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urbanLab Magazin 03/2018 - Regionale Netzwerke

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Stadt Land Wachstum - NRW.Symposium 2017<br />

den Anstieg von Zweitwohnungen in den Städten, die<br />

dann weiteren Wohnraumbedarf verursachen. Das ist<br />

auch vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit sehr spannend.<br />

Wir dürfen also nicht nur das absolute Wachstum<br />

der Bevölkerung sehen.<br />

Moderatorin Petra Voßebürger: Das ist genau richtig,<br />

dass wir das hier differenzieren. Die NRW.BANK hat<br />

sich mit dem Studierendenwettbewerb explizit Regionen<br />

ausgesucht, Hochschulstandorte, wo der Druck nochmal<br />

besonders hoch ist. Da gibt es auch innerhalb der Wachstumsregionen<br />

Schrumpfungsprozesse oder Orte, die etwas<br />

abgehängter sind oder draußen wären, wenn sie sich<br />

nicht explizit auf solche Kooperationen einließen.<br />

Dr. Andrea Dittrich-Wesbuer: Wenn Sie sagen, dass<br />

die Orte dann draußen wären, gestatten Sie mir die<br />

Bemerkung: Manchmal wollen die auch gar nicht rein.<br />

Es gibt da genug Kommunen. Es gibt zum Beispiel im<br />

Umland von München eine Gemeinde, die sich gewehrt<br />

hat, den S-Bahnanschluss zuzulassen, weil sie nicht in<br />

diesen enormen Wachstumsdruck hinein wollte. Das<br />

muss ebenfalls thematisiert werden. Kooperation in<br />

Wachstumszeiten ist nicht nur eine Beutegemeinschaft.<br />

Wir haben auch etwas zu verlieren - womöglich die ursprüngliche<br />

Qualität der Gemeinden. Kooperationen haben<br />

sicherlich häufig Vorteile, wenn es um Wohnraum<br />

geht, aber es gibt eben auch Nachteile des Wachstums.<br />

Dr. Andrea Dittrich-Wesbuer, ILS NRW:<br />

)) Kooperation in Wachstumszeiten<br />

ist nicht nur eine Beutegemeinschaft.<br />

Wir haben auch etwas<br />

zu verlieren - womöglich die<br />

ursprüngliche Qualität der Gemeinden.<br />

Kooperationen haben<br />

sicherlich häufig Vorteile, wenn<br />

es um Wohnraum geht, aber es<br />

gibt eben auch Nachteile des<br />

Wachstums. ((<br />

Moderatorin Petra Voßebürger: Frau Koeppinghoff,<br />

befinden wir uns also in einer Phase, die wieder vorübergeht<br />

oder stellen wir uns darauf ein, dass wir zukünftig<br />

immer wieder neue Kooperationen eingehen und immer<br />

größere zusammenhängende Räume suchen müssen?<br />

Sigrid Koeppinghoff: Ich glaube, so einfach können<br />

wir es uns nicht machen. Nach dem Motto: das war ein<br />

vorübergehender Hype und das beruhigt sich wieder.<br />

Ich glaube auch, die Entwicklungen, die uns vor drei,<br />

vier Jahren aufgeschreckt haben, waren Ergebnis von<br />

Trends, die wir lange verschlafen haben. Die Engpässe<br />

und Probleme, die wir in den Großstädten haben, haben<br />

letztendlich nichts mit der aktuellen Zuwanderung zu tun,<br />

sondern haben sich lange aufgebaut. Auch das, was wir<br />

derzeit an Bautätigkeit haben, ist weit unterhalb dessen,<br />

was wir eigentlich bräuchten. Das heißt, die Lücken bauen<br />

sich im Moment noch auf und man muss mit diesem<br />

Wachstum weiter umgehen. Das wird sich erst sehr langfristig<br />

lösen lassen. Insofern hatte ich eben ein leichtes<br />

Störgefühl, weil ich gedacht habe, dass wir da zu unserer<br />

Schrumpfungssichtweise zurückkehren. Man muss in<br />

der Tat regional differenzierter schauen. Ich glaube auch,<br />

dass die Regionen, die hier im Fokus der Betrachtung<br />

stehen, sich auf Dauer mit Wohnungsbedarf und Versorgungsproblemen<br />

im unteren Einkommensbereich auseinanderzusetzen<br />

haben und darauf Antworten finden<br />

müssen. Ebenso müssen Antworten in regionalen Kooperationen<br />

gefunden werden. Das müssen Antworten<br />

sein, die auch Leitbilder berücksichtigen, weil das Umland<br />

nicht nur Überlaufbecken der Kernstadt ist, sondern<br />

weil es auch um gemeinsam gefundene Qualitäten geht.<br />

Es geht auch um urbane Qualitäten im Wohnumfeld,<br />

qualitative Erwartungen und Chancen von Kooperationspartnern,<br />

die darin liegen. Von daher sollten wir es nicht<br />

nur auf die Wohnungsfrage beschränken, auch wenn die<br />

uns alle so aufgeschreckt hat. <strong>Regionale</strong> Kooperation<br />

ist sicherlich eine Frage von Siedlungsentwicklung, eine<br />

Frage von Mobilitätsentwicklung, eine Frage von urbanen<br />

Leitbildern in der Region und eine Frage von Freiraumplanung<br />

zur Erhaltung von Qualitäten. Das ist nichts, das<br />

man so abschmettern kann, sondern ein Thema, das uns<br />

auf Dauer beschäftigt und ein Thema, das es verdient,<br />

dass wir uns damit auf Dauer auseinandersetzen.<br />

Cornelia Zuschke: Wenn es um Kooperationen<br />

geht, geht es nicht nur um Win-Win und abrechenbare<br />

Faktoren, sondern auch um ganz viele Gefühle.<br />

Diese alten Feindschaften und Konkurrenzen gäbe<br />

es schließlich nicht, wenn es nicht auch um Gefühle<br />

ginge. Deswegen bin ich auch entschiedene Befürworterin<br />

der Regionalplanung einerseits, aber eben<br />

auch Planerin bei einer Stadt. Diese Ebene ist ungeheuer<br />

wichtig, weil sie ganz einfach die Struktur<br />

verkörpert, die uns alle verbindet. Es braucht diese<br />

Verkörperung. Ich möchte gerne nochmal auf die<br />

Qualitäten zurückkommen. Dichten sollten einen<br />

neuen Betrachtungsraum schaffen, der wiederum<br />

neue Qualitäten mit sich bringt. Die Verbindungen<br />

bedeuten immer auch neue Chancen. Daher sollte<br />

man nicht nur strukturell und funktional das Thema<br />

Kooperationen betrachten, sondern es individuell,

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