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Was heißt „interkulturelle Literatur“? - bei DuEPublico - Universität ...

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eine mit seiner Mutter geteilte Vergangenheit, eine Geschichte, ein Bündel sozialer Beziehungen.<br />

[...] Tatsächlich basieren <strong>bei</strong>de Wertsysteme auf einer Verdinglichung des Ostens“ (246).<br />

Diese Lektüre, die für den indischen Jungen und seinen Status als absentem, indischen Jungen <strong>bei</strong><br />

Shakespeare eine überzeugende Erklärung bietet, erlaubt es Raman auch, „die historische Un-<br />

möglichkeit“ zu illustrieren, „im 16. Jahrhundert das ethnisch Andere anders als ein vom abend-<br />

ländischen, imperialistischen Begehren projiziertes Objekt zu fassen“ (248). Insofern ergänzt<br />

diese Interpretation sehr gut, was Stephen Greenblatt an der Kommunikationspraxis Kolumbus’<br />

zeigt.<br />

Die Interpretationspraktiken Ramans und Adelsons ar<strong>bei</strong>ten von verschiedenen Seiten einem<br />

selben Ziel zu: der Entwirrung eines Textes und des „kulturellen Hintergrunds“ seines Autors.<br />

Beim Durchgang durch die avanciertesten theoretischen Texte zur sogenannten interkulturellen<br />

Literatur konnte in dieser Ar<strong>bei</strong>t kein wirklich anderes stichhaltiges Argument für eine Abtren-<br />

nung dieses Textkorpus vom Rest der literarischen Produktion in einer bestimmten Literatur-<br />

sprache festgestellt werden. Von der thematischen Seite her lassen sich zwar verschiedene Zugrif-<br />

fe auf die Texte unterscheiden, doch erstens gibt es, wie meine Analysen gezeigt haben, keinen<br />

privilegierten Zugriff, der etwa den „kulturellen Hintergrund“ eines Textes berücksichtigen müss-<br />

te; und zweitens können <strong>bei</strong> einer thematisch zentrierten Herangehensweise an die interkulturelle<br />

Literatur natürlich nicht nur Texte berücksichtigt werden, die von Autoren mit Migrationshin-<br />

tergrund verfasst worden sind. Wenn demnach der Terminus der interkulturellen Literatur <strong>bei</strong>be-<br />

halten werden sollte, dann für eine bestimmte Interpretationspraxis, nicht für ein bestimmtes Korpus.<br />

Interkulturelle Literatur, so eine der zentralen Erkenntnisse dieser Ar<strong>bei</strong>t, transportiert die ge-<br />

meinhin an sie gerichtete Fragestellung schon mit. Doch die unter diesem Begriff subsumierten<br />

Texte funktionieren auch, wenn man sie unter alternativen Fragestellungen untersucht.<br />

248

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