27.12.2012 Aufrufe

Was heißt „interkulturelle Literatur“? - bei DuEPublico - Universität ...

Was heißt „interkulturelle Literatur“? - bei DuEPublico - Universität ...

Was heißt „interkulturelle Literatur“? - bei DuEPublico - Universität ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Die dritte Frage steht aus: Wer übernimmt Verantwortung für eine getane Äußerung, für einen<br />

geschriebenen Text? Eine Frage, die den Kreis schließt, indem sie wieder Komponenten auf-<br />

nimmt, die sich sowohl auf die strafrechtliche als auch auf die bereits behandelte urheberrechtli-<br />

che Dimension sprachlicher Erzeugnisse auswirken können.<br />

Schuld und dekonstruierte Verantwortung. Die Angst vor dem Verlust der ethischen Adresse<br />

Es hat sich in der letzten Dekade eingebürgert, der Kritik am Autorbegriff, die sich vor allem an<br />

der Genieästhetik – also einer positiven, überhöhten Konzeption des Autors – festmacht, mit<br />

einer Problematisierung der Ablehnung der Autorinstanz zu begegnen. Diese Problematik wird<br />

am deutlichsten, wenn Texte auftauchen, deren Autor man im Nachhinein mutmaßlich lieber<br />

nicht gewesen wäre, z.B. solche, die antisemitische Ausfälle <strong>bei</strong>nhalten, noch dazu während des<br />

zweiten Weltkriegs. Mit diesem Beispiel beziehe ich mich natürlich auf die Debatte um Paul de<br />

Man.<br />

Seán Burke leitet The Death and Return of the Author mit einer Besprechung dieses Falls ein, ist da-<br />

<strong>bei</strong> allerdings so klug, nirgends direkt auszusprechen, dass die Dekonstruktion sich hier durch<br />

einen ihrer wichtigsten Vertreter im Hinblick auf ihren Umgang mit der Autorinstanz selbst de-<br />

savouiert 210 . Er bezeichnet vielmehr an dieser Stelle Autorschaft als „area of blindness“ <strong>bei</strong> den<br />

von ihm untersuchten Poststrukturalisten, die theoretisch zu füllen sei. Als Beweis für die Kor-<br />

rektheit dieser Forderung versucht er anhand wichtiger Begriffe der Autordebatte (intention, au-<br />

thority, (auto)biography, accountability, œuvre) zu zeigen, dass sich niemand in der Auseinander-<br />

setzung um Paul de Mans Kriegsschriften von diesen Kategorien gelöst hat. Beide Seiten, also<br />

sowohl Gegner als auch die Apologeten de Mans, „disinter many of the loci of traditional author-<br />

centered criticism“ (BURKE 1992, 4). Mit diesem Verdikt glaubt Burke die area of blindness enttarnt<br />

und ihre theoretische Unausweichlichkeit für den Poststrukturalismus demonstriert zu haben.<br />

Da<strong>bei</strong> verbeugt er sich dennoch symbolisch vor dem Theoretiker de Man, „arguably the most<br />

gifted literary theorist of his generation.“ (7)<br />

Ich weiß nicht, wie repräsentativ die Quellen sind, auf die sich Burke bezieht 211 , mir scheint aller-<br />

dings seine Kritik nicht die Theorie selbst zu treffen, sondern nur einige Autoren, die de Man als<br />

Autorität retten wollten. Burke beschreibt die Enthüllung des de Manschen Kriegsjournalismus<br />

als Alptraum „for critical theorists themselves, all of whom owe a debt of influence to de Man<br />

Stelle weist Derrida auch auf die veränderte Rolle der Intention hin: « Dans cette typologie, la catégorie d’intention<br />

ne disparaîtra pas, elle aura sa place, mais, depuis cette place, elle ne pourra plus commander toute la scène et tout le<br />

système de l’énonciation. » (389).<br />

210 Vgl. BURKE 1992, 1-7.<br />

211 Es sind insgesamt nur fünf, innerhalb der Aufzählung der zentralen Begrifflichkeiten zur Autordebatte gar nur<br />

eine ausgewiesene, vgl. BURKE 1992, 175f.<br />

138

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!