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Festschrift "50 Jahre Bundeszahnärztekammer 1953 - 2003" - Die ...

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Grußsw<br />

ort<br />

| 96<br />

<strong>Die</strong> Bedeutung der europäischen Rechtsentwicklung für die zahnärztliche BerufsausbildungD<br />

also Rechtsanwälte, Ärzte, Zahnärzte etc. als<br />

Unternehmen qualifiziert, da sie gegen Entgelt<br />

<strong>Die</strong>nstleistungen anbieten. Daran kann auch die<br />

Komplexität der <strong>Die</strong>nstleistungen und der Umstand,<br />

dass ihre Berufsausübung Regeln unterliegt,<br />

nichts ändern.<br />

Bislang ungeklärt war allerdings die Frage,<br />

ob nicht nur die einzelnen Berufsangehörigen,<br />

sondern auch die Kammern der einzelnen Berufe<br />

unter Art. 81 EG fielen. <strong>Die</strong>s war nur dann zu<br />

bejahen, wenn solche Berufskammern als „Unternehmensvereinigungen“<br />

im Sinne des Art.<br />

81 EG anzusehen sind. Auch hier wandte der<br />

EuGH seine traditionell weite Auslegung an.<br />

Danach ist das Vorliegen einer Unternehmensvereinigung<br />

bei beliebig strukturierten Zusammenschlüssen<br />

mehrerer Unternehmen zu bejahen,<br />

deren Zweck u.a. darin besteht, die Interessen<br />

ihrer Mitglieder wahrzunehmen. Bei Zugrundelegung<br />

dieser Definition und der zuvor<br />

vorgenommenen Qualifizierung der einzelnen<br />

Freiberufler als Unternehmen konnte die Bejahung<br />

der Eigenschaft einer Rechtsanwaltskammer<br />

als Unternehmensvereinigung in der<br />

Wouters-Entscheidung zunächst nicht überraschen.<br />

Es dürfte keinen Zweifel geben, dass der<br />

Gerichtshof auch die Berufskammern der anderen<br />

freien Berufe in vergleichbaren Fällen als<br />

Unternehmensvereinigungen bewerten wird.<br />

<strong>Die</strong>s muss wohl auch für die oberste Organisationsstufe<br />

der jeweiligen Berufsorganisation,<br />

also auch für die <strong>Bundeszahnärztekammer</strong> gelten.<br />

Auch wenn es sich hierbei streng genommen<br />

nicht um einen Zusammenschluss von<br />

Unternehmern, sondern um einen solchen regionaler<br />

Unternehmensvereinigungen handelt, hat<br />

der EuGH bereits 1975 festgestellt, dass auch<br />

Vereinigungen von Unternehmensvereinigungen<br />

unter die Vorschrift des Art. 81 EG fallen.<br />

Dennoch wurde im Vorfeld der Entscheidung<br />

vielfach erwartet, dass der EuGH bereits<br />

an dieser Stelle die Anwendbarkeit des europäischen<br />

Kartellrechts verneinen würde. Denn<br />

nach der Rechtsprechung des Gerichtshofes unterliegt<br />

eine Tätigkeit nicht den Wettbewerbsregeln<br />

des EG-Vertrages, wenn sie nach ihrer<br />

Art, den für sie geltenden Regeln und ihrem<br />

Gegenstand keinen Bezug zum Wirtschaftsleben<br />

hat oder wenn sie mit der Ausübung hoheitlicher<br />

Befugnisse zusammenhängt. Dementsprechend<br />

wurde zuvor auch von verschiedenen<br />

Verfahrensbeteiligten argumentiert, dass es sich<br />

bei den Berufskammern um Körperschaften des<br />

öffentlichen Rechts handele und diese im öffentlichen<br />

Interesse liegende Aufgaben wahrneh-<br />

men. Den Kammern sei von den zuständigen<br />

gesetzgebenden Organen die Befugnis zur Ausübung<br />

öffentlicher Gewalt, speziell zur Verabschiedung<br />

einer autonomen Satzung, übertragen<br />

worden. Daher sei die Tätigkeit der Berufsorganisationen<br />

als hoheitliches Handeln einzustufen<br />

und unterfalle folglich nicht Art. 81 EG.<br />

Der EuGH vermochte sich dieser Argumentation<br />

in der Entscheidung Wouters nicht anzuschließen.<br />

Denn den Erlass von Berufsausübungsregelungen<br />

könne man nicht als auf dem Solidaritätsgrundsatz<br />

beruhende Aufgabe bewerten.<br />

Vielmehr handele die Kammer als Organ zur<br />

Regelung eines Berufes, dessen Ausübung im<br />

Übrigen eine wirtschaftliche Tätigkeit darstelle.<br />

<strong>Die</strong> Berufskammern seien zudem beim Erlass<br />

von Rechtsvorschriften nicht verpflichtet, bestimmte<br />

Kriterien des Allgemeininteresses zu<br />

berücksichtigen, so dass sie ausschließlich im<br />

Interesse der Berufsangehörigen tätig werden.<br />

Daher müssten auch die Berufskammern sich<br />

grundsätzlich am Maßstab des Art. 81 EG messen<br />

lassen. An dieser Stelle nimmt der EuGH<br />

nun allerdings eine beachtliche Differenzierung<br />

vor. In dem Fall, in dem ein Mitgliedstaat bei der<br />

Übertragung von Rechtsetzungsbefugnissen an<br />

einen Berufsverband Kriterien des Allgemeininteresses<br />

und wesentliche Grundsätze festlegt,<br />

die bei der Satzungsgebung zu beachten sind<br />

und zudem die Letztentscheidungsbefugnis behält,<br />

bleiben die berufsrechtlichen Regeln staatliche<br />

Regeln und unterliegen nicht den Vorschriften<br />

des europäischen Kartellrechts. Werden<br />

diese Vorgaben nicht eingehalten, sind die<br />

Regelungen allein dem Berufsverband zuzurechnen<br />

und fallen folglich vollständig unter die<br />

Bestimmungen der Art. 81 ff. EG. Zusammenfassend<br />

heißt das, dass in denjenigen Berufsständen,<br />

in denen die Selbstverwaltungsbefugnis<br />

besonders groß ist, mit einer Einschränkung<br />

durch das europäische Wettbewerbsrecht zu<br />

rechnen ist. An dieser Differenzierung werden<br />

sich auch die Berufsordnungen der deutschen<br />

Zahnärztekammern messen lassen müssen, worauf<br />

sogleich noch näher einzugehen ist.<br />

Im Fall Wouters genügte die niederländische<br />

„Samenwerkingsverordening“ nicht diesen vom<br />

EuGH aufgestellten Grundsätzen. <strong>Die</strong> Satzungsversammlung<br />

der NOvA war uneingeschränkt<br />

zum Satzungserlass ermächtigt worden, ohne in<br />

besonderer Weise auf das Allgemeininteresse<br />

verpflichtet zu sein. Auch lag die Letztentscheidungskompetenz<br />

nicht in staatlicher Hand. Zwar<br />

waren die Satzungen unverzüglich dem Justizminister<br />

mitzuteilen und konnten durch könig-

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