Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
70<br />
Stadt Land Wachstum - NRW.Symposium 2017<br />
Jetzt gehen wir aber mit deutlich mehr Urbanität in die<br />
Innenstadt hinein. Wir hatten noch alte Gewerbeflächen<br />
mit 30.000 qm in der Innenstadt und da geht man dann<br />
schon mit deutlich mehr Urbanität ran, als man das früher<br />
getan hätte. Da holt man sich auch viele Ideen von<br />
Studierenden und lässt das einfach mal ohne große Vorbehalte<br />
präsentieren und diskutiert drüber. Dann sage<br />
ich der Politik aber auch, dass sie mal was durchhalten<br />
muss. Wir wissen auch, dass manche bei ein oder zwei<br />
kritischen Leserbriefen gleich wieder umfallen. Da muss<br />
man dann mit seinen Beratern durchhalten und vertreten,<br />
dass man sich die Entwicklung heute anders vorstellt<br />
als noch vor ein paar Jahren. Das geht, aber das ist<br />
ein längerer Prozess. Da haben sie Recht.<br />
Moderatorin Petra Voßebürger: Herr Dr. Bölting, Sie<br />
sind an vielen Wettbewerben und Forschungen beteiligt,<br />
aber auch an kommunalen Wohnkonzepten, die Sie<br />
begleiten. Wenn Sie im Land NRW oder auch darüber<br />
hinaus gucken, verändern sich die Nutzerstrukturen so,<br />
dass NRW oder Deutschland mehr verdichtete Quartiere<br />
im Umland verträgt?<br />
Dr. Torsten Bölting: Ja, da tut sich schon was. Vielleicht<br />
nicht überall gleich schnell, aber es lässt sich<br />
doch durchaus erkennen. Ich komme selbst aus einer<br />
ländlichen Region. Wohnen im ländlichen Umland hat<br />
natürlich viele Vorteile. Ich bin in Bocholt geboren. Aufgewachsen<br />
bin ich allerdings in der Kleinstadt Rhede in<br />
Westfalen. Für bayerische Verhältnisse vielleicht schon<br />
ein Mittelzentrum, aber hier in Nordrhein-Westfalen<br />
eben doch nicht ganz, aber mittlerweile auch eine<br />
Wachstumsregion. Im Zentrum von Rhede lässt sich<br />
erkennen, dass dieser Bereich einen urbaneren Charakter<br />
bekommt. Das liegt nicht daran, dass es einen<br />
großen Druck auf die Fläche dort im ländlichen Raum<br />
gäbe, sondern daran, dass die Menschen das so wollen.<br />
Das hat aus meiner Sicht zwei Gründe. Der eine<br />
Grund ist der demografische Wandel, der seit Jahren<br />
und Jahrzehnten in aller Munde ist. Die Menschen<br />
werden immer älter. Das ist erfreulich, führt aber auch<br />
dazu, dass wir andere Wohnwünsche erfüllen müssen.<br />
Das Zweite ist der gesellschaftliche Wandel und die<br />
einhergehende Pluralisierung, die in der Wissenschaft<br />
auch viel besprochen ist. Die Lebensstile ändern sich<br />
in allen Alterskohorten. Zudem wird heute deutlicher<br />
artikuliert, wie man leben möchte, auch von der älteren<br />
Generation.<br />
Moderatorin Petra Voßebürger: Bei den von Ihnen<br />
durchgeführten Mieter- und Nutzerbefragungen<br />
wurden diese Veränderungen auch festgestellt. Was<br />
verändert sich genau? Welche Qualitäten suchen die<br />
von Ihnen Befragten?<br />
Dr. Torsten Bölting: Wir machen Haushaltsbefragungen<br />
und Mieterbefragungen. Bei Mieterbefragungen<br />
sind es entsprechend eher nicht die ganz ländlichen<br />
Regionen. Bei Haushaltsbefragungen kann das aber<br />
durchaus schon mal sein. Ein aktuelles Beispiel ist die<br />
Befragung in Berlin - zugegeben in einer etwas größeren<br />
Stadt. Dort wurde flächendeckend, auch in den<br />
Dr. Torsten Bölting, InWIS:<br />
)) In Bezug auf die Wohnungen<br />
sind die geforderten Qualitäten<br />
durchaus unterschiedlich. Ganz<br />
oben steht aber ein barrierereduzierter<br />
Zugang zur Wohnung -<br />
das halten viele für sinnvoll. ((<br />
Randbezirken, festgestellt, dass die durchschnittlich ca.<br />
50 Jahre alten Mieter im Alter gerne nicht mehr 90qm<br />
Wohnfläche, sondern nur noch 66 qm haben möchten.<br />
Da brauchen wir also andere Wohnungen. Gleiche Mietkosten<br />
würden dabei akzeptiert werden, auch wenn man<br />
20 bis 25 qm weniger zur Verfügung hätte. Es besteht<br />
also die Bereitschaft, einen durchaus höheren Quadratmeterpreis<br />
zu bezahlen, weil man davon ausgeht, dass<br />
das Umfeld mit der Infrastruktur und dem Zugang zu unterschiedlichen<br />
Angeboten, diesen rechtfertigt.<br />
In Bezug auf die Wohnungen sind die geforderten<br />
Qualitäten durchaus unterschiedlich. Ganz oben steht<br />
aber ein barrierereduzierter Zugang zur Wohnung<br />
- das halten viele für sinnvoll. Jedenfalls in den größeren<br />
Städten können sich immerhin 50-60 % der<br />
Befragten, auch ein Leben in gemeinschaftlichen<br />
Wohnformen vorstellen oder würden es zumindest<br />
ausprobieren.<br />
Moderatorin Petra Voßebürger: Frau Dr. Anke Valentin,<br />
beim Wissenschaftsladen Bonn untersuchen Sie<br />
Themen wie Flächenverbrauch, Energiewende und soziale<br />
Gerechtigkeit. Alles Themen, die etwas mit Wohnen<br />
zu tun haben. Wie sollte man aus Ihrer Sicht agieren?<br />
Dr. Anke Valentin: Der Wissenschaftsladen Bonn engagiert<br />
sich bei einem breiten Spektrum an Themen.<br />
Wir sind schon ein Fan der Innenverdichtung, aber dabei<br />
natürlich mit hoher Qualität, sodass man weiterhin<br />
eine Wohlfühlatmosphäre schaffen kann. Es ist klar,