Festschrift "50 Jahre Bundeszahnärztekammer 1953 - 2003" - Die ...
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Grußsw<br />
ort<br />
| 82<br />
Perspektivem einer Reform des Gesundheitswesens<br />
der Abgrenzung des Leistungskataloges einer<br />
solidarisch finanzierten Krankenversicherung<br />
zwar Orientierungshilfe leisten, aber in konkreten<br />
Einzelfällen noch keine eindeutige Entscheidung<br />
herbeiführen (vgl. Wille, E. 2001, S. 53ff.).<br />
Vor dem Hintergrund dieser Einschränkungen<br />
stehen vor allem die folgenden Leistungen im<br />
Rahmen der GKV zur Diskussion:<br />
- Fahrtkosten (ohne solche für Rettungsdienste)<br />
in Abhängigkeit von den Verkehrsanbindungen<br />
und der Behandlungsintensität,<br />
- ambulante Vorsorgeleistungen in Kur-<br />
oder Badeorten,<br />
- Zahnersatz,<br />
- kieferorthopädische Leistungen für<br />
Erwachsene und auch für Jugendliche,<br />
soweit die Behandlungsbedürftigkeit<br />
nicht bestimmten validen Indizes<br />
genügt,<br />
- in Abhängigkeit von ihrer Evidenzbasierung<br />
Indikationen und Formen der<br />
ambulanten Psychotherapie bei<br />
Erwachsenen,<br />
-Verfahren der sog. Alternativmedizin,<br />
- nicht-verschreibungspflichtige<br />
Medikamente,<br />
-Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen<br />
sowie<br />
- indikationsabhängige Heil- und Hilfsmittel,<br />
wie Massagen und Sehhilfen.<br />
5. Änderung von Finanzierung und<br />
Beitragsgestaltung<br />
Bei einer Heranziehung von gesundheitsbezogenen<br />
speziellen Verbrauchsteuern, z.B. auf<br />
Tabak und Alkohol, als Einnahmenquelle der<br />
GKV handelt es sich im Gegensatz zur Steuerfinanzierung<br />
von krankenversicherungsfremden<br />
Leistungen um eine entsprechende Finanzierung<br />
von genuinen Gesundheitsleistungen. Wie beim<br />
sog. Maschinenbeitrag, der die Bemessung der<br />
Arbeitgeberbeiträge auf den Produktionsfaktor<br />
Kapital oder die gesamte Wertschöpfung des<br />
Unternehmens ausdehnt, führt eine solche<br />
Finanzierung dazu, dass die gruppenmäßige<br />
Äquivalenz der GKV und damit ihr Versicherungscharakter<br />
weiter abnimmt (vgl. Sachverständigenrat<br />
für die konzertierte Aktion im<br />
Gesundheitswesen 1997/98, Ziffer 588). Zudem<br />
verletzt eine solche Finanzierung den Budgetgrundsatz<br />
der Non-Affektation öffentlicher Einnahmen.<br />
Unter fiskalischen Aspekten weist eine<br />
Finanzierung von Gesundheitsleistungen mit<br />
Hilfe von speziellen Verbrauchsteuern schließlich<br />
den Nachteil auf, dass sie die Wachstumsschwäche<br />
der Finanzierungsbasis der GKV verfestigt,<br />
denn die Einnahmen aus diesen Steuern<br />
nehmen bei gegebenem Tarif im Wachstumsprozess<br />
deutlich schwächer als das BIP zu.<br />
<strong>Die</strong>se Einwände sprechen allerdings nicht gegen<br />
eine Erhöhung dieser Steuern unter Präventionsaspekten,<br />
wenn diese ohne Zweckbindung<br />
außerhalb der Finanzierung von Gesundheitsleistungen<br />
der GKV erfolgt.<br />
<strong>Die</strong> Selbstbeteiligung im engeren Sinne, d.h.<br />
als unmittelbare Teilzahlung des Patienten für<br />
eine Versicherungsleistung, besitzt primär eine<br />
Finanzierungs- und eine allokative Steuerungsfunktion,<br />
während Verteilungsaspekte eher restriktive<br />
Nebenbedingungen darstellen. Unter<br />
diesen Aspekten bedürfen die Selbstbeteiligungsregelungen<br />
in der GKV, z. B. beim Zahnersatz<br />
und bei Arzneimitteln, unabhängig von ihrem<br />
fiskalischen Umfang einer Korrektur, denn sie<br />
erfüllen weder die allokative Funktion noch die<br />
distributive Nebenbedingung zufriedenstellend.<br />
So sollte sich die Befreiungsregelung nicht an<br />
medizinischen Indikationen, sondern ausschließlich<br />
am verteilungspolitisch relevanten<br />
Einkommen der Patienten orientieren. Angesichts<br />
der im internationalen Vergleich bei dem<br />
umfangreichen Leistungskatalog der GKV sehr<br />
niedrigen Selbstbeteiligung erscheint auf der<br />
Grundlage von Härtefallregelungen und Überforderungsklauseln<br />
auch eine Erhöhung des<br />
Umfangs der Selbstbeteiligung sozial vertretbar.<br />
Um unerwünschte Substitutionseffekte zu vermeiden,<br />
bietet sich dabei eine umfassende proportionale<br />
Selbstbeteiligung mit einer einkommensbezogenen<br />
<strong>Jahre</strong>sfranchise an.<br />
Eine Änderung der Beitragsgestaltung kann<br />
vor allem an<br />
- der Versicherungspflicht in der GKV<br />
bzw. dem Pflichtversichertenkreis,<br />
- der Beitragsbemessungsgrenze,<br />
- der Beitragsbemessungsgrundlage und<br />
- der beitragsfreien Mitversicherung<br />
ansetzen (vgl. Wille, E. 1998 und 2002).<br />
Der Sachverständigenrat für die konzertierte<br />
Aktion im Gesundheitswesen (2003, Ziffer<br />
143ff.) schlägt hier eine Verbreiterung der<br />
Beitragsbemessungsgrundlage und eine Änderung<br />
der beitragsfreien Mitversicherung vor. <strong>Die</strong><br />
Verbreiterung der Beitragsbemessungsgrundlage,<br />
die neben Arbeitsentgelten und Rentenzahlungen<br />
auch andere Einkunftsarten, wie z.B.