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Der Wahrheit nicht ganz verpflichtet Esperanto in ... - Plansprachen.ch

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Bewegung des Ostblocks ma<strong>ch</strong>te galoppierende Forts<strong>ch</strong>ritte. Und 1979 erhielt s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> Eri<strong>ch</strong><br />

Honecker selbst die Johannes-R.-Be<strong>ch</strong>er-Medaille <strong>in</strong> Gold anlässli<strong>ch</strong> e<strong>in</strong>es Empfangs der Kulturbund-<br />

Grössen bei ihm. <strong>Der</strong> Kommentar <strong>in</strong> der esperantist lautete wie folgt: „<strong>Der</strong> Generalsekretär (...)<br />

drückte <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Referat e<strong>in</strong>e sehr hohe, positive Beurteilung der vielseitigen Arbeit des Kulturbunds<br />

aus. Und wenn er dies tat, so hatte dies <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> nur für e<strong>in</strong>en Teil des Kulturbunds Gültigkeit, sondern<br />

für den gesamten, also au<strong>ch</strong> für die Esperantisten.“ S<strong>ch</strong>on seit langem seien die Zeiten vorbei, <strong>in</strong><br />

denen im Kulturbund der Wert der <strong>Esperanto</strong>-Tätigkeit bezweifelt wurde. Dort würden die<br />

Esperantisten als seriöse Leute und <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> als Fanatiker und Sektierer (sic) <strong>in</strong> Ers<strong>ch</strong>e<strong>in</strong>ung treten, hiess<br />

es weiter. Man könne sagen, dass die „wenigen“ (sic) Esperantisten <strong>in</strong> der DDR e<strong>in</strong>en<br />

bemerkenswerten Haltungswe<strong>ch</strong>sel dur<strong>ch</strong> alle Sphären der Gesells<strong>ch</strong>aft errei<strong>ch</strong>t hätten. Glei<strong>ch</strong>zeitig<br />

wurde darüber beri<strong>ch</strong>tet, Leonid Bres<strong>ch</strong>new habe angekündigt, vom Territorium der DDR 20’000<br />

Soldaten abzuziehen. Die Friedens<strong>in</strong>itiative des Sowjetführers, die au<strong>ch</strong> den Abzug von<br />

Mittelstreckenraketen aus den westli<strong>ch</strong>en Gebieten der UdSSR be<strong>in</strong>haltete, wurde von Rudolf<br />

Zimmermann begrüsst. Glei<strong>ch</strong>zeitig stiess er se<strong>in</strong> Unverständnis aus, dass die NATO denno<strong>ch</strong><br />

beabsi<strong>ch</strong>tigt, neue modernste Raketenysteme gegen den Ostblock aufzustellen. Ende September 1979<br />

hielt D. Blanke anlässli<strong>ch</strong> e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>s<strong>ch</strong>lägigen Treffens (die Hälfte der 225 Teilnehmer stammte aus<br />

BG, CS, H, PL, R) <strong>in</strong> Meissen e<strong>in</strong>e Festanspra<strong>ch</strong>e anlässli<strong>ch</strong> des 30. Bestehens der DDR. Die Kämpfer<br />

gegen Fas<strong>ch</strong>ismus und Imperialismus, für e<strong>in</strong> sozialistis<strong>ch</strong>es Deuts<strong>ch</strong>land, würden ihre Idee<br />

heutzutage <strong>in</strong> der DDR verwirkli<strong>ch</strong>t sehen, sagte er zu Beg<strong>in</strong>n se<strong>in</strong>es Vortrags. Dann folgte e<strong>in</strong>e<br />

Würdigung Rudi Graetz’ und e<strong>in</strong> Selbstlob an die Adresse des ZAKE, der e<strong>in</strong>e wi<strong>ch</strong>tige<br />

Meilenste<strong>in</strong>arbeit mit gesamtrepublikanis<strong>ch</strong>er Bilanz geleistet habe. <strong>Der</strong> Kulturbund würde<br />

massgebli<strong>ch</strong> zur Herausbildung von sozialistis<strong>ch</strong>en Persönli<strong>ch</strong>keiten beitragen. Johannes R. Be<strong>ch</strong>er<br />

wurde lobend erwähnt. 112 Von den Vietnamesen, von humanistis<strong>ch</strong>en Idealen, von der entwickelten<br />

112 Die wahre Biographie Be<strong>ch</strong>ers ist ungewöhnli<strong>ch</strong> und konnte <strong>in</strong> der esperantist freili<strong>ch</strong> niemals präsentiert werden. Sie<br />

widerspiegelt e<strong>in</strong> s<strong>ch</strong>wieriges Leben: Geboren 1891 <strong>in</strong> Mün<strong>ch</strong>en als Sohn e<strong>in</strong>es Oberlandesgeri<strong>ch</strong>tspräsidenten, begann<br />

Be<strong>ch</strong>er si<strong>ch</strong> na<strong>ch</strong> dem Abbru<strong>ch</strong> des Studiums als freier S<strong>ch</strong>riftsteller mit expressionistis<strong>ch</strong>en Gedi<strong>ch</strong>ten zu profilieren. Frühe<br />

Lebenskrisen (1910: Tötung der Freund<strong>in</strong> und eigene Verletzung bei e<strong>in</strong>em misslungenen Doppelselbstmord und<br />

Kl<strong>in</strong>ikaufenthalte wegen Morphiumabhängigkeit im 1. WK) führten ihn 1923 endgültig <strong>in</strong> die KPD, der er s<strong>ch</strong>on 1919<br />

beigetreten war. E<strong>in</strong>e Phase der Gottsu<strong>ch</strong>e führte ihn von ihr jedo<strong>ch</strong> wieder weg. 1933 wurde er <strong>in</strong>s Exil <strong>in</strong> die UdSSR<br />

genötigt, wo er unter dem Stal<strong>in</strong>ismus litt und mehrere Suizidversu<strong>ch</strong>e unternahm. 1945 kehrte er mit der Gruppe Ulbri<strong>ch</strong>t<br />

na<strong>ch</strong> Deuts<strong>ch</strong>land zurück. In der SBZ/DDR wurde er zum führenden Kulturpolitiker, begründete den Aufbau-Verlag und<br />

gewann für die Zusammenarbeit mit der Hilfe der SMAD au<strong>ch</strong> bürgerli<strong>ch</strong>e S<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>ten. Er trat für die Wiederherstellung der<br />

deuts<strong>ch</strong>en E<strong>in</strong>heit e<strong>in</strong> und s<strong>ch</strong>uf 1949 den Text der DDR-Nationalhymne ‚Auferstanden aus Ru<strong>in</strong>en’. 1954 wurde er DDR-<br />

Kulturm<strong>in</strong>ister. Na<strong>ch</strong> der Verhaftung des Leiters des Aufbaus Verlages Walter Janka hatte Be<strong>ch</strong>er si<strong>ch</strong> für diesen bei Ulbri<strong>ch</strong>t<br />

e<strong>in</strong>gesetzt, zu dem Be<strong>ch</strong>er e<strong>in</strong> besonderes Verhältnis pflegte, das von Gönnerhaftigkeit und Kalkül Ulbri<strong>ch</strong>ts und grotesker<br />

S<strong>ch</strong>mei<strong>ch</strong>elei Be<strong>ch</strong>ers gekennzei<strong>ch</strong>net war. Kennengelernt hatten si<strong>ch</strong> die beiden <strong>in</strong> der SU, wo beide die stal<strong>in</strong>istis<strong>ch</strong>en<br />

Säuberungen mit Glück du S<strong>ch</strong>läue überlebten. Trotz öffentli<strong>ch</strong>er Huldigung und Unterwerfungserklärungen seitens Be<strong>ch</strong>er<br />

blieb das Verhältnis zwis<strong>ch</strong>en ihnen äussest zwiespältig. Be<strong>ch</strong>er war immer wieder h<strong>in</strong>- und hergerissen zwis<strong>ch</strong>en<br />

Fasz<strong>in</strong>ation für die Theorie des Sozialismus e<strong>in</strong>erseits und nieders<strong>ch</strong>metternder Realität <strong>in</strong> der DDR andererseits. Aber<br />

Ulbri<strong>ch</strong>t setzte ihn ständig unter Druck, damit er si<strong>ch</strong> e<strong>in</strong>deutig zu se<strong>in</strong>er Politik bekenne. Während Be<strong>ch</strong>er <strong>in</strong> der Phase des<br />

‚Tauwetters’ (um 1956) si<strong>ch</strong> öffentli<strong>ch</strong> für e<strong>in</strong>e kulturpolitis<strong>ch</strong>e Öffnung e<strong>in</strong>setzte, verfolgte Ulbri<strong>ch</strong>t den gegensätzli<strong>ch</strong>en<br />

Kurs und g<strong>in</strong>g mit harten Bandagen gegen die Intellektuellen der DDR vor. So bes<strong>ch</strong>werte si<strong>ch</strong> Be<strong>ch</strong>er bei S<strong>ch</strong>irdewan über<br />

die geistige Drangsalierung Jankas und anderer und sagte ihm, dass er <strong>in</strong> die SU emigrieren wolle. Dies dem Todfe<strong>in</strong>d<br />

Ulbri<strong>ch</strong>ts mitzuteilen war se<strong>in</strong> Kard<strong>in</strong>alfehler. Ulbri<strong>ch</strong>t liess Be<strong>ch</strong>er sofort fallen. Dieser Situation s<strong>ch</strong>ien „Freund“ Be<strong>ch</strong>er<br />

aber <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> gewa<strong>ch</strong>sen. Die Missa<strong>ch</strong>tung dur<strong>ch</strong> Ulbri<strong>ch</strong>t konnte er kaum ertragen. Mit hö<strong>ch</strong>st ges<strong>ch</strong>macklosen Gedi<strong>ch</strong>ten und<br />

Huldigungen auf den SED-Chef und mit e<strong>in</strong>er lobhudelnden Biografie über den DDR-Diktator zu dessen 65. Geburtstag<br />

bemühte si<strong>ch</strong> Be<strong>ch</strong>er, das Vertrauen des krankhaft misstrauis<strong>ch</strong>en und na<strong>ch</strong>tragenden Ulbri<strong>ch</strong>t vergebli<strong>ch</strong> wiederzugew<strong>in</strong>nen.<br />

Am 10.9.57 s<strong>ch</strong>rieb er e<strong>in</strong>en langen Brief an das Politbüro, <strong>in</strong> dem ges<strong>ch</strong>rieben stand, dass man ihn aus se<strong>in</strong>en Ämtern und<br />

Funktionen entlassen möge. Gegen Ende se<strong>in</strong>es Lebens war Be<strong>ch</strong>er zur E<strong>in</strong>si<strong>ch</strong>t gekommen, dass die Politik se<strong>in</strong> Di<strong>ch</strong>ten<br />

ru<strong>in</strong>iert habe. Dana<strong>ch</strong> war er bis zu se<strong>in</strong>em Tod am 11.10.58 ohne jeden politis<strong>ch</strong>en E<strong>in</strong>fluss und spielte <strong>in</strong> den<br />

Ause<strong>in</strong>adersetzungen <strong>in</strong> der SED-Führung, die si<strong>ch</strong> <strong>in</strong> diesen Jahren na<strong>ch</strong> stal<strong>in</strong>istis<strong>ch</strong>em Vorbild hauptsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> mit der<br />

Auss<strong>ch</strong>altung von Kritikern befasste, ke<strong>in</strong>e Rolle mehr. Na<strong>ch</strong> se<strong>in</strong>em Tod sorgte Ulbri<strong>ch</strong>t dafür, dass das Werk Be<strong>ch</strong>ers na<strong>ch</strong><br />

se<strong>in</strong>em Gusto <strong>in</strong>terpretiert wurde. Als zu Be<strong>ch</strong>ers 70. Geburtstag im Mai 1961 vom Deuts<strong>ch</strong>en Kulturbund die Johannes-R.-<br />

Be<strong>ch</strong>er-Medaille <strong>in</strong> Gold gestiftet wurde, war Walter Ulbri<strong>ch</strong>t der Erste, der diese Auszei<strong>ch</strong>nung erhielt. An der Verleihung<br />

wurde Be<strong>ch</strong>er als „grosser Di<strong>ch</strong>ter der deuts<strong>ch</strong>en Nation“ und als „wirkli<strong>ch</strong> lieber, guter Freund“ Ulbri<strong>ch</strong>ts gepriesen. Dies<br />

h<strong>in</strong>derte Ulbri<strong>ch</strong>t <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> daran, e<strong>in</strong>ige Jahre später gegen Be<strong>ch</strong>ers Witwe Lilly bars<strong>ch</strong> vorzugehen, als diese begann, bei der<br />

Interpretation von Be<strong>ch</strong>ers Werk von Ulbri<strong>ch</strong>ts S<strong>in</strong>n abzurücken. (s. M. Behnen: Lexikon der deuts<strong>ch</strong>en Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te 1945-<br />

1990, Kröner 2002, S. 58, und M. Frank: Walter Ulbri<strong>ch</strong>t, S. 262, S. 283ff.). Von se<strong>in</strong>en Kritikern wurde Be<strong>ch</strong>er belä<strong>ch</strong>elt<br />

oder sogar gehasst. 1947 s<strong>ch</strong>rieb der DDR-S<strong>ch</strong>riftsteller Stephan Herml<strong>in</strong> (eigt. Rudolf Leder) über Be<strong>ch</strong>er Folgendes:<br />

„Tragis<strong>ch</strong> ist der Fall e<strong>in</strong>er der bedeutendsten Lyriker des heutigen Deuts<strong>ch</strong>lands, der Fall des Johannes R. Be<strong>ch</strong>er. Se<strong>in</strong><br />

letzter Gedi<strong>ch</strong>tband (‚Heimkehr’, Aufbau-Verlag, Berl<strong>in</strong>) beweist neuerli<strong>ch</strong>, dass Be<strong>ch</strong>er <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er von sehr ernsten politis<strong>ch</strong>-<br />

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