MAGNIFICAT März 2021

317
Die Mitte erschließen
Buchdruck war es leichter, Graduale und Antiphonale zu verbreiten,
und noch heute existieren sie als offizielle Gesangbücher
für die lateinische Liturgie. Auszüge kamen zudem im 19.
und 20. Jahrhundert in Diözesangesangbücher, als die Teilnahme
der Gläubigen an der Liturgie zunehmend relevant wurde.
Gesangbücher seit der Reformation
Solche Gesangbücher für die Gemeinde wurden ab der Reformationszeit
wichtig. Denn die Reformatoren nutzten die Form
des landessprachigen Liedes, um die wichtigen theologischen
Inhalte „unter die Leute“ zu bringen: zunächst über Einblattdrucke,
kurze Zeit später in Liederbüchern, die immer wieder erweitert
wurden. Von altgläubiger, katholischer Seite setzte man
zügig eigene Bücher dagegen, sah man doch, dass diese Gesänge
für die Ausbildung der eigenen Frömmigkeit von hohem Wert
waren und durch muttersprachliche Elemente der katholische
Gottesdienst neben den evangelischen attraktiv bleiben konnte.
Es handelt sich dabei aber zunächst um eine Besonderheit des
deutschsprachigen Raumes, wo katholische und evangelische
Gemeinden so nah beieinander waren und die Vergleichsmöglichkeit
existierte. In den romanischsprachigen Ländern etwa
gab es keinen Druck, so etwas wie das Kirchenlied auszubilden,
sodass hier erst nach der jüngsten Liturgiereform ein breiterer
Gemeindegesang in der Muttersprache entstand.
Im deutschen Sprachraum sahen bald die Diözesen es als
ihre Aufgabe an, Gesangbücher herauszugeben. Die Lieder
wurden (in beiden Konfessionen) oft ohne Noten, nur im Text
abgedruckt und waren auf eine begrenzte Anzahl bekannter
Melodien zu singen. Nicht selten wurde dann auch Gebetsgut
in diese Bücher integriert, oder es gab eigene Gebetbücher für
Andachten und Betrachtungen, während der Abdruck der liturgischen
Ordnungen und Texte etwas relativ Modernes ist (ab
dem 19. Jh.). Denn Gesänge wie Andachten waren auf katho-