Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Tim Kähler: Die Mobilität ist eine der wichtigsten Fragen<br />
für die Zukunft im Kontext dieser Regiopole. Jedes<br />
Dorf kann sich rundum Bielefeld definieren und einen<br />
Wall um sich herum ziehen oder man akzeptiert, die bestehenden<br />
Pendlerbeziehungen. Da gibt es mehr Beziehungen<br />
zwischen den Orten, als man es vielleicht lange<br />
politisch hat artikulieren wollen. Wenn ich jetzt in die<br />
Stadt Herford gucke, in der ich jetzt etwas mehr als drei<br />
Jahre Bürgermeister bin, habe ich eine nicht akzeptable<br />
Vernetzung zwischen dem Busverkehr und der Schiene,<br />
warum auch immer. Ich habe zehn Jahre lang in Bielefeld<br />
gearbeitet und ich bin de facto zu Fuß schneller am<br />
Bahnhof gewesen, als mit dem Bus. Das sagt eigentlich<br />
alles. Es ist aber eine sehr schwierige Diskussion, wenn<br />
man den Menschen erklären muss, dass ein Marktplatz,<br />
als Verkehrsumsteigeplatz neben einem Hauptbahnhof,<br />
fraglich ist. Das diskutieren wir im Rat. Ein neues Quartier<br />
muss mobilitätstechnisch so angebunden sein, dass<br />
die Nutzung des Busses schneller, als das eigene Auto<br />
ist. Gleichzeitig haben wir nach wie vor in der Planung,<br />
die Landstraße zwischen Bielefeld und Herford vierspurig<br />
auszubauen. Ich sage, lasst das sein. Lasst uns lieber<br />
einen Radschnellweg definieren, lasst uns ÖPNV-Strukturen<br />
definieren und lasst uns da das Geld investieren.<br />
Bürgermeister Tim Kähler, Stadt Herford:<br />
)) Die Mobilität ist eine der wichtigsten<br />
Fragen für die Zukunft<br />
im Kontext dieser Regiopole.<br />
Jedes Dorf kann sich rundum<br />
Bielefeld definieren und einen<br />
Wall um sich herum ziehen<br />
oder man akzeptiert die bestehenden<br />
Pendlerbeziehungen.<br />
Da gibt es mehr Beziehungen<br />
zwischen den Orten, als man<br />
es vielleicht lange politisch hat<br />
artikulieren wollen. ((<br />
Bis vor Kurzem gab es kein gemeinsames Commitment<br />
über einen Radschnellweg zwischen Gütersloh, Bielefeld<br />
und Herford. Das hat sich geändert. Wir werden<br />
das jetzt gemeinsam beantragen und wollen gucken,<br />
ob man da eine Querachse als Entwicklungsachse definieren<br />
kann. Das war vor zwei Jahren nicht möglich.<br />
Ganz konkret ziehen z.B. viele Menschen nach Herford-Elverdissen,<br />
weil es günstiger ist, dort zu wohnen<br />
und zu bauen. Gleichzeitig endet die Stadtbahnlinie<br />
von Bielefeld direkt an der Stadtgrenze. Was da getan<br />
werden muss, kann ich mit Händen greifen, wenn man<br />
über Entwicklungsachsen einer Regiopole nachdenkt.<br />
Unterm Strich sparen alle Ressourcen und wir steigern<br />
die Lebensqualität. Das ist, was wir wollen.<br />
Moderatorin Petra Voßebürger: Frau Dr. Dittrich-<br />
Wesbuer, Sie beschäftigen sich in Forschungsprojekten<br />
mit der nachhaltigen Entwicklung beim ILS.<br />
Welche Voraussetzungen erhöhen Ihrer Meinung nach<br />
die Chancen für erfolgreiches Kooperieren?<br />
Dr. Andrea Dittrich-Wesbuer: Wir haben sehr unterschiedliche<br />
Kooperationen, das ist hier auch schon<br />
angeklungen. Das fing an mit regionalisierter Strukturpolitik,<br />
über die <strong>Regionale</strong>, bis hin zu Zweckverbänden.<br />
Was ich wichitg finde ist, dass man sich traut, Region<br />
auch immer wieder neu zu definieren. Das ist eine<br />
große Schwierigkeit. Aber es hat sich bewährt, wenn<br />
Kooperationen über administrative Zusammenhänge<br />
hinausgehen und nicht nur das Einzugsgebiet der Regionalplanung<br />
beachten. Die müssen sich themenspezifisch<br />
immer wieder neugründen. Da kann man natürlich<br />
sagen, das ist völlig unübersichtlich und letztlich<br />
konkurrieren alle. Ich habe aber doch zumindest für<br />
Nordrhein-Westfalen das Gefühl, dass sich da auf Dauer<br />
gute Beispiele für sich verfestigende Kooperationen<br />
finden.<br />
Auch die Region Düsseldorf ist ein gutes Beispiel.<br />
Da hat sich die Regionalplanung auch ganz stark als<br />
Moderator in der Kooperation „in und um Düsseldorf“<br />
verstanden, so hieß das damals. Das ist jetzt in anderen<br />
Kooperationen aufgegangen. Für uns, als außenstehende<br />
Betrachter, ist besonders wichtig: Vielfalt in<br />
der Kooperation und ein langer Atem. Aber auch die<br />
Beteiligung der formellen Planungsebene, die es in<br />
Nordrhein-Westfalen gibt, ist sehr wichtig. Wir haben<br />
eine Regionalplanung und die muss man mitnehmen.<br />
Natürlich haben wir im Moment Wachstumsschmerzen.<br />
Wir haben in Teilen aber auch nach wie vor Schrumpfungsschmerzen,<br />
selbst in wachsenden Regionen. Das<br />
absolute Bevölkerungswachstum, das jetzt so stark diskutiert<br />
wird, wird von sehr speziellen Gruppen getragen.<br />
Inzwischen merken die Städte, dass die Bevölkerungsprognosen<br />
nicht ganz zutreffend sind. Aber bevor Sie<br />
jetzt die falschen Schlussfolgerungen ziehen - das hat<br />
noch nichts unmittelbar mit dem Wohnraum zu tun. Der<br />
Wohnraum ist nicht 1:1 an die Einwohnerzahl gekoppelt.<br />
Da gibt es natürlich noch andere Treiber. Wir haben also<br />
sicher weiter eine Positiv-Entwicklung in der Nachfrage.<br />
Und wir haben möglicherweise neue Entwicklungen, wie<br />
65<br />
Stadt Land Wachstum - NRW.Symposium 2017