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Lehrstuhl für Mathematik und ihre Didaktik Walter Olbricht, Doris ...

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6. Schlussfolgerungen<br />

In diesem Kapitel sollen die Resultate der vorangegangenen Überlegungen zusammengefasst <strong>und</strong><br />

darauf fußend einige Empfehlungen gegeben werden. Wir beginnen mit einigen gr<strong>und</strong>sätzlichen Anmerkungen<br />

zur Methodologie.<br />

6.1. Bemerkungen zur statistischen Methodologie<br />

Statistische Untersuchungen bewegen sich in der Regel zwischen zwei Polen: Einerseits explorativen<br />

Untersuchungen, bei denen in erster Linie Neues herausgef<strong>und</strong>en werden soll, andererseits konfirmatorische<br />

Analysen, bei denen in streng kodifizierter Weise bereits vorformulierte Hypothesen einem<br />

genauem Test unterzogen werden. Schon von den Ausgangsfragen her ist in diesem Fall eher das<br />

erste Vorgehen geboten. Denn mit vielen Fragestellungen wird Neuland betreten, <strong>und</strong> es liegen nur<br />

wenige gesicherte Vorkenntnisse oder selbst Vermutungen vor. Es kommt hinzu, dass auch von methodischer<br />

Seite Bedenken gegen allzu spezifische Modelle angebracht sind: Die dazu nötigen Annahmen<br />

sind problematisch <strong>und</strong> keineswegs plausiblerweise eo ipso gegeben. Viele unserer Untersuchungen<br />

deuten sogar eher das Gegenteil an <strong>und</strong> von einem standardisiertem Vorgehen wie etwa bei<br />

klinischen Studien ist man bei Unterrichtsversuchen des vorliegenden Typs gegenwärtig weit entfernt,<br />

womit übrigens nicht gesagt werden soll, dass solches unbedingt wünschenswert wäre.<br />

Es ist also ein eher deskriptives, datennahes Vorgehen angezeigt. Als Hauptziel der statistischen Behandlung<br />

kann eine möglichst transparente Aufbereitung <strong>und</strong> Auswertung der vorliegenden Daten<br />

gelten. Dementsprechend wurde bei der Auswahl stets solchen Verfahren der Vorzug eingeräumt, die<br />

leicht nachvollziehbar <strong>und</strong> durchschaubar sind. Dies ist einer der Gründe, warum wir so oft zu Graphiken<br />

<strong>und</strong> einfachen summarischen Zusammenfassungen greifen. Den Autoren ist durchaus bewusst,<br />

dass vielfach ein größerer technisch-statistischer Aufwand getrieben werden könnte. Wir glauben<br />

aber, in der vorliegenden Analyse darauf verzichten zu können <strong>und</strong> auch zu sollen, sofern lediglich<br />

„mehr“ <strong>und</strong> nicht „bessere“ Aussagen gemacht werden.<br />

In einer anderen Hinsicht sind wir aber statistisch anspruchsvoller. Wir sehen Evaluation eher als einen<br />

Prozess zur Qualitätssicherung <strong>und</strong> weniger als eine abschließende statische Qualitätsbeurteilung<br />

zu einem festen Zeitpunkt an. Dies beinhaltet auch eine recht große Flexibilität <strong>und</strong> Dynamik in<br />

der Datenanalyse, die mit der herkömmlichen Papierform kaum erreichbar ist. Idealerweise sollte die<br />

Analyse der Daten am besten im interaktiven Dialog am Computer erfolgen. In der Tat haben moderne<br />

Ansätze zur explorativen Datenanalyse <strong>und</strong> moderne Statistikpakete wie R <strong>und</strong> S-PLUS genau<br />

diese Zielrichtung. Man kann dann schnell <strong>und</strong> in der Regel durch Visualisierung verschiedenste Fragestellungen<br />

klären. Dieser „Lernprozess“ ist nicht zufälligerweise, sondern wie jeder Lernprozess<br />

notwendigerweise „dynamisch“ – <strong>und</strong> wie GEONExT die Geometrie „dynamisch“ macht, gibt es auch<br />

eine dynamische Graphik <strong>und</strong> eben exploratives Lernen aus den Daten auf der statistischen Ebene.<br />

Durch einen solchen Ansatz ergeben sich auch stetig Hinweise auf mögliche interessante neue Gesichtspunkte,<br />

die dann weiter verfolgt werden sollten. Ein wenig kann der Leser einen ähnlichen Effekt<br />

durch weiteres „Stöbern“ in einigen ergänzenden Dokumenten in Teil II dieser Evaluierung erzielen.<br />

In dieser Hinsicht verfolgen diese Notizen auch das Ziel, <strong>für</strong> eine stärkere statistische Begleitung von<br />

Evaluationsprozessen zu werben. Diese sollte aber umgekehrt nicht aufgesetzt ex post erfolgen, sondern<br />

sich den jeweils vorhandenen Sachverstand bzw. die Fachkenntnisse zu Nutze machen. In gewisser<br />

Weise ist dies vielleicht sogar der entscheidende Gr<strong>und</strong> <strong>für</strong> transparente Verfahren. Zwei Beispiele<br />

mögen diese Sichtweise erläutern: Es ist sicher jedem Lehrer geläufig, dass es Cliquenbildungen<br />

<strong>und</strong> dynamische (natürlich!) Gruppenprozesse innerhalb von Klassen gibt, die sich eben auch auf<br />

Beurteilungen <strong>und</strong> `Ankommen’ einer Unterrichtserie auswirken. In eine detachiert erfolgte statistische<br />

Modellierung fließt das selten ein: Man geht zumeist einfach von i.i.d. Beobachtungen aus. Oder ein<br />

noch naiveres Beispiel: Es erscheint vernünftig, die größere Nähe junger Studenten zur Altergruppe<br />

der Befragten zu nutzen, wenn es darum geht, Jugendjargon in freien Kommentaren richtig zu interpretieren.<br />

Nicht jedem ist ja klar, ob es gut oder schlecht ist, wenn etwas „rockt“. Wir haben durchaus<br />

das Ziel, mit diesen Notizen auch Handreichungen zu bieten, wie solche zwar elementaren, aber andererseits<br />

maßgeschneiderten <strong>und</strong> eben deshalb ertragreichen Auswertungen angegangen werden<br />

können. Es ist andererseits auch klar, dass hier<strong>für</strong> immer die kritische Distanz <strong>und</strong> Objektivität der<br />

Statistik gefordert ist, da sich ansonsten die Gefahr von Wunschdenken <strong>und</strong> Bestätigung von Vorurteilen<br />

vervielfacht. Eine mehr qualitative Analyse <strong>und</strong> Interpretation wird ebenfalls in Teil II vorgenommen.<br />

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