FEST Jahresbericht 2020
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Frieden
Religionen,
Diplomatie und
Frieden
Ines-Jacqueline Werkner
Nachdem in Europa lange Zeit die Säkularisierungsthese dominierte, erfahren
Religionen seit 1990 in der politischen Praxis eine verstärkte Aufmerksamkeit.
Das spiegelt sich auch in der Außenpolitik wider. So ist es für
außenpolitische Fragen von Belang, dass ein Großteil der Weltbevölkerung
religiös ist und Glaubensfragen ihr Leben und damit auch ihr gesellschaftliches
wie politisches Denken und Handeln maßgeblich beeinflussen. Gegenüber
einem Diskurs über das Gewaltpotenzial von Religionen tritt zunehmend
die Fähigkeit in den Vordergrund, Frieden zu stiften. Der Dialog der
Religionen sowie Bedingungsfaktoren und Strategien religiöser Akteure
zur Überwindung von Gewalt und zur Transformation gesellschaftlicher
und politischer Konflikte sind wesentlich für diese Entwicklung. So entsteht
eine Chance für Außenpolitik, beim Bemühen um Frieden und zivile
Konfliktbearbeitung im Zusammenwirken politischer und religiöser
Akteure die unterschiedlichen Mandate, Zugänge und Kompetenzen fruchtbar
zu machen und die Wirkungsmöglichkeiten von Politik/Diplomatie
und Religion zu verstärken. So werden Synergien möglich, die die jeweiligen
Grenzen der beiderseitigen Handlungsoptionen überwinden.
Das Projekt nimmt diese außenpolitischen Optionen in den Blick. Wie können–
so die hier zu verhandelnde Leitfrage – das religiöse Friedenspotenzial
und die gesellschaftlichen Einflüsse von Religionen genutzt und für
eine partnerschaftliche Zusammenarbeit gewonnen werden? Unter welchen
Voraussetzungen und in welchen Situationen können außenpolitische
und religiöse Akteure gemeinsam Friedensprozesse befördern?
Dazu wird ein dreijähriger interdisziplinärer und interreligiöser Konsultationsprozess,
gefördert vom Auswärtigen Amt, ins Leben gerufen mit dem
Ziel einer Bündelung friedenspolitischer und -ethischer Expertise. Dabei
sollen drei Arbeitsgruppen – zusammengesetzt aus Theolog*innen der
Religionen – unter vorrangiger Berücksichtigung der abrahamitischen Religionen
–, Vertreter*innen der Friedensforschung sowie der diplomatischen
Praxis – zu den thematischen Schwerpunkten: „Religion und Recht“, „Religion
und Gewalt“ sowie „Religion und Frieden“ arbeiten. Zum Auftakt werden
sich die Arbeitsgruppen dem Verhältnis von Politik und Religion, der
Relevanz außenpolitischer Fragen im religiösen Selbstverständnis sowie
46 Arbeitsbereich „Frieden“