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Festschrift "50 Jahre Bundeszahnärztekammer 1953 - 2003" - Die ...

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Grußsw<br />

ort<br />

| 30<br />

Von Rothenburg nach Berlin<br />

hinausgehenden Zahnersatz werde bestätigt.<br />

<strong>Die</strong>ser Auffassung widersetzten sich mehrere<br />

Zahnärztekammern auf das heftigste. Der Begriff<br />

des „notwendigen“ Zahnersatzes werde von den<br />

Gerichten mit Sicherheit nicht auf den schleimhautgetragenen<br />

Zahnersatz beschränkt. Zahnärzte<br />

könnten nicht unterschreiben, dass anderer<br />

als schleimhautgetragener Zahnersatz nicht<br />

notwendig sei.<br />

Honorarbindung auch bei Zahnersatz<br />

als Zuschussleistung<br />

<strong>Die</strong>se Auffassung war sicher richtig. Aber<br />

ebenso falsch wie die Einschätzung der Mehrheit<br />

im BDZ, „notwendig“ sei nur der einfache<br />

Zahnersatz, war die Meinung der Minderheit,<br />

wenn Zahnersatz nicht Sachleistung werde, sondern<br />

Zuschussleistung bleibe, entgehe man der<br />

Honorarbindung.<br />

Der Begriff „Sachleistung” war vom Gesetz<br />

nicht vorgegeben. <strong>Die</strong> Reichsversicherungsordnung<br />

gebrauchte ihn nicht mehr. In den frühen<br />

<strong>Jahre</strong>n ihrer Geltung war „Sachleistung“ die<br />

Umwandlung von Geld- in Naturalleistungen,<br />

etwa des Krankengeldes in Lebensmittellieferungen.<br />

Aber „Sachleistung“ hatte sich für die<br />

Zurverfügungstellung zahnärztlicher Leistungen,<br />

kostenfrei für den Versicherten, als Sprachgebrauch<br />

durchgesetzt. So verwandte den Begriff<br />

auch das Bundessozialgericht. Der erste Senat<br />

bezeichnete im Urteil vom 7.8.91 die Sachleistung<br />

als tragendes Prinzip der gesetzlichen<br />

Krankenversicherung und versagte Versicherten<br />

der RVO-Kassen die Kostenerstattung. Der Begriff<br />

„Sachleistung“ umfasse nur Naturalleistungen<br />

und nicht auch Geldleistungen zur Erstattung<br />

von Aufwendungen der Versicherten. „Sachleistung“<br />

bedeute eine „Verschaffungspflicht“, die<br />

gewährleiste, „dass der Versicherte eine notwendige<br />

Leistung der Krankenpflege erhält, ohne sie<br />

sich selbst erst beschaffen und insbesondere<br />

ohne bei ihrer Inanspruchnahme eine unmittelbare<br />

Gegenleistung erbringen zu müssen“.<br />

Nun kann auch der ärgste Rabulist nicht<br />

behaupten, der Versicherte erbringe bei Zahnersatz<br />

keine unmittelbare Gegenleistung, wenn<br />

er die Hälfte selbst bezahlen muss. Zahnersatz<br />

ist nach der Definition des ersten Senats keine<br />

Sachleistung.<br />

So hatte es bis zum Urteil vom 24.1.90 auch<br />

der dritte Senat gesehen. Er war personengleich<br />

mit dem sechsten Senat, der für das Kassen-<br />

(zahn)arztrecht zuständig war. Er wich in dieser<br />

Entscheidung von seiner bisherigen Auffassung<br />

ab, die Versorgung mit Zahnersatz sei keine<br />

Sachleistung, sondern eine Leistung mit teilweiser<br />

oder völliger Kostenerstattung und billigte<br />

dem Versicherten nur einen „Sachleistungsanspruch“<br />

(keinen Geldanspruch) auf den Zuschuss<br />

zu. „Der Umstand, dass der Versicherte auf<br />

Grund des mit dem Kassenzahnarzt abgeschlossenen<br />

Vertrages die den Zuschuss übersteigende<br />

Vergütung schuldet, gibt keine rechtliche<br />

Veranlassung, den Versicherten hinsichtlich und<br />

in Höhe des gesetzlichen Zuschusses mit einem<br />

eigenen Zahlungsanspruch gegen die Kasse auszustatten,<br />

ist der genannte Arztvertrag doch von<br />

vornherein nur auf den vom gesetzlichen Zuschuss<br />

nicht erfassten Teil des Honorars beschränkt.“<br />

Eine KZV bestand besonders nachdrücklich<br />

auf dem Standpunkt, Zahnersatz sei keine Sachleistung<br />

und deshalb bestehe kein Vertragszwang.<br />

Sie war nicht bereit, einen Vertrag über<br />

Zahnersatz abzuschließen, auch nicht über die<br />

„Grundversorgung“ mit schleimhautgetragenem<br />

Zahnersatz, und den Zuschuss mit den Krankenkassen<br />

abzurechnen.<br />

Das nahmen die Krankenkassen nicht hin<br />

und beantragten die Vergütungsfestsetzung beim<br />

Landesschiedsamt. Es lehnte die Festsetzung ab,<br />

weil für Zuschussleistungen kein Vertragszwang<br />

bestehe. Dem folgten auch das hiergegen von<br />

den Krankenkassen angerufene Sozialgericht<br />

und in der Berufungsinstanz das Landessozialgericht.<br />

Aber nicht das Bundessozialgericht!<br />

Es entschied 1974, Zahnärzte und Krankenkassen<br />

müssten Honorarverträge über Zahnersatz<br />

schließen, obwohl die Krankenkassen eine Vertragsfestsetzung<br />

durch das Schiedsamt nur für<br />

herausnehmbaren Ersatz gefordert hatten. Bei<br />

Verweigerung des Abschlusses muss nach dem<br />

Urteil des Bundessozialgerichts ein Schiedsamt<br />

die Gebühren festsetzen (zm 1974, S. 267).<br />

Einen vertragslosen Zustand gibt es seitdem<br />

nicht mehr.<br />

Rückblickend betrachtet waren sowohl die<br />

Auffassung, nur der schleimhautgetragene Zahnersatz<br />

sei notwendig, als auch die Erwartung,<br />

bei Zuschussleistungen werde es keinen Vertragszwang<br />

geben, nicht geeignet, den Zahnärzten<br />

die Vertragsfreiheit zu erhalten.<br />

Aber diese Erkenntnis bestand damals noch<br />

nicht, so dass dem BDZ erbitterte Auseinandersetzungen<br />

nicht erspart blieben. <strong>Die</strong> Bayerische<br />

Landeszahnärztekammer trat 1960 aus dem<br />

Bundesverband der Deutschen Zahnärzte aus,<br />

weil sie sich der Billigung des KVNG-Entwurfs<br />

nicht anschließen konnte.

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