Festschrift "50 Jahre Bundeszahnärztekammer 1953 - 2003" - Die ...
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heit waren, mussten sie konsequent auch innerhalb<br />
der Praxen eine Grenze setzen. <strong>Die</strong>se<br />
Grenze war das Lippenrot. Darüber durfte keine<br />
Hilfskraft hinausgehen. Kurz vor dem Inkrafttreten<br />
des ZHG wurde in § 16 einer „Berufsordnung<br />
für die deutschen Zahnärzte“ beschlossen:<br />
„<strong>Die</strong> Beschäftigung nichtapprobierter Personen<br />
am Patienten ist verboten.“ <strong>Die</strong>se Bestimmung<br />
findet sich in späteren Berufsordnungen nicht<br />
mehr. Sie wird der Wirklichkeit in den Zahnarztpraxen<br />
und dem ZHG nicht gerecht. <strong>Die</strong><br />
„Zweihandzahnheilkunde“ lässt sich bei fortgeschrittener<br />
Wissenschaft und Technik nicht halten.<br />
Das ZHG ist dahin auszulegen, dass eine<br />
nach Anweisung und unter Aufsicht des Zahnarztes<br />
tätige Kraft nicht „behandelt“, sondern<br />
Hilfe bei der vom Zahnarzt allein zu verantwortenden<br />
Behandlung leistet. Der Bundesgerichtshof<br />
hat sogar die einem Zahntechniker übertragene<br />
Behandlungsplanung nicht als Verstoß<br />
gegen das ZHG bezeichnet (zm 1973, S. 102).<br />
Das mag straffrei bleiben, ist aber mit der Aufgabe<br />
des Zahnarztes, seine Behandlung selbst<br />
zu verantworten, nicht vereinbar. Wer hat die<br />
Entscheidung des Bundesgerichtshofes provoziert?<br />
Derselbe Zahnarzt, der seinen Kollegen<br />
das Eigenlabor verbieten lassen wollte.<br />
„Ärztliche Behandlung vom Beginn der<br />
Krankheit an“ in der Sozialversicherung<br />
Da es bis 1954 noch keine Kassenzahnärztliche<br />
Bundesvereinigung gab, redete der BDZ<br />
auch in Fragen der Sozialversicherung mit. Er<br />
musste sich also auch damit auseinandersetzen,<br />
dass in der gesetzlichen Krankenversicherung<br />
(GKV) den Versicherten „ärztliche Behandlung<br />
vom Beginn der Krankheit an“ zu gewähren<br />
war, und zwar ohne jede Einschränkung. Das<br />
galt auch für die Zahnheilkunde, in der nach<br />
§ 122 RVO neben Ärzten „auch Zahnärzte“ tätig<br />
sein durften. Als Krankheit galt schon seit den<br />
ersten Zeiten der GKV nach der Rechtsprechung<br />
des Preußischen Oberverwaltungsgerichts und<br />
des Reichsversicherungsamtes jede Abweichung<br />
von der Norm, die der ärztlichen Behandlung<br />
bedarf. <strong>Die</strong>sen Maßstab hat das Zahnheilkundegesetz<br />
in § 1 übernommen. Legt man ihn nach<br />
Von Rothenburg nach Berlin<br />
Wenig hilfreich bei der Einordnung der<br />
Tätigkeiten von Hilfskräften hat sich der Gesetzgeber<br />
erwiesen. Gegen den Widerstand der<br />
BZÄK hat er im Gesundheitsstrukturgesetz 1992<br />
in den neuen Absätzen 5 und 6 des § 1 ZHG<br />
beschrieben, welche Aufgaben „insbesondere“<br />
ein Zahnarzt „an dafür qualifiziertes Personal<br />
delegieren“ kann. Es bleibt aber offen, welche<br />
Tätigkeiten genau das sind und welche nicht.<br />
Auch der Begriff des Delegierens wird nicht<br />
näher erläutert. Bedeutet er die Übertragung zur<br />
selbständigen Ausführung oder zum Handeln<br />
nach Anweisung und unter Aufsicht? Wie bemisst<br />
sich die Qualifikation des Personals? <strong>Die</strong><br />
Musterberufsordnung der BZÄK gibt die Antwort<br />
dahingehend, dass die Zahnarzthelferin nur für<br />
Aufgaben eingesetzt werden darf, für die sie<br />
nach dem Berufsbildungsgesetz ausgebildet und<br />
gemäß Fortbildungsnachweis der Zahnärztekammer<br />
fortgebildet ist. Dabei gilt der Rahmen<br />
des ZHG. Ärzte, bei denen das Problem noch<br />
komplizierter als bei Zahnärzten ist, kommen<br />
ohne gesetzliche Definitionen aus. Überflüssige<br />
und dabei noch unklare Gesetze schaden einer<br />
Sache immer mehr, als sie ihr nutzen.<br />
Krankheitsbegriff nach dem Zahnheilkunde-<br />
gesetz und den Sozialversicherungsgesetzen<br />
heutigen Erkenntnissen an, wäre jede zahnärztliche<br />
Behandlung Pflichtleistung der Krankenkassen<br />
gewesen. Damals wurden die Dinge<br />
aber anders gesehen: Das Fehlen von Zähnen<br />
wurde nicht als Krankheit, sondern allenfalls als<br />
nicht behandlungsnotwendige Behinderung betrachtet.<br />
Nicht einmal die Karies wurde in der<br />
ersten Zeit der GKV als Krankheit und die<br />
Füllung als ihre Behandlung anerkannt. <strong>Die</strong> einzige<br />
von den Krankenkassen zu gewährende<br />
Behandlung war die Extraktion.<br />
Ausdehnung des Leistungskatalogs<br />
<strong>Die</strong> Zahnärzte nahmen nicht hin, dass ihre<br />
Leistungen nicht als ärztliche Behandlung von<br />
Krankheiten anerkannt wurden. 1917 waren die<br />
Karies und 1935 die „Alveolarpyorrhoe“, wie<br />
man die Parodontitis nannte, als Krankheiten<br />
anerkannt worden.<br />
ort<br />
27 |<br />
Grußsw