nationalen<br />

Lösungen würde jeder Versuch einer Vereinheitlichung tiefgreifende strukturelle<br />

und institutionelle Veränderungen in den meisten der existierenden<br />

nationalen Systeme erforderlich machen. Deshalb käme es zu harten Auseinandersetzungen<br />

über die Wahl des europäischen Modells; und in den Ländern,<br />

die in dieser Schlacht den kürzeren ziehen, müßten große und einflußreiche<br />

Organisationen zerstört werden, in denen Hunderttausende von Arbeitnehmern<br />

ihren Lebensunterhalt verdienen und von deren Leistungen und<br />

Transferzahlungen große Teile der Wählerschaft abhängen. Kurz: Die politischen<br />

Schwierigkeiten einer institutionellen und strukturellen Angleichung<br />

voll entwickelter Sozialstaaten wären so überwältigend, daß völlig klar ist,<br />

warum niemand – weder die Regierungen noch die Oppositionsparteien, die<br />

Arbeitgeber oder die Gewerkschaften – gegenwärtig die Forderung erhebt,<br />

die Harmonisierung der Sozialpolitik oben auf die europäische Tagesordnung<br />

zu setzen. Aber muß das eine positive europäische Rolle bei der Reorganisation<br />

bestehender sozialstaatlicher Systeme, wie sie gegenwärtig auf<br />

allen nationalen Tagesordnungen steht, ausschließen?<br />

Wie ich im vierten Kapitel zu zeigen versucht habe, gibt es in der Tat<br />

Optionen für eine Reorganisation der europäischen Sozialstaaten, die Massenarbeitslosigkeit<br />

und die zunehmende Ungleichheit auch unter den Bedingungen<br />

einer internationalisierten Wirtschaft bekämpfen könnten. Aber wie<br />

ich ebenfalls gezeigt habe, sind die Entwicklung und Durchsetzung solcher<br />

Lösungen schwierig. Unter den Zwängen des regulativen Wettbewerbs und<br />

akuter Finanzkrisen könnten sich die tatsächlich beschlossenen Veränderun-

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