Festschrift "50 Jahre Bundeszahnärztekammer 1953 - 2003" - Die ...
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Grußsw<br />
ort<br />
| 106<br />
Präventionsorientierte Zahnheilkunde als umfassende Gesundheitsbetreuung ein Leben lang<br />
auch im internationalen Vergleich sehr gut messen<br />
lassen (Michelis and Reich 1997). Insbesondere<br />
die Kinder und Jugendlichen zeigen<br />
einen deutlichen Rückgang der Karies bei einem<br />
insgesamt hohen Sanierungsgrad, obwohl bei<br />
den Kindern mit 6 <strong>Jahre</strong>n ein noch deutlicher<br />
Sanierungsbedarf besteht (Reich and Piper<br />
2000). Es zeigt sich eine erfreuliche Zunahme<br />
der kariesfreien gesunden Gebisse, aber auch<br />
eine Polarisierung (20% der Kinder haben 80%<br />
der kariösen Läsionen) der Karieserfahrung auf<br />
Risikogruppen und dominante soziale Einflussfaktoren.<br />
Daher steht auch die zielgruppengerechte,<br />
d.h. risikoadaptierte Prävention als<br />
Konzept im Mittelpunkt der Weiterentwicklung<br />
der Präventionsbemühungen. Auch der Sachverständigenrat<br />
empfiehlt den Ausbau risikogerechter<br />
Primär- und Sekundärprävention bei<br />
Ausbau zahnstrukturerhaltender Maßnahmen<br />
innerhalb der Tertiärprävention (Sachverständigenrat<br />
and Gesundheitswesen 2001).<br />
Der so genannte „Paradigmen-Wechsel“ in<br />
der Zahnmedizin besteht eigentlich nur in einer<br />
stärkeren Fokussierung auf die Möglichkeiten<br />
der Primär- und Sekundärprophylaxe gegenüber<br />
dem Ersatz (Prothetik) oder der Wiederherstellung<br />
(Restauration) verlorener Strukturen und<br />
Funktionen im Rahmen der restaurativ orientierten<br />
Tertiärprophylaxe. Eine Reduktion auf<br />
den Teilbereich der Primär-Prophylaxe, wie es<br />
vor allem in der politischen Diskussion auch<br />
unter dem Aspekt einer vermeintlichen Kostenreduktion<br />
einschränkend häufig geschieht, kann<br />
nur einer ernsthaften Diskussion über die<br />
Möglichkeiten einer umfassenden Prävention<br />
schaden. Daher muss auch ein durchaus begrüßenswertes,<br />
politisch geplantes „Präventionsgesetz“<br />
von einem umfassenden Präventionsbegriff<br />
ausgehen, wenn es seinem Namen gerecht<br />
werden soll.<br />
Mögliche Bedeutung der Zahnärzte für die<br />
allgemeine Prävention<br />
Neben dem Hausarzt stellt der Zahnarzt mit<br />
Abstand die am häufigsten vom überwiegenden<br />
Teil der Bevölkerung aufgesuchte Facharztgruppierung<br />
dar. <strong>Die</strong> zahnärztliche Praxen sind,<br />
wie die Hausärzte, auf Grund der Frequenz der<br />
Kontaktaufnahme mit weiten Teilen der Bevölkerung<br />
besonders geeignet für Screening-Maßnahmen<br />
zur Früherkennung von Erkrankungen<br />
und für Informationsstrategien zur Änderung<br />
von Gesundheitsverhalten. So hatten in einer<br />
Studie fast der gleiche Anteil der Befragten in<br />
den letzten 12 Monaten Kontakt zum Zahnarzt<br />
wie zu ihren Hausärzten, während ein Dermatologe<br />
bzw. ein HNO-Arzt nur in 7% während<br />
der letzten Monate kontaktiert wurde (Halling<br />
2002). Daher kann ähnlich der Lotsenfunktion<br />
des Hausarztes auch den Zahnmedizinern als<br />
zahlenmäßig größte Facharztgruppe ein großes<br />
Präventionspotential zugesprochen werden, das<br />
es zu nutzen gilt. Andererseits kommt daher den<br />
Zahnärzten eine hohe Verantwortung auch in<br />
der allgemeinen Prävention zu, die über die<br />
Karies und Parodontalprävention hinaus geht,<br />
da durch Gesundheitsinformation (z.B.: Nikotinbzw.<br />
Alkoholkonsum und Essverhalten) und<br />
Früherkennung von oralen Tumoren bzw.<br />
Präkanzerose sowie Gesichtshauttumoren oder<br />
Lymphome am Hals auch ihre Aufgabe sein sollte.<br />
Aber auch durch eine Früherkennung von<br />
Symptomen, die auf eine Allgemeinerkrankung<br />
hinweisen (z.B. Hypertonie, Soor), kommt Ihnen<br />
eine große, bisher nicht ausreichend angenommene<br />
Bedeutung und Verantwortung zu. Viele<br />
orale Befunde können Begleitsymptom, Leitsymptom<br />
oder gar Frühsymptom von Allgemeinerkrankungen<br />
sein (Wagner).<br />
Mögliche Ansätze der zahnmedizinischen<br />
Prävention<br />
<strong>Die</strong> unterschiedlichen Ansätze zähnärztlicher<br />
Prävention lassen sich einerseits pathogentisch<br />
von den auftretenden Krankheiten her, aber<br />
auch von den Zielsetzungen her definieren und<br />
zeigen eine Vielfalt, die über die reine Zahnerhaltung<br />
weit hinausgeht. <strong>Die</strong> Ansätze zur Prävention<br />
sind, bedingt durch die bereits diskutierten<br />
unterschiedlichen Zielsetzungen, vielfältig<br />
und können im Zusammenhang mit diesem<br />
Übersichtsartikel keineswegs alle ausgeführt<br />
werden, was den entsprechenden Fachbeiträgen<br />
vorbehalten bleiben muss.<br />
Dennoch stehen die zahnerhaltenden Präventionsmaßnahmen<br />
immer im Mittelpunkt<br />
der alltäglichen Prävention in den Praxen und<br />
sollten auch weiter der primäre Gegenstand<br />
der Versorgungsforschung in diesem Bereich<br />
bleiben. Generell werden dabei allgemein wirksame<br />
Maßnahmen der Prävention, wie Kochsalzfluoridierung,<br />
Maßnahmen der Gruppenprophylaxe,<br />
wie Schul- und Kindergartenbetreuung<br />
sowie Maßnahmen der Individualprophylaxe,<br />
wie professionelle Zahnreinigung mit gezielter<br />
Fluoridierung und Fissurenversiegelung,<br />
unterschieden, wobei gelegentlich ein unsinni-