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Was heißt „interkulturelle Literatur“? - bei DuEPublico - Universität ...

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Die letzte der drei anfangs formulierten Ängste hat mit der Verbindung von persönlicher Absicht<br />

und sprachlichem Ausdruck zu tun, mit dem Phänomen der Intentionalität und ihrem Platz in-<br />

nerhalb der Sprache – elle aura sa place hatte Derrida versprochen; ob er dieses Versprechen auch<br />

eingelöst hat, darüber wird zu entscheiden sein. Die Frage, die sich aufdrängt, lautet aber: Kann<br />

Verantwortung für sprachliche Handlung nicht auch anders hergestellt werden als über eine stets<br />

als dafür unabdingbar beschworene Intentionalität? Oder ist dieser Ruf nach der Identifizierbar-<br />

keit von Äußerungen als persönlich am Ende vielleicht nicht so sehr ein Instrument der Zu-<br />

schreibung, denn eines der Abwehr? Eine Abwehr, die sowohl in der Beteuerung, man habe et-<br />

was so überhaupt nicht gemeint, als auch in der – bewussten – Kapitulation vor dem überwälti-<br />

genden konnotativen Reichtum der Sprache oder im Dankesüberschwang gegenüber den Quellen<br />

der Inspiration für die eigenen Worte zutage tritt.<br />

Jacques Derrida hat in einem grandiosen Schelmenstück die Antwort auf John Searles wütende<br />

Reply to Derrida formuliert, die dieser seinerseits bezüglich Derridas Austin-Kritik in Signature Evé-<br />

nement Contexte verfasst hatte 214 . Das Schelmenstück trägt den programmatischen Titel Limited Inc,<br />

was nach einer augenzwinkernden Beteuerung Derridas nicht gleichzusetzen ist mit der im Text<br />

geprägten Abkürzung Sarl:<br />

« Pour éviter la lourdeur de l’expression scientifique ‘trois + n auteurs’, je décide ici et à<br />

partir de cet instant de nommer en français l’auteur présumé et collectif de la Reply ‘Société<br />

à responsabilité limitée’, ce qui s’abrège couramment dans cette langue en Sarl. [...]<br />

J’espère que les porteurs de noms propres ne seront pas blessés par cet artifice technique<br />

ou scientifique. Celui-ci évitera, de surcroît, par courtoisie, d’atteindre les individus ou les<br />

noms propres au cours d’une argumentation qu’ils jugeraient ici ou là, à tort, polémique.<br />

Et si d’aventure ils voyaient dans cette transformation une altération ironique ou blessante,<br />

ils pourront convenir avec moi des enjeux, désirs, phantasmes investis dans un nom<br />

propre, un copyright ou une signature. » (DERRIDA 1977, 8)<br />

Diese – ironische, polemische oder vielleicht doch einfach ernsthafte? – Erklärung Derridas<br />

kommentiert die erste Fußnote in Searles Reiterating the Differences. A Reply to Derrida, die dort im<br />

Titel direkt hinter dem Namen Derridas plaziert ist. In dieser Fußnote bedankt sich Searle <strong>bei</strong> H.<br />

Dreyfus und D. Searle „for [the] discussion of these matters (den Themen, die in der Reply be-<br />

handelt werden, B.S.). Derrida sieht Searle durch diesen Verweis auf seine Gesprächspartner so-<br />

wohl sein Copyright, als auch die Verantwortung für die Ausführungen beeinträchtigen, denn<br />

wenn Searle die Fußnote ernst meint, « voilà que le ‚vrai’ copyright devrait revenir [...] à un Searle<br />

divisé, multplié, conjugué, partagé. » (3) Erschwerend kommt hinzu, dass die Fußnote vielleicht<br />

nicht ganz zu unrecht an Derridas Namen steht, da der Dank nicht nur an D. Searle, sondern<br />

auch « à mon vieil ami H. Dreyfus » geht, mit dem Derrida nach eigener Aussage in so intensivem<br />

214 Diese drei Texte (DERRIDA 1971 u. 1977, SEARLE 1977) bilden auch schon das Herzstück der Debatte, einer der<br />

klassischen Auseinandersetzungen um die Sprechakttheorie.<br />

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