Festschrift "50 Jahre Bundeszahnärztekammer 1953 - 2003" - Die ...
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Leistet der Zahnarzt Zahnersatz an den<br />
Versicherten oder an die Krankenkasse?<br />
Der BDZ sah keinen Anlaß, an der Beurteilung<br />
des Zahnersatzes und der Kieferorthopädie<br />
etwas zu ändern. Anders bei der Umsatzbesteuerung<br />
der Zuschüsse: Hier bemühte er sich<br />
bei Ministerien um eine Freistellung und unterstützte<br />
Rechtsstreitigkeiten vor den Finanzgerichten,<br />
um die Befreiung von der damaligen vierprozentigen<br />
Brutto-Umsatzsteuer zu erreichen. Umsatzsteuerfrei<br />
waren die Leistungen an Krankenkassen,<br />
während zahnärztliche Privatleistungen<br />
umsatzsteuerpflichtig waren. Der Bundesfinanzhof<br />
entschied <strong>1953</strong>, dass auch dann, wenn die<br />
Krankenkasse an den Zahnarzt zahle, keine Leistung<br />
des Zahnarztes an sie erfolge (Bundessteuerblatt<br />
III 1954, S. 269). <strong>Die</strong> Krankenkasse übernehme<br />
nach privatrechtlichen Grundsätzen Teile<br />
der oder die gesamte Schuld des versicherten<br />
Patienten gegenüber dem Zahnarzt. Es handele<br />
sich um eine Leistung des Zahnarztes an den<br />
Patienten, und die Erfüllung der daraus entstehenden<br />
privatrechtlichen Schuld löse beim Zahnarzt<br />
die Umsatzsteuerpflicht aus. <strong>Die</strong>se Entscheidung,<br />
die den privatrechtlichen Charakter<br />
der Beziehungen beim Zahnersatz herausstellte<br />
und den sozialrechtlichen Besonderheiten keine<br />
Bedeutung beimaß, enttäuschte den BDZ und die<br />
Zahnärzteschaft.<br />
Besondere Stellung des Zahnersatzes<br />
Mit der Auffassung, die Versorgung mit Zahnersatz<br />
sei keine ärztliche Behandlung, konnten<br />
sich die Zahnärzte nicht abfinden, war doch<br />
durch das ZHG gerade erst die Anerkennung als<br />
ärztliche Behandlung erreicht worden. Zu befürchten<br />
wäre dann aber gewesen, dass Zahnersatz<br />
zur Pflichtleistung würde, die von der<br />
Krankenkasse vollständig zu zahlen wäre. Dem<br />
stand aber der Erlass von 1943 entgegen, wonach<br />
nur Zuschüsse gewährt wurden. Deshalb war<br />
mit der Anerkennung als ärztliche Behandlung<br />
kein Vertragszwang verbunden. Zuschussleistungen<br />
blieben außerhalb der kassenzahnärztlichen<br />
Versorgung, für die eine „Gesamtvergütung“<br />
als völlige Abgeltung der „Sachleistungen“<br />
von der Krankenkasse gezahlt wurde und für die<br />
Vertrags- und Schiedsamtzwang bestand. Verträge<br />
über schleimhautgetragenen Zahnersatz<br />
wurden als solche anderer, weitgehend privatrechtlicher<br />
Art betrachtet. Sie konnten durch<br />
Kündigung beseitigt werden. <strong>Die</strong> Kündigung<br />
führte zum „vertraglosen Zustand“, in dem die<br />
Von Rothenburg nach Berlin<br />
Zahnärzte ohne Bindung an Krankenkassenverträge<br />
nach der amtlichen Gebührenordnung ihr<br />
Honorar bestimmen konnten.<br />
Bundessozialgericht:<br />
Zahnersatz ist ärztliche Behandlung<br />
<strong>Die</strong>se Beurteilung änderte auch noch nicht<br />
der Umstand, dass das Bundessozialgericht 1966<br />
(zm 1967, S. 1<strong>50</strong>) das „Alsbacher Abkommen“<br />
als Vertrag über die kassenzahnärztliche Versorgung<br />
bezeichnete, weil es sich bei Zahnersatz<br />
um ärztliche Behandlung der Krankheit „Fehlen<br />
von Zähnen” handele. Dabei stützte sich das Gericht<br />
auf die Definition des ZHG. Ein Zwang zu<br />
Vergütungsverträgen wurde damit aber noch nicht<br />
gesehen; die Auffassung, nur bei voller Zahlung<br />
der Krankenkasse könne sie auch die Vergütung<br />
festlegen, blieb auch bei den Krankenkassen bestehen,<br />
obwohl ein maßgeblicher Beamter des<br />
Bundesarbeitsministeriums schon 1957 Vertragsund<br />
Schiedsamtszwang auch für Zahnersatz angenommen<br />
hatte.<br />
Streit um das Krankenversicherungs-<br />
Neuregelungsgesetz 1958<br />
Der vom Bundesarbeitsministerium 1958 vorgelegte<br />
Entwurf eines Krankenversicherungs-Neuregelungsgesetzes<br />
sah vor, dass der „notwendige“<br />
Zahnersatz Sachleistung für Versicherte werden<br />
sollte, die regelmäßig zahnärztliche Betreuung<br />
gesucht hatten. Obwohl es seit 1954 eine Kassenzahnärztliche<br />
Bundesvereinigung gab, geriet der<br />
BDZ in den Wirbel, den dieser Plan auslöste. Er<br />
fühlte sich selbstverständlich dazu berufen, zu<br />
dieser kassenzahnärztlichen Frage Stellung zu<br />
nehmen, ging es doch darum, wie weit der privatrechtliche<br />
Teil, für den sich der BDZ verantwortlich<br />
fühlte, gegenüber dem kassenzahnärztlichen<br />
verteidigt werden konnte – eine Frage, die<br />
auch die BZÄK immer wieder beschäftigt. <strong>Die</strong><br />
Mehrheit im BDZ akzeptierte den Vorschlag des<br />
KVNG und sah in ihm einen Fortschritt. Damit<br />
werde die Versorgung mit Zahnersatz endlich als<br />
ärztliche Behandlung einer Krankheit anerkannt,<br />
was zu dieser Zeit immer noch bestritten wurde.<br />
Finanzielle Nachteile für die Zahnärzte seien<br />
damit nicht verbunden, da als notwendiger Zahnersatz<br />
nur der anzusehen sei, der mit einfachsten<br />
Mitteln zur Wiederherstellung der Kaufähigkeit<br />
führe, und das tue schon der schleimhautgetragene<br />
Zahnersatz, für den es bis dahin schon<br />
Honorarbindungen durch Verträge mit den Krankenkassen<br />
gab. <strong>Die</strong> Honorarfreiheit für darüber<br />
ort<br />
29 |<br />
Grußsw