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Festschrift "50 Jahre Bundeszahnärztekammer 1953 - 2003" - Die ...

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Tätigkeit besonderen Beschränkungen unterworfen,<br />

die sich aus der Einbindung in das vertragsärztliche<br />

Versorgungssystem ergäben. 12)<br />

Der Freie Beruf des Arztes und Zahnarztes<br />

steht also in einem spezifischen Spannungsverhältnis<br />

freiberuflicher Eigenverantwortung und<br />

sozialstaatlicher Bindung. 13) <strong>Die</strong> Grenzen dieser<br />

Bindungen zu bestimmen, ist im Hinblick auf die<br />

grundgesetzliche Gewährleistung der Berufsfreiheit<br />

(Art. 12 GG) des Arztes und Zahnarztes,<br />

aber auch im Hinblick auf die gesellschaftspolitische<br />

Relevanz der gesundheitlichen Versorgung<br />

der Bevölkerung durch Freie Heilberufe<br />

von zentraler Bedeutung. Als Rechtsbegriff hat<br />

die Freiberuflichkeit Konturen gewonnen durch<br />

die Legaldefinition des § 1 Abs. 2 des Partnerschaftsgesellschaftsgesetzes<br />

vom 22.07.1998, in<br />

dem es als Wesensmerkmal der Freien Berufe<br />

bezeichnet wird, dass sie „auf der Grundlage<br />

besonderer beruflicher Qualifikation oder<br />

schöpferischer Begabung die persönliche, eigenverantwortliche<br />

und fachlich unabhängige<br />

Erbringung von <strong>Die</strong>nstleistungen höherer Art im<br />

Interesse der Auftraggeber und der Allgemeinheit“<br />

zum Inhalt haben. Das breite Spektrum der<br />

aus Art. 12 Abs. 1 GG ableitbaren Gewährleistungen<br />

der Freiheit der Berufsausübung garantiert<br />

die Gesamtheit der mit der Berufstätigkeit,<br />

ihrem Ort, ihren Inhalten, ihrem Umfang, ihrer<br />

Dauer, ihrer äußeren Erscheinungsform, ihren<br />

Verfahrensweisen und ihren Instrumenten zusammenhängenden<br />

Modalitäten der beruflichen<br />

Tätigkeit und umfasst eine Reihe von Einzelfreiheiten<br />

14) wie z.B.<br />

- die berufliche Entfaltungsfreiheit mit den für<br />

den medizinischen Bereich zentralen Komponenten<br />

der Therapiefreiheit,<br />

-die berufliche Organisations- und Dispositionsfreiheit<br />

bezüglich der privatautonomen<br />

Rechtsformenwahl und der Freiheit<br />

gemeinsamer Berufsausübung, der Investitionsfreiheit<br />

sowie der freien Vertrags- und<br />

Preisgestaltung,<br />

- die Wettbewerbsfreiheit einschließlich der<br />

Freiheit der beruflichen Selbstdarstellung<br />

durch sachliche Informationswerbung, der<br />

Führung erworbener akademischer Grade<br />

und Tätigkeitsschwerpunkte,<br />

-die Eigenverantwortung für die Erbringung<br />

und wirtschaftliche Verwertung beruflicher<br />

Leistungen.<br />

<strong>Die</strong> Freiberuflichkeit des Zahnarztes im Spannungsfeld sozialstaatlicher Bindungen<br />

Das zahnärztliche Berufsrecht weist seit<br />

Jahrzehnten eine Tendenz auf, durch staatliche<br />

Vorgaben für die Praxisführung und wirtschaftliche<br />

Entfaltungsfreiheit die Berufsangehörigen zu<br />

reglementieren. <strong>Die</strong> den Zahnarzt wirtschaftlich<br />

belastenden Anforderungen an Praxisausstattung,<br />

Qualitätssicherung und Fortbildung nehmen<br />

ständig zu, während die wirtschaftliche<br />

Basis, die Zahnärztliche Gebührenordnung<br />

(GOZ), seit mehr als 15 <strong>Jahre</strong>n nicht an die wirtschaftliche<br />

Entwicklung angepasst wurde, so<br />

dass der Realwert der Leistungsvergütung erheblich<br />

gesunken ist.<br />

Insbesondere das engmaschige Netz kassenärztlicher<br />

Pflichten, denen Arzt und Zahnarzt in<br />

der Berufsausübungsform des Vertragsarztes<br />

unterworfen sind und die sowohl die Berufsausübung<br />

im engeren Sinne, d. h. die diagnostischtherapeutische<br />

Kernzone der Berufstätigkeit, tangieren,<br />

als auch die wirtschaftliche Komponente<br />

der Berufsausübung sowie die allgemeine berufliche<br />

Entfaltungs- und Dispositionsfreiheit einschränken,<br />

hat dazu geführt, dass verschiedentlich<br />

Zweifel laut wurden, ob der Vertrags(zahn-)<br />

arzt überhaupt noch die Kriterien des Freien<br />

Berufes erfülle. Von den zentralen Definitionskriterien<br />

der Freien Berufe, nämlich der besonderen<br />

beruflichen Qualifikation, der Eigenverantwortlichkeit<br />

und Unabhängigkeit sei nur<br />

noch ersteres über geblieben und im Grunde ein<br />

neues eigenständiges Berufsbild des „Vertragsarztes“<br />

entstanden. 15) Kausal für diese Entwicklung<br />

des Vertrags(zahn-)arztes zu einem Freiberufler<br />

„sui generis“ sind in erster Linie die<br />

Systembedingungen der GKV.<br />

Feiberuflichkeitsdefizite des zahnärztlichen<br />

Leistungs- und Vertragsregimes<br />

<strong>Die</strong> Entwicklungsgeschichte des zahnärztlichen<br />

Leistungs- und Vertragsrechts in der GKV<br />

ist gekennzeichnet durch eine progrediente<br />

Leistungs- und Vertragsausweitung, die sich in<br />

den siebziger <strong>Jahre</strong>n des vorigen Jahrhunderts<br />

beschleunigte und durch Vergütungsrestriktionen<br />

und Selbstbehalte periodisch eingedämmt<br />

wurde.<br />

Der dadurch bewirkte Paradigmenwechsel<br />

des Kassenarztrechts hat sich in einem zyklisch<br />

fortschreitenden Evolutionsprozess vollzogen,<br />

der sowohl die Rechtsstellung des Versicherten<br />

12) BVerfGE 12, 144, 1<strong>50</strong><br />

13) Zur Gemeinwohlorientierung Freier Berufe mit ihren Implikationen besonderer Schutzwirkungen zugunsten des betreffenden Berufs als dem Korrelat einer<br />

gewissen „Sozialschutzbedürftigkeit“ s. Groepper, GewArch 2000, 366, 370.<br />

14) Zur exemplarischen Konturierung des breitdimensionalen Schutzumfanges grundrechtlicher Gewährleistungen für Freie Berufe s. Tettinger, Medizinrecht 2001, 290.<br />

15) Vgl. Zuck, aaO (FN 12).<br />

ort<br />

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Grußsw

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