Was heißt „interkulturelle Literatur“? - bei DuEPublico - Universität ...
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stellt. Goethe erklärt diesen Umstand in einem Ton, der klar macht: die Leserschaft vermag sich<br />
gar nicht mehr vorzustellen, worum es <strong>bei</strong> diesem Streit überhaupt ging. Aus der Formulierung<br />
sticht das Unverständnis für eine Position hervor, die den Autor von seinem Werk trennen<br />
möchte. In diesen selbstverständlichen Wendungen erreicht Goethe viel mehr, als er es in einer<br />
programmatischen Erklärung zu den Rechten des Autors je vermöchte. Er macht das Band zwi-<br />
schen Autor, Werk und Sinn der Sache zu einem natürlichen Umstand, der nicht angezweifelt wer-<br />
den kann.<br />
Goethe beschreitet mit dieser Strategie einen anderen Weg als J.G. Fichte, der eine wichtige Rolle<br />
im Urheberrechtsstreit spielte und dessen Argumentation ich mich nun zuwenden möchte 185 .<br />
Bis 1800 war der literarische Markt beherrscht von der Dyade Verfasser/Verleger. Die Verfasser<br />
produzierten Texte und verkauften diese an die Verleger, die sie verbreiteten. Störfaktor in dieser<br />
Symbiose waren vor allem die Nachdrucker, die Exemplare auf dem Markt erwarben, um sie<br />
dann auf eigene Faust zu vervielfältigen. Aus dieser ungeregelten Situation in Bezug auf die Ver-<br />
vielfältigung entstand nun der Urheberrechtsstreit. Die Verfasser verlangten einen Schutz vor den<br />
wild wuchernden Nachdruckpraktiken und wollten vor allem am literarischen Markt, d.h. an jeder<br />
neuerlich gedruckten Auflage eines Buches beteiligt werden.<br />
Aus dieser Vorgabe leitete sich die Notwendigkeit ab, an einem Text Unverkäufliches und Ver-<br />
käufliches voneinander zu trennen. Das Unverkäufliche eines Textes sollte dann den Autor dazu<br />
berechtigen, seine Vervielfältigung zu kontrollieren und aus ihr wirtschaftlichen Nutzen zu zie-<br />
hen. Es bestand allerdings erwartungsgemäß Uneinigkeit darüber, wie die Unterscheidung zu<br />
treffen sei und worauf sie sich beziehe, worin genau also das Unveräußerliche des Textes bestehe.<br />
Es liegt, das konnten wir bereits <strong>bei</strong> Goethe verfolgen, in einer geistigen Sphäre und gewährleistet<br />
die unverbrüchliche Verbindung zwischen einem Autor und seinem Werk.<br />
In der maßgeblichen juristischen Formulierung <strong>bei</strong> Johann Heinrich Feder sind dieses geistige<br />
Etwas die Gedanken des Autors. Man kann an einem Druckerzeugnis also nur ein „unvollständi-<br />
ges Eigenthum“ erwerben bzw. aus Autorperspektive es nur eingeschränkt veräußern 186 . Doch<br />
wie sollte es möglich sein, dass man Gedanken äußert – und dies ist ja der Anspruch eines jeden,<br />
der einen Text veröffentlicht – gleichzeitig aber diese Gedanken für sich behält? Eine ziemlich<br />
interessante Frage, denn Verbreitung, Öffentlichkeit und Dauerhaftigkeit der niedergelegten Ge-<br />
danken sind ja das Ziel eines Schriftstellers. Wie kann nun aber dieser Interessenkonflikt gelöst<br />
185 Ich stütze mich <strong>bei</strong> den nun folgenden Ausführungen zur Entstehung des Urheberrechts maßgeblich auf deren<br />
Aufar<strong>bei</strong>tung durch Heinrich Bosse, vgl. BOSSE 1981.<br />
186 FEDER 1780, 8, zit. nach BOSSE 1981, 52.<br />
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