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Der Wahrheit nicht ganz verpflichtet Esperanto in ... - Plansprachen.ch

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E<strong>in</strong> fals<strong>ch</strong>es Verständnis der gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Entwicklungsprozesse von der Rolle der Spra<strong>ch</strong>e an<br />

si<strong>ch</strong> führe bei vielen Anhängern des <strong>Esperanto</strong> so zur Übers<strong>ch</strong>ätzung se<strong>in</strong>er Rolle für die Gesells<strong>ch</strong>aft.<br />

Viele Esperantisten propagierten <strong>Esperanto</strong> als würde es die Welt vor dem Untergang retten („<strong>in</strong>terna<br />

ideo“). „Selbstverständli<strong>ch</strong> müssen diese Ideen starke Skepsis von nü<strong>ch</strong>ternen Intellektuellen f<strong>in</strong>den.“<br />

E<strong>in</strong>e negative Wirkung habe die sektiereris<strong>ch</strong>e Haltung vieler Esperantisten (s<strong>ch</strong>on wieder) sowie der<br />

seltsame Sternens<strong>ch</strong>muck 117 , die s<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>te Kenntnis der Mutterspra<strong>ch</strong>e sowie die Anmassung und<br />

Intoleranz gegenüber anderen Me<strong>in</strong>ungen (sic). Wenn es s<strong>ch</strong>on e<strong>in</strong>e Übers<strong>ch</strong>ätzung der Spra<strong>ch</strong>e als<br />

gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>er Kraft gäbe, dann gibt es au<strong>ch</strong> e<strong>in</strong>e weit verbreitete Unters<strong>ch</strong>ätzung des<br />

<strong>in</strong>ternationalen Spra<strong>ch</strong>enproblems mit all se<strong>in</strong>en negativen gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Folgen. Au<strong>ch</strong> dies führe<br />

zur Verna<strong>ch</strong>lässigung und zur Ignoranz des <strong>Esperanto</strong>. Nur wenige Leute hätten praktis<strong>ch</strong>e Kenntnis<br />

vom Problem der komplizierten <strong>in</strong>ternationalen spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Kommunikation und e<strong>in</strong>e Ahnung von<br />

e<strong>in</strong>em theoretis<strong>ch</strong>en Konzept von ihr. Zu viele folgten der verbreiteten irrtümli<strong>ch</strong>en Me<strong>in</strong>ung, dass<br />

Fremdspra<strong>ch</strong>enkenntnisse genügten. In der marxistis<strong>ch</strong>-len<strong>in</strong>istis<strong>ch</strong>en Interl<strong>in</strong>guistik-Literatur f<strong>in</strong>de<br />

man die Anwendung des Len<strong>in</strong>s<strong>ch</strong>en Konzepts der Glei<strong>ch</strong>bere<strong>ch</strong>tigung der Nationen und deren<br />

Spra<strong>ch</strong>en. Wenn man diese Gründe der Skepsis dem <strong>Esperanto</strong> gegenüber kennt, verstehe man den<br />

Diskussionspartner besser und sei befähigt, nü<strong>ch</strong>tern und wirksam zu <strong>in</strong>formieren und argumentieren.<br />

In e<strong>in</strong>em weiteren Teil widmete si<strong>ch</strong> der Autor dem Begrifffs<strong>ch</strong>aos (ethnis<strong>ch</strong>e Spra<strong>ch</strong>en,<br />

<strong>Planspra<strong>ch</strong>en</strong>, künstli<strong>ch</strong>e/natürli<strong>ch</strong>e Spra<strong>ch</strong>en, nationale/<strong>in</strong>ternationale Spra<strong>ch</strong>en, Weltspra<strong>ch</strong>e,<br />

lebendige/tote Spra<strong>ch</strong>en). Fazit: „Das moderne semiotis<strong>ch</strong>e Verständnis von Spra<strong>ch</strong>e als<br />

Zei<strong>ch</strong>ensystem lässt ke<strong>in</strong>en Raum für sol<strong>ch</strong> romantis<strong>ch</strong>e Ausdrücke wie ‚lebendige’ oder ‚tote’<br />

Spra<strong>ch</strong>e, denn die Spra<strong>ch</strong>e ist e<strong>in</strong> gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>es Phänomen und ke<strong>in</strong> biologis<strong>ch</strong>es Wesen.“<br />

Ausserdem hätten S<strong>ch</strong>u<strong>ch</strong>ardt und Baudou<strong>in</strong> de Courtenay dazu bereits alles gesagt (damit<br />

überforderte Blanke se<strong>in</strong>e Leser, denn die hatten do<strong>ch</strong> <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> die ger<strong>in</strong>gste Ahnung, was S<strong>ch</strong>u<strong>ch</strong>ardt<br />

und Baudou<strong>in</strong> gesagt hatten).<br />

Weiter, Teil IV: „Wer über das Spra<strong>ch</strong>enproblem und über <strong>Esperanto</strong> <strong>in</strong>formiert, muss e<strong>in</strong><br />

komplexes und weites Wissen zum Thema haben. Leider ist si<strong>ch</strong> <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> jeder dessen bewusst, dass<br />

diese Themen zu den kompliziertesten und vielfältigsten gehörten. Es genügt <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> irgend etwas über<br />

<strong>Esperanto</strong> und se<strong>in</strong>e Bewegung zu wissen. Wenn man <strong>in</strong> der Diskussion zum Beispiel mit kritis<strong>ch</strong>en<br />

und fordernden Wissens<strong>ch</strong>aftlern, Studenten und andere Intellektuellen erfolgrei<strong>ch</strong> se<strong>in</strong> wolle, müsse<br />

man über folgende Probleme e<strong>in</strong>en Überblick haben:<br />

- Probleme der <strong>in</strong>ternationalen Politik, Beziehungen zwis<strong>ch</strong>en Staaten und Völkern, Rolle der<br />

<strong>in</strong>ternationalen Organisationen, Phänomen der wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>-te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>en Revolution, Hels<strong>in</strong>ki-<br />

S<strong>ch</strong>lussakte.<br />

- Allgeme<strong>in</strong>e Spra<strong>ch</strong>ensituation auf der Welt, Spra<strong>ch</strong>familien.<br />

- Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te und aktuelle Praxis der <strong>in</strong>ternationalen Kommunikation, ehemalige und aktuelle Rolle<br />

des Late<strong>in</strong>s, Rolle der grossen Ethnospra<strong>ch</strong>en, politis<strong>ch</strong>e, ökonomis<strong>ch</strong>e, juristis<strong>ch</strong>e, psy<strong>ch</strong>ologis<strong>ch</strong>e,<br />

gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>-klassenmässige, l<strong>in</strong>guistis<strong>ch</strong>e und andere Aspekte.<br />

- Bekannte Vors<strong>ch</strong>läge der Rationalisierung, Vere<strong>in</strong>fa<strong>ch</strong>ung und Optimierung der <strong>in</strong>ternationalen<br />

Kommunikation, Wiederbelebung des Late<strong>in</strong>s, mas<strong>ch</strong><strong>in</strong>elle Übersetzung, Fremdspra<strong>ch</strong>enunterri<strong>ch</strong>t<br />

usw.<br />

- Quellen, Strukturen und Entwicklung des <strong>Esperanto</strong>, spra<strong>ch</strong>wissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Kenntnisse.<br />

- Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der <strong>Esperanto</strong>-Bewegung (bürgerli<strong>ch</strong>e und diejenige der Arbeiter).<br />

- Anwendung des <strong>Esperanto</strong> <strong>in</strong> den vers<strong>ch</strong>iedensten Berei<strong>ch</strong>en.<br />

- Wert des <strong>Esperanto</strong> für vers<strong>ch</strong>iedene Wissens<strong>ch</strong>aften (Spra<strong>ch</strong>wissens<strong>ch</strong>aft, Computerwissens<strong>ch</strong>aft,<br />

Methodik des Fremdspra<strong>ch</strong>enunterri<strong>ch</strong>ts usw.).<br />

se<strong>in</strong>em Bu<strong>ch</strong>, das ausgere<strong>ch</strong>net Lapenna gewidmet war, die <strong>Esperanto</strong>-Bewegung <strong>in</strong> den sozialistis<strong>ch</strong>en Ländern fast<br />

ausgelassen und au<strong>ch</strong> die MEM <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> erwähnt. Blanke störte si<strong>ch</strong> z.B. au<strong>ch</strong> daran, dass R. S<strong>ch</strong>ulz vors<strong>ch</strong>lug, dass man an<br />

Sonntagen <strong>in</strong> den Kir<strong>ch</strong>en auf <strong>Esperanto</strong> predigen sollte. Gegen Ri<strong>ch</strong>ard S<strong>ch</strong>ulz wurde au<strong>ch</strong> künftig immer wieder von<br />

vers<strong>ch</strong>iedener Seite mit leidens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>er Rhetorik ges<strong>ch</strong>ossen, wenn e<strong>in</strong> neues Bu<strong>ch</strong> von ihm mit zweifelhaften Inhalten<br />

ers<strong>ch</strong>ien.<br />

117 <strong>Der</strong> fünfzackige grüne <strong>Esperanto</strong>-Stern ist das Wahrzei<strong>ch</strong>en des <strong>Esperanto</strong>. Auffallend bei der Kritik des Sektierertums ist<br />

e<strong>in</strong>e Parallele des Jahres 1945, als Ulbri<strong>ch</strong>t e<strong>in</strong>e Kampagne gegen die „West-Emigranten“ startete, das Verhalten vieler<br />

Genossen als sektiereris<strong>ch</strong> empfand und als fals<strong>ch</strong>e Auffassungen bezei<strong>ch</strong>nete und <strong>in</strong> diesem Zusammenhang die alten<br />

Symbole aus der Zeit der Weimarer Republik wie Hammer und Si<strong>ch</strong>el, rote Armb<strong>in</strong>den mit der Aufs<strong>ch</strong>rift KPD und die<br />

Losung ‚Rot Front’ verbieten liess, weil dies <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> im S<strong>in</strong>ne Stal<strong>in</strong>s gewesen war (s. Mario Frank: Walter Ulbri<strong>ch</strong>t. 2001. S.<br />

195).<br />

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