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Was heißt „interkulturelle Literatur“? - bei DuEPublico - Universität ...

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arabischstämmigen Einwanderer nach Frankreich ist jüngeren Datums und wird seit den 80er<br />

Jahren unter dem Überbegriff Littérature beur behandelt. Sie speist sich aus dem Schaffen meist<br />

männlicher, junger Schriftsteller, die oft nur ein einziges, autobiographisch gefärbtes Buch ge-<br />

schrieben haben und die zum Großteil nicht zur intellektuellen Elite gehören, sondern unter<br />

schwierigen sozialen Bedingungen aufgewachsen sind.<br />

In diesem Kapitel möchte ich nacheinander den Zuschnitt der drei genannten Literaturen be-<br />

trachten, denn aus ihnen wird später mein eigenes Korpus zusammengesetzt. Dazu werden so-<br />

wohl einflussreiche Texte der Sekundärliteratur analysiert als auch programmatische Texte der<br />

Literaten selbst. Ich beschränke mich da<strong>bei</strong> auf Texte, die überblickshafte Darstellungen liefern<br />

und verzichte in diesem Kapitel auf spezielle Betrachtungen zu einzelnen literarischen Texten. Es<br />

wird sich allerdings zeigen, dass gerade die wissenschaftlichen Texte sehr induktiv angelegt sind,<br />

d.h. vom Beispiel ausgehend zu allgemeinen Aussagen gelangen, ohne diese dann wieder an einer<br />

umfangreicheren Textmenge zu prüfen – ein Vorgehen, das ich nicht tadle, das aber dem An-<br />

spruch der umfassenden Beschreibung einer klar umrissenen Gattung interkulturelle Literatur wi-<br />

derspricht. Als Ar<strong>bei</strong>tshypothese soll gelten, dass Schriftstellerinnen mit einem bestimmten ethni-<br />

schen Hintergrund sowohl in Frankreich als auch in Deutschland die volle Zugehörigkeit zur<br />

französischen oder deutschen Nationalliteratur verweigert wird. Es ist da<strong>bei</strong> selbstverständlich<br />

auch die Kehrseite dieses Arguments zu beachten, nämlich dass eine solche Abspaltung und<br />

Sonderbehandlung im Zeichen einer gewährten oder von den Schriftstellern selbst geforderten<br />

kulturellen Autonomie stattfindet. Die wesentlichen Argumente für den Zuschnitt der Gattung<br />

interkulturelle Literatur liefern erstens die Biographie der Autoren sowie zweitens die Thematik<br />

ihrer Texte, wo<strong>bei</strong> die Textanalysen im zweiten Teil meiner Ar<strong>bei</strong>t erweisen sollen, dass gerade<br />

dieses Kriterium extrem betrachterabhängig ist. Anders gesagt: Die Interpreten der interkulturel-<br />

len Literatur finden stets vor allem Elemente, die im weitesten Sinne mit Migration oder kulturel-<br />

ler Alterität zu tun haben, weil sie nach nichts anderem suchen.<br />

Leider fehlt ein Diskurs, der die interkulturellen Literaturen von Frankreich und Deutschland<br />

miteinander verbände. Die gesamte Sekundärliteratur bleibt hier – erstaunlicherweise, denn im-<br />

merhin geht es ja um Interkulturalität – sehr nationalspezifisch und versucht nicht, die untersuch-<br />

ten Elemente an Literatur von Migranten in der ganzen Welt nachzuvollziehen. Auch diesbezüg-<br />

lich betritt meine Studie Neuland. Es wird sich zeigen, dass die jeweiligen literaturwissenschaftli-<br />

chen Diskurse der <strong>bei</strong>den Länder zu ihren jeweiligen „Migrationsliteraturen“ weitgehend gleich<br />

funktionieren und dies trotz aller Unterschiede der migrationsspezifischen Entwicklung in den<br />

jeweiligen Ländern.<br />

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