SAVOIR-VIVRE Winter-2020/21
Das virtuose Spiel der Aromen: Jörg und Nico Sackmann präsentieren ihre Kreationen Weinverkostung: Die Gewinnerweine unserer Wettbewerbe: Winzersekte, Edelsüße Weine, Orange Wine, Spätburgunder, rote Cuvées und andere rote Rebsorten Kampf dem Küchendampf: Moderne Technik und ausgefallenes Design Entdeckung des Jahres: Exzellente brasilianische Fine-Dining-Küche im Nürnberger Restaurant „1515 Rhinocervs“
Das virtuose Spiel der Aromen: Jörg und Nico Sackmann präsentieren ihre Kreationen
Weinverkostung: Die Gewinnerweine unserer Wettbewerbe: Winzersekte, Edelsüße Weine, Orange Wine, Spätburgunder, rote Cuvées und andere rote Rebsorten
Kampf dem Küchendampf: Moderne Technik und ausgefallenes Design
Entdeckung des Jahres: Exzellente brasilianische Fine-Dining-Küche im Nürnberger Restaurant „1515 Rhinocervs“
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Liege- und Lehnstühle auf den Decks sorgen für Gemütlichkeit;
der arabisch kostümierte Barmann für die passende Folklore.
des Kolbenspiel fasziniert die Passagiere
weiter als ein authentisches Zeugnis des
frühen Maschinenzeitalters.
Doch so ganz perfekt wie bei der Wiederbelebung
etwa des klassischen Orient-Express
hat es hier nicht geklappt.
Wir sind in Ägypten, und so blieb so
manche Politur der geliebten Antiquität
etwas stumpf: Die beplankten Decks
sind voller Schlaglöcher, die nostalgischen
Wandtelefone billige Replika, die
weißen Gardinen sind allezeit altgrau,
was witzelnde Passagiere denn auch
ägyptisch-weiß nennen.
Die Flecken in Badewannen und
Waschbecken hat der nette und ziemlich
deutsch sprechende Reiseleiter
Mahmoud vorsichtshalber bereits verklärt
als „Nicht schmutzig, sondern
mehr als 100 Jahre alt“. Und Alter ist ja
in diesem Land, das alles seinen Altertümern
verdankt, ein Wort, das alles und
jeden zum Schweigen bringt.
Von außen sieht der Rumpf der
„Sudan“ so verbeult und verschrammt
aus wie ein altes Taxi in Kairo, Farbe
fehlt an vielen Stellen, und am Heck
schaukelt ein Beiboot, das man sich
wünscht, nie besteigen zu müssen. Mithin,
ein bisschen Seelenverkäufer-Aroma
paart sich hier aufs pikanteste mit
dem angepeilten Luxus-Ambiente der
Kabinen und der Preise.
Der Kapitän heißt Abdullah und
stammt aus einer alten Nilschifferdynastie.
Er wohnt in einer Art von Schrebergartenhäuschen
auf dem Sonnendeck,
seine Wäsche hängt zum Trocknen, und
an der Stirnseite befindet sich ein Steuerstand,
so pur und so gestrig, dass jeder
deutsche Freizeit-Skipper sich darüber
schieflachen würde.
Irgendwann sieht man ihn, einen
gemütlichen Pensionär mit großem
Schnurrbart und imponierenden Bauch,
in einer hellblauen Gallebiyya (dem
wadenlangen Gewand der Gläubigen)
neben seinem Häuschen auf dem
Gebetsteppich liegen; das Schiff kreuzt
quer von links nach rechts, wahrscheinlich
strenggläubig in Richtung Mekka.
„Wir haben ja auch noch einen Lotsen
an Bord“, beruhigt der treue Mahmoud.
Das stellt sich zwar als typisch ägyptische
Beschwichtigung heraus, an der
nichts Wahres ist, wirkt indes ungemein
vertrauensbildend.
Wieder arbeitslos am Pier
Immer wenn uns eines der anderen Nilschiffe
entgegenkommt, die „Majesty
oft the Nil“, die „Isis“ oder „Osiris“, die
großen Kisten von Hilton oder Sheraton,
zieht Kapitän Abdullah an einer langen
Leine, die über das Sonnendeck zu dem
trichterförmigen Signalhorn neben dem
Schornstein läuft. Dann dampft es und
spritzt es, und ein tiefer Orgelton, zweimal
kurz und einmal lang, der klassische
Fernweh-Ton wie von einem alten
Atlantik-Liner, röhrt über den Fluss.
Die modernen Schiffe antworten mit
einem Blöken wie aus einer monumentalen
Mundharmonika oder mit einer
Dreiklanghupe, als seien sie ein flotter
Sportwagen.
Derweil wird hinten aus dem Schiff
der Müll der letzten Tage verklappt:
„Das wird hier schon immer so gemacht“,
bescheidet Mahmoud die ökologischen
Bedenken einiger Passagiere. „Wir haben
hier wichtigere Sorgen in Ägypten.“ Und
er droht uns mit einem Vortrag über
den amerikanischen Imperialismus,
den er uns allzu gern halten möchte. Da
herrscht Ruhe in der kleinen Runde der
zumeist deutschsprachigen Passagiere.
Nach meiner Tour, ein paar Jahre
vor der Jahrtausendwende landet die
„Sudan“ mal wieder arbeitslos am Pier.
Diesmal wird sie 2000 von ein paar
Franzosen entdeckt und wachgeküsst:
„Voyageur du Monde“ unterzieht den
Oldtimer einer weiteren Renovierung,
der nostalgische Charme wird nochmal
aufpoliert. Seither ist die Bordsprache
französisch, und das Essen wird jetzt
häufig gelobt. Es bleibt durchaus ein
Sehnsuchtsziel deutscher Touristen: Der
Berliner „Sudan“-Anbieter Stern-Tours
zeigt in seinem Web-Angebot alle Kabinen
im Bild und viele Fotos. Geblieben
ist demnach vieles, und auch der Preis:
Die „SS Sudan“ ist weiterhin das teuerste
Schiff auf dem Nil. v
Horst-Dieter Ebert
veröffentlichte über
zwanzig Jahre die
populäre Kolumne
„Eberts Bordbuch“
(Reisen mit Schiffen,
Zügen, Flugzeugen),
andere Kolumnen im
FAZ-Magazin, Playboy,
Manager Magazin.
Weitere „Bordbücher“
sollen an dieser Stelle
erscheinen.
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