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Stadt Land Transformation - STATEMENT<br />
Landwirtschaftswege können Teile eines neuen<br />
Parktyps werden, der Produktion und Rekreation<br />
verbindet. Die Mikrostruktur des Dorfes, bestehend<br />
aus Wohnhäusern, Ställen, Scheunen, Kirche und<br />
Gemeindehaus sowie der Feldfluren, sind Spuren<br />
einer räumlichen und produktiven Tradition, die ihre<br />
sozioökonomische Relevanz längst verloren hat und<br />
trotzdem deren Identität in die heutige Zeit überführt.<br />
Denn wenn Dorfkonversion erfolgreich sein<br />
möchte, muss sie neben neuen Wohnmöglichkeiten,<br />
neu gedachten Erholungsangeboten auch Chancen<br />
zum Arbeiten bieten. Dafür ist ein zukunftssicherer<br />
Ausbau der Kommunikationstechnologien genauso<br />
essentiell wie eine postfossile, nicht mehr nur<br />
auf den MIV (Motorisierten Individualverkehr) ausgerichtete<br />
regionale Mobilität. Dörfer können besonders<br />
dann zum Lebensmittelpunkt ökonomisch<br />
aktiver Menschen jenseits der großen Städte werden,<br />
wenn Kommunikationsmöglichkeiten die Mobilitätsangebote<br />
ergänzen. Neben den technischen<br />
Voraussetzungen für Heimarbeit können Co-Working-Angebote<br />
den individuellen Arbeitsplatz in der<br />
Stadt durch dezentrale Modelle vernetzten Arbeitens<br />
ersetzen, in denen selbst kreative Wertschöpfungsketten<br />
möglich erscheinen. Schließlich kann in einer<br />
Zeit sinkender Wochen- und Lebensarbeitszeit auch<br />
die klassische Wertschöpfung im ländlichen Raum<br />
durch produktive Landschaften eine Renaissance<br />
erfahren und durch Tourismus und Gesundheitswirtschaft<br />
ergänzt werden.<br />
Prof. Martin Hoelscher<br />
Dipl.-Ing. Stadtplaner Architekt,<br />
Lehrgebiet Städtebau & Stadt- und <strong>Regionale</strong>ntwicklung,<br />
Mitglied <strong>urbanLab</strong><br />
lehrt Städtebau und Stadt- und <strong>Regionale</strong>ntwicklung im Bachelor-Studiengang<br />
Stadtplanung an der Hochschule OWL in Detmold<br />
und im Master Städtebau NRW an der TH Köln. Derzeitig forscht<br />
er zu informellen Prozessen in Lateinamerika, u.a. im Rahmen einer<br />
Gastprofessur an der Universidad de La Salle in Bogotá. Zudem geht<br />
er einer freiberuflichen Tätigkeit als Planer und Gutachter nach.<br />
Die <strong>Regionale</strong> 2022 versteht das Konzept des<br />
Stadt-Land-Quartiers als ein Modell der Integration<br />
urbaner und ländlicher Lebensentwürfe. Im städtischen<br />
Raum gilt es dabei unter anderem darum,<br />
erweiterte Freiraumqualitäten sicherzustellen –<br />
was angesichts expandierender Immobilienmärkte<br />
sicher kein Selbstläufer sein kann. Im ländlichen<br />
Raum wird sich das Modell des Stadt-Land-Quartiers<br />
auch zukünftig eher am „slow“ orientieren und<br />
mit slow housing, slow production, slow leisure und<br />
slow mobility mit dem Leben in der Peripherie assoziierte<br />
Qualitäten aufweisen. Dazu gehört auch die<br />
Möglichkeit einer aktiven Teilhabe und Mitwirkung<br />
an einem kleinteiligen sozialen Gefüge. Räumliche<br />
Konzepte dazu wurden inzwischen vielfach untersucht<br />
(vgl. FARO Architecten 2012). Gleichzeitig<br />
aber ermöglicht das Modell des Stadt-Land-Quartiers<br />
auch, individuelle Lebenskonzepte auszuprobieren,<br />
die multilokal, vielleicht auch temporär, auf<br />
jeden Fall aber flexibel sind. Dorfkonversion bietet<br />
die Chance, genau dafür einen stadträumlichen,<br />
freiräumlichen und sozio-ökonomischen Rahmen<br />
bereitzustellen und ihn in den nächsten Jahren zu<br />
erproben. Sie steht damit für eine denkbare Zukunft<br />
der ländlichen Räume. Es wird spannend sein, diese<br />
Zukunft im UrbanLand Ostwestfalen-Lippe konzeptionell<br />
und räumlich zu konkretisieren.<br />
Prof. Kathrin Volk<br />
Dipl.-Ing. Landschaftsarchitektin,<br />
Lehrgebiet Landschaftsarchitektur & Entwerfen<br />
Mitglied <strong>urbanLab</strong><br />
lehrt an der Hochschule OWL in Detmold und im Master Städtebau<br />
NRW an der TH Köln. Sie ist Mitinitiatorin des Bachelor Studiengangs<br />
Stadtplanung an der Detmolder Schule für Architektur<br />
und Innenarchitektur und vertritt das Lehrgebiet „Landschaftsarchitektur<br />
und Entwerfen“. Sie ist Mitglied des <strong>urbanLab</strong> mit einem<br />
besonderen Interesse an der Frage nach urbanen Lebensstilen<br />
im ländlichen Raum und der Ästhetik des Unvollkommenen. Seit<br />
2016 ist sie Prodekanin der Detmolder Schule für Architektur und<br />
Innenarchitektur für den Bereich Forschung und Internationales.<br />
Dettling (2017): Dem Leben auf dem Land gehört die Zukunft. https://<br />
www.welt.de/debatte/kommentare/article162598346/Dem-Leben-aufdem-Land-gehoert-die-Zukunft.html<br />
(abgerufen am 12.<strong>03</strong>.<strong>2018</strong>).<br />
FARO Architecten (2012): Landschappelijk Wonen. Wageningen 2012<br />
OWL GmbH (2016): Wir gestalten das neue UrbanLand, Bielefeld 2016<br />
Alle Abbildungen sind im WS 2017/18 im Rahmen des Moduls Perspektiven,<br />
Bachelor-Studiengang Stadtplanung, Detmolder Schule für<br />
Architektur und Innenarchitektur, entstanden.