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Festschrift "50 Jahre Bundeszahnärztekammer 1953 - 2003" - Die ...

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Grußsw<br />

ort<br />

| 70<br />

Selbstverwaltung in freiberuflichen Kammern<br />

- Schließlich finden sich in den Aufgabenkatalogen<br />

freiberuflicher Kammern wie<br />

etwa in § 6 des Heilberufsgesetzes NRW<br />

noch diverse Aufträge und Ermächtigungen<br />

zu mannigfachen Aktivitäten, die<br />

sich unter dem Stichwort „Förderung der<br />

Berufsgruppe“ zusammenfassen lassen,<br />

zu denen die Förderung der Berufsausbildung<br />

und der -fortbildung ebenso<br />

gehört wie die Unterhaltung entsprechender<br />

Anlagen und Einrichtungen,<br />

die Wahrnehmung von Beratungs-,<br />

Informations- und sonstigen Servicefunktionen<br />

und vieles anderes mehr. 8)<br />

b) Zu den Stichworten „Verbändestaat“ und<br />

„Neokorporatismus“ sei für den Teilaspekt<br />

körperschaftlicher Organisationsstrukturen<br />

zunächst auf einen interessanten<br />

aktuellen Rechtsstreit hingewiesen.<br />

Auf der Grundlage eines Vorlagebeschlusses<br />

des Bundesverwaltungsgerichts<br />

9) hatte das Bundesverfassungsgericht<br />

zu klären, inwieweit die auf das<br />

Demokratiegebot in Art. 20 Abs.1u.2 GG<br />

zurückgehende Forderung nach einer ununterbrochenen<br />

demokratischen Legitimationskette<br />

für mit der Wahrnehmung<br />

von Hoheitsaufgaben betraute Amtswalter<br />

auch bei Selbstverwaltungskörperschaften<br />

im Wasserverbandsrecht rigide<br />

zur Anwendung zu bringen ist oder inwieweit<br />

dort über autonome Legitimationsstränge<br />

ein insgesamt hinreichendes<br />

demokratisches Legitimationsniveau<br />

sichergestellt werden konnte, 10) ein<br />

Rechtsstreit, bei dem Folgewirkungen<br />

für weitere körperschaftsrechtliche<br />

Komplexe der sog. funktionalen Selbstverwaltung<br />

und damit auch für das<br />

vorhin grob skizzierte Aufgabenspektrum<br />

des freiberuflichen Kammerwesens nicht<br />

ausgeschlossen werden konnten.<br />

Soeben hat aber das Bundesverfassungsgericht<br />

entschieden, dass das Demokratiegebot<br />

des Grundgesetzes durchaus offen ist für<br />

Formen der Ausübung von Staatsgewalt durch<br />

Selbstverwaltungsträger, sofern nur die Aufgaben<br />

und Befugnisse entsprechender Verbände<br />

gesetzlich ausreichend vorherbestimmt sind und<br />

demokratisch legitimierter staatlicher Aufsicht<br />

unterliegen, 11) Anforderungen, wie sie in der hiesigen<br />

Literatur mit regulierter Selbst- oder<br />

Gruppenregulierung umschrieben werden 12) und<br />

wie sie der EuGH – was noch zu zeigen sein<br />

wird – in ähnlicher Weise auch für das Europäische<br />

Gemeinschaftsrecht kürzlich zugrunde<br />

gelegt hat. <strong>Die</strong>se gelten übrigens gerade auch<br />

für den Themenkomplex des Erlasses von<br />

Gebührenordnungen. 13)<br />

c) Des weiteren mehren sich in jüngster<br />

Zeit die Stimmen, die vor einer „Flucht<br />

in das Kommissions- und Korporationswesen“<br />

warnen. Der Staat müsse sich<br />

verstärkt denjenigen Belangen des<br />

Gemeinwohls zuwenden,dieüber keine<br />

entsprechend durchsetzungfähige Lobby<br />

verfügten. Eine weitere Liberalisierung<br />

und Deregulierung müsse den Staat von<br />

korporativen Strukturen entlasten: „<strong>Die</strong><br />

neokorporatistischen, verbändestaatlichen<br />

Formen der Politik haben bisher<br />

vielfach notwendige Sachentscheidungen<br />

von weitreichender und vor allem<br />

zukunftssichernder Dimension verhindert.“<br />

14) Auch wenn dort zentral ein<br />

sich zunehmender Beliebtheit erfreuender<br />

Regierungsstil unter gesteigerter<br />

Zuhilfenahme von Sachverständigen-<br />

Kommissionen im Focus steht, bleibt von<br />

solchen Diskussionen das Kammerwesen<br />

gewiss nicht unberührt. „Kammern auf<br />

dem Prüfstand!“, so lautet denn auch seit<br />

<strong>Jahre</strong>n schon eine verbreitete Forderung,<br />

die hierzulande zwar in erster Linie den<br />

Industrie- und Handelskammern sowie<br />

den Handwerkskammern gilt, die aber<br />

freiberufliche Kammerorganisationen<br />

unter Berufung auf Interessen des Verbraucherschutzes<br />

und des Konkurrentenschutzes<br />

keineswegs ausspart.<br />

Auch der Wissenschaftliche Beirat beim<br />

Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie<br />

hat mit einem Gutachten „Aktuelle Formen<br />

des Korporatismus“ Impulse für die weitere Debatte<br />

gesetzt. Auch dort galt die Aufmerksamkeit<br />

freilich vorrangig anderen Themenkreisen, vor<br />

8) Dazu näher P. J. Tettinger, Kammerrecht, 1997, S. 132 ff.<br />

9) BVerwGE 106, 64 ff.<br />

10) Vgl. dazu etwa P. J. Tettinger/Th. Mann und J. Salzwedel, Wasserverbände und demokratische Legitimation, 2000.<br />

11) Beschluß v. 5.12.2002 – 2 BvL 5 u. 6/98 –, www.bverfg.de/Entscheidungen.<br />

12) Dazu jüngst die Kölner Habilitationsschrift von Jörg Ennuschat, Infrastrukturgewährleistung durch Privatisierung und Regulierung, 2003 (im Druck).<br />

13) Siehe EuGH, U. v. 18.6.1998, Slg. 1998, I-3886 (Kommission ./. Italien) und U. v. 19.2.2002, Slg. 2002, I-1529 (Arduino).<br />

14) So der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, H.-J. Papier, zitiert in: FAZ, Nr. 89 v. 15.4.2003, S. 13.

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