Festschrift "50 Jahre Bundeszahnärztekammer 1953 - 2003" - Die ...
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Grußsw<br />
ort<br />
| 72<br />
Selbstverwaltung in freiberuflichen Kammern<br />
Es wurden von den Autoren spezielle Regulierungsindizes<br />
entwickelt, mit deren Hilfe<br />
dann drei Gruppierungen vorgenommen und<br />
Länder mit einem hohen Regulierungsgrad von<br />
solchen einer mittleren Kategorie und eines<br />
liberalen Regelungssystems unterschieden wurden.<br />
Auch wenn in dieser Studie ausdrücklich<br />
herausgestellt wird, es sei auf der Grundlage des<br />
vorliegenden Datenmaterials nicht möglich, die<br />
Auswirkungen abzuschätzen, die die Unterschiede<br />
zwischen den Regelungssystemen auf<br />
die Qualität der erbrachten Leistungen für den<br />
Verbraucher im einzelnen nach sich ziehen, so<br />
seien doch keine Anzeichen für ein Marktversagen<br />
in denjenigen Mitgliedstaaten ersichtlich,<br />
in denen nach den gewonnenen Erkenntnissen<br />
ein geringeres Maß an Reglementierung<br />
herrsche. 20) In dieser Studie wird das Fazit gezogen,<br />
„dass brauchbare Konzepte eines Mitgliedstaates<br />
zum Abbau der Regelungsdichte auf<br />
andere Mitgliedstaaten übertragen werden<br />
könnten, ohne dass dort die Qualität der freiberuflichen<br />
Tätigkeit Schaden nimmt. <strong>Die</strong>s wäre<br />
letztlich zum Vorteil des Verbrauchers.“ 21)<br />
So berechtigt die Skepsis gegenüber solchen<br />
allgemeinen Direktiven vor dem Hintergrund<br />
der selbsteingestandenen Dürre von Material<br />
und wissenschaftlich belastbarem Instrumentarium<br />
und höchste Vorsicht bei ersichtlich voreiligen<br />
Folgerungen angebracht ist, treten die<br />
Tendenzen, die in der Gemeinschaftspolitik<br />
augenscheinlich verfolgt werden sollen, bereits<br />
zu Tage. <strong>Die</strong> jüngst erfolgte Einladung zur<br />
Stellungnahme für eine Arbeitsunterlage der<br />
Kommissionsdienststellen „Regulierung der<br />
Freien Berufe und ihre Folgen“, in der kurzfristig<br />
eine Beantwortung zum 31.5.2003 erbeten<br />
wird, 22) macht besonders deutlich, in welche<br />
Richtung die weiteren Kommissionsüberlegungen<br />
gehen, wenn auf Hinweise verwiesen wird,<br />
„dass das bei den freien Berufen in keinem Verhältnis<br />
zur wirtschaftlichen und technologischen<br />
Entwicklung steht.“ 23)<br />
Bei einer Stellungnahme wird mit aller Sorgfalt<br />
darauf zu achten sein, dass die spezifischen<br />
ethischen Anforderungen bei der Ausübung des<br />
Zahnarztberufes ebenso wie die notwendigen<br />
Qualitätsanforderungen, auf die jeder Patient<br />
zum Schutze seiner Gesundheit, eines hochwertigen<br />
Rechtsgutes, angewiesen ist, deren<br />
Detailbeurteilung sich angesichts eines hoch<br />
spezialisierten fachwissenschaftlichen Diskussionsstandes<br />
aber seiner Einschätzung weitgehend<br />
entzieht, gewährleistet bleiben, Postulate,<br />
die denn auch in allgemeiner Form von der<br />
Generaldirektion Wettbewerb zutreffend unter<br />
Bezugnahme auf die Rechtsprechung des EuGH<br />
besonders herausgestellt wurden. 24)<br />
In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen,<br />
dass bereits im geltenden Gemeinschaftsrecht,<br />
nämlich in Art. 8 Abs. 1 der E-Commerce-Richtlinie<br />
25) von den Mitgliedstaaten verlangt<br />
wird, sicherzustellen, dass die Verwendung<br />
kommerzieller Kommunikationen seitens eines<br />
Angehörigen eines reglementierten Berufs gestattet<br />
ist, „soweit die berufsrechtlichen Regeln,<br />
insbesondere zur Wahrung von Unabhängigkeit,<br />
Würde und Ehre des Berufs, des Berufsgeheimnisses<br />
und eines lauteren Verhaltens gegenüber<br />
Kunden und Berufskollegen, eingehalten werden.“<br />
b) Kritische Aufmerksamkeit sollte auch<br />
einem weiteren Ansatz der Gemeinschaftspolitik<br />
gelten, der sich in einem<br />
Richtlinienvorschlag zur Anerkennung<br />
von Berufsqualifikationen niederschlägt.<br />
Durch diese neue sog. Gesamtrichtlinie 26)<br />
sollen ganz unterschiedliche reglementierte<br />
Berufe erfaßt werden, darunter<br />
eben dann auch Freie Berufe wie die<br />
des Arztes und des Zahnarztes (siehe insoweit<br />
insbes. Titel III Kap. III Abschnitt 4<br />
mit den vorgeschlagenen Art. 32 bis 34<br />
sowie Anhang V.3). Bemerkenswerterweise<br />
soll dort aber der Anwaltsberuf<br />
herausgenommen werden, und zwar mit<br />
der Begründung, bei der Tätigkeit des<br />
Rechtsanwalts gehe es nicht um die<br />
Anerkennung der Berufsqualifikation als<br />
solcher, sondern um die Berechtigung<br />
zur Berufsausübung. <strong>Die</strong>ses Argument<br />
gilt freilich in gleicher Weise für Ärzte<br />
wie Zahnärzte 27) im Hinblick darauf, daß<br />
die Approbation doch schon per definitionem<br />
staatlicherseits den Zugang zur<br />
20) Institut für Höhere Studien (IHS), Wien, Forschungsbericht: Wirtschaftliche Auswirkungen einzel-staatlicher Regelungen für Freie Berufe, Januar 2003,<br />
Zusammenfassung, S. 6.<br />
21) AaO, S. 7.<br />
22) Europäische Kommission, GD Wettbewerb, Schreiben vom 27.3.2003.<br />
23) AaO, S. 3.<br />
24) AaO, S. 6 (Tz. 13).<br />
25) Nachweis siehe Fn. 19.<br />
26) Von der Kommission vorgelegter Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Anerkennung von Berufsqualifikationen v.<br />
7.3.2002, KOM (2002) 119 endg.; 2002/0061 (COD).<br />
27) So bereits zutreffend M. Henssler, EuZW 2002, 229 (230).