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Festschrift "50 Jahre Bundeszahnärztekammer 1953 - 2003" - Die ...

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Grußsw<br />

ort<br />

| 88<br />

Wettbewerb und Umverteilung im Gesundheitswesen<br />

einkünften zahlen müssen. <strong>Die</strong> freiwillig Versicherten<br />

haben aber im Vergleich zu den<br />

Pflichtversicherten in aller Regel in erheblich<br />

größerem Umfang außerhalb von Renten- und<br />

Pensionssystemen für ihr Alter vorgesorgt und<br />

erzielen entsprechend höhere Vermögenseinkünfte.<br />

Hier stoßen zwei unterschiedliche<br />

Systeme aufeinander, die grundsätzlich nicht<br />

kompatibel sind, so dass die Umverteilungsidee<br />

der gesetzlichen Krankenversicherung weiter<br />

verfälscht wird.<br />

Eine geradezu systemsprengende Wirkung<br />

kann die intergenerative Umverteilung in den<br />

nächsten <strong>Jahre</strong>n entwickeln. <strong>Die</strong> gesetzliche<br />

Krankenversicherung beruht auf dem Umlageprinzip.<br />

Bei der sich ändernden Altersstruktur,<br />

wie wir sie im Augenblick erleben und wie sie<br />

verstärkt in den <strong>Jahre</strong>n nach 2010 eintreten<br />

wird, steigt der Anteil der Versicherten, die das<br />

Gesundheitssystem mit höheren Kosten belasten<br />

als sie an Beiträgen aufbringen. <strong>Die</strong> steigende<br />

Lebenserwartung und die geringe Geburtenrate<br />

bewirken eine erhebliche Zunahme des Durchschnittsalters<br />

der Bevölkerung, so dass es relativ<br />

weniger junge Menschen gibt, die mehr einzahlen<br />

als die Versicherung für sie aufwenden muss.<br />

Schon aus diesen Gründen werden die Beitragssätze<br />

weiter steigen, so dass die künftigen Generationen<br />

mit höheren Beiträgen belastet werden,<br />

wenn nicht bald damit begonnen wird, Rückstellungen<br />

zu bilden.<br />

Grundsätzlich sollen die Versicherten entsprechend<br />

ihrer Leistungsfähigkeit in die gesetzliche<br />

Krankenversicherung einzahlen. <strong>Die</strong> angestrebte<br />

Umverteilung nach der Leistungsfähigkeit<br />

wurde vor mehr als 100 <strong>Jahre</strong>n, als die<br />

gesetzliche Krankenversicherung eingeführt<br />

wurde, einigermaßen erreicht. Damals musste<br />

nahezu jeder Arbeitnehmer seine volle verfügbare<br />

Zeit in seinem Beschäftigungsverhältnis<br />

einsetzen, um sich und seine Familie ernähren<br />

zu können. Einkünfte aus Vermögen spielten für<br />

die Arbeitnehmer praktisch keine Rolle, so dass<br />

das Arbeitseinkommen ein vergleichsweise guter<br />

Indikator für die Leistungsfähigkeit der Versicherten<br />

war.<br />

Mit dem Einkommen aus unselbständiger<br />

Arbeit wird aber heute die Leistungsfähigkeit<br />

nicht mehr zutreffend erfasst. <strong>Die</strong> Möglichkeiten,<br />

mit anderen Tätigkeiten Einkünfte zu erzielen<br />

– beispielsweise durch Vermietung und<br />

Verpachtung – nehmen ständig zu. Ein großer<br />

Anteil der Haushalte hat Vermögen gebildet<br />

oder geerbt und erzielt beträchtliche Vermögenseinkünfte.<br />

Immer mehr Versicherte verrin-<br />

gern freiwillig ihre Arbeitszeit. <strong>Die</strong> Versicherten<br />

sind viel flexibler geworden, und sie können zumindest<br />

teilweise ihre Aktivitäten von einer versicherungspflichtigen<br />

Beschäftigung auf andere<br />

Tätigkeiten verlagern.<br />

Versicherungsbeiträge wirken im geltenden<br />

System wie eine Steuer auf abhängige Beschäftigung.<br />

<strong>Die</strong> Aufnahme einer versicherungspflichtigen<br />

Tätigkeit wird unnötig erschwert. Mit jeder<br />

Erhöhung des Beitragssatzes wird der Übergang<br />

von der Arbeitslosigkeit in die Beschäftigung<br />

weiter erschwert.<br />

<strong>Die</strong> Optionsregelung für Personen, deren<br />

Lohneinkommen die Versicherungspflichtgrenze<br />

übersteigt, ist mit den Umverteilungszielen nicht<br />

in Einklang zu bringen, und sie ist nicht auf das<br />

Familieneinkommen bezogen. So kann beispielsweise<br />

ein Ehepaar die Option ausüben,<br />

wenn ein Partner Alleinverdiener ist und dessen<br />

Lohn oberhalb der Grenze liegt. Sind dagegen<br />

beide Ehepartner beschäftigt und liegen die jeweiligen<br />

Löhne knapp unterhalb der Grenze,<br />

können sie die Option nicht ausüben, obwohl<br />

das Gesamteinkommen erheblich höher sein<br />

mag als bei dem Alleinverdiener-Ehepaar.<br />

An der Umverteilung müssen sich nicht nur<br />

die Pflichtversicherten beteiligen, sondern alle<br />

Steuerzahler, soweit die Kosten des Gesundheitswesens<br />

über die Finanzierung der Krankenhäuser<br />

von den Ländern getragen werden. Einkommensschwache<br />

Personen, die nicht in der<br />

gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind,<br />

werden ebenfalls von allen Steuerzahlern unterstützt.<br />

Einer der gravierendsten Nachteile der Umverteilung<br />

mit Hilfe von Beiträgen, die vom<br />

Arbeitseinkommen abhängen, liegt in dem Verzicht<br />

auf risikoäquivalente Prämien. <strong>Die</strong> lohnabhängige<br />

Prämie steht nicht im Einklang mit<br />

den zu erwartenden Aufwendungen der Krankenversicherung<br />

für die versicherte Person. Dadurch<br />

kommt es zu dem Verhalten der Versicherungen,<br />

Personen mit hohem Gesundheitsrisiko<br />

zu meiden oder umgekehrt, sich besonders<br />

um „gute Risiken“ zu bemühen, und es<br />

kann kein wirksamer Wettbewerb zwischen den<br />

Krankenkassen entstehen. Der Risikostrukturausgleich<br />

ist eine unzureichende und zum Teil<br />

in die falsche Richtung zielende Hilfskonstruktion,<br />

die einen echten Wettbewerb nicht ersetzen<br />

kann.

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