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Stadt Land Wachstum - NRW.Symposium 2017<br />
den Anstieg von Zweitwohnungen in den Städten, die<br />
dann weiteren Wohnraumbedarf verursachen. Das ist<br />
auch vor dem Hintergrund der Nachhaltigkeit sehr spannend.<br />
Wir dürfen also nicht nur das absolute Wachstum<br />
der Bevölkerung sehen.<br />
Moderatorin Petra Voßebürger: Das ist genau richtig,<br />
dass wir das hier differenzieren. Die NRW.BANK hat<br />
sich mit dem Studierendenwettbewerb explizit Regionen<br />
ausgesucht, Hochschulstandorte, wo der Druck nochmal<br />
besonders hoch ist. Da gibt es auch innerhalb der Wachstumsregionen<br />
Schrumpfungsprozesse oder Orte, die etwas<br />
abgehängter sind oder draußen wären, wenn sie sich<br />
nicht explizit auf solche Kooperationen einließen.<br />
Dr. Andrea Dittrich-Wesbuer: Wenn Sie sagen, dass<br />
die Orte dann draußen wären, gestatten Sie mir die<br />
Bemerkung: Manchmal wollen die auch gar nicht rein.<br />
Es gibt da genug Kommunen. Es gibt zum Beispiel im<br />
Umland von München eine Gemeinde, die sich gewehrt<br />
hat, den S-Bahnanschluss zuzulassen, weil sie nicht in<br />
diesen enormen Wachstumsdruck hinein wollte. Das<br />
muss ebenfalls thematisiert werden. Kooperation in<br />
Wachstumszeiten ist nicht nur eine Beutegemeinschaft.<br />
Wir haben auch etwas zu verlieren - womöglich die ursprüngliche<br />
Qualität der Gemeinden. Kooperationen haben<br />
sicherlich häufig Vorteile, wenn es um Wohnraum<br />
geht, aber es gibt eben auch Nachteile des Wachstums.<br />
Dr. Andrea Dittrich-Wesbuer, ILS NRW:<br />
)) Kooperation in Wachstumszeiten<br />
ist nicht nur eine Beutegemeinschaft.<br />
Wir haben auch etwas<br />
zu verlieren - womöglich die<br />
ursprüngliche Qualität der Gemeinden.<br />
Kooperationen haben<br />
sicherlich häufig Vorteile, wenn<br />
es um Wohnraum geht, aber es<br />
gibt eben auch Nachteile des<br />
Wachstums. ((<br />
Moderatorin Petra Voßebürger: Frau Koeppinghoff,<br />
befinden wir uns also in einer Phase, die wieder vorübergeht<br />
oder stellen wir uns darauf ein, dass wir zukünftig<br />
immer wieder neue Kooperationen eingehen und immer<br />
größere zusammenhängende Räume suchen müssen?<br />
Sigrid Koeppinghoff: Ich glaube, so einfach können<br />
wir es uns nicht machen. Nach dem Motto: das war ein<br />
vorübergehender Hype und das beruhigt sich wieder.<br />
Ich glaube auch, die Entwicklungen, die uns vor drei,<br />
vier Jahren aufgeschreckt haben, waren Ergebnis von<br />
Trends, die wir lange verschlafen haben. Die Engpässe<br />
und Probleme, die wir in den Großstädten haben, haben<br />
letztendlich nichts mit der aktuellen Zuwanderung zu tun,<br />
sondern haben sich lange aufgebaut. Auch das, was wir<br />
derzeit an Bautätigkeit haben, ist weit unterhalb dessen,<br />
was wir eigentlich bräuchten. Das heißt, die Lücken bauen<br />
sich im Moment noch auf und man muss mit diesem<br />
Wachstum weiter umgehen. Das wird sich erst sehr langfristig<br />
lösen lassen. Insofern hatte ich eben ein leichtes<br />
Störgefühl, weil ich gedacht habe, dass wir da zu unserer<br />
Schrumpfungssichtweise zurückkehren. Man muss in<br />
der Tat regional differenzierter schauen. Ich glaube auch,<br />
dass die Regionen, die hier im Fokus der Betrachtung<br />
stehen, sich auf Dauer mit Wohnungsbedarf und Versorgungsproblemen<br />
im unteren Einkommensbereich auseinanderzusetzen<br />
haben und darauf Antworten finden<br />
müssen. Ebenso müssen Antworten in regionalen Kooperationen<br />
gefunden werden. Das müssen Antworten<br />
sein, die auch Leitbilder berücksichtigen, weil das Umland<br />
nicht nur Überlaufbecken der Kernstadt ist, sondern<br />
weil es auch um gemeinsam gefundene Qualitäten geht.<br />
Es geht auch um urbane Qualitäten im Wohnumfeld,<br />
qualitative Erwartungen und Chancen von Kooperationspartnern,<br />
die darin liegen. Von daher sollten wir es nicht<br />
nur auf die Wohnungsfrage beschränken, auch wenn die<br />
uns alle so aufgeschreckt hat. <strong>Regionale</strong> Kooperation<br />
ist sicherlich eine Frage von Siedlungsentwicklung, eine<br />
Frage von Mobilitätsentwicklung, eine Frage von urbanen<br />
Leitbildern in der Region und eine Frage von Freiraumplanung<br />
zur Erhaltung von Qualitäten. Das ist nichts, das<br />
man so abschmettern kann, sondern ein Thema, das uns<br />
auf Dauer beschäftigt und ein Thema, das es verdient,<br />
dass wir uns damit auf Dauer auseinandersetzen.<br />
Cornelia Zuschke: Wenn es um Kooperationen<br />
geht, geht es nicht nur um Win-Win und abrechenbare<br />
Faktoren, sondern auch um ganz viele Gefühle.<br />
Diese alten Feindschaften und Konkurrenzen gäbe<br />
es schließlich nicht, wenn es nicht auch um Gefühle<br />
ginge. Deswegen bin ich auch entschiedene Befürworterin<br />
der Regionalplanung einerseits, aber eben<br />
auch Planerin bei einer Stadt. Diese Ebene ist ungeheuer<br />
wichtig, weil sie ganz einfach die Struktur<br />
verkörpert, die uns alle verbindet. Es braucht diese<br />
Verkörperung. Ich möchte gerne nochmal auf die<br />
Qualitäten zurückkommen. Dichten sollten einen<br />
neuen Betrachtungsraum schaffen, der wiederum<br />
neue Qualitäten mit sich bringt. Die Verbindungen<br />
bedeuten immer auch neue Chancen. Daher sollte<br />
man nicht nur strukturell und funktional das Thema<br />
Kooperationen betrachten, sondern es individuell,