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Der Wahrheit nicht ganz verpflichtet Esperanto in ... - Plansprachen.ch

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Bewegungsmögli<strong>ch</strong>keiten und der „rigorosere ökologis<strong>ch</strong>e Politik“, von denen die Ostdeuts<strong>ch</strong>en<br />

profitieren könnten, s<strong>ch</strong>ien ihm aber <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> <strong>in</strong> den S<strong>in</strong>n zu kommen. Obwohl die „humane<br />

Gesells<strong>ch</strong>aftsordnung no<strong>ch</strong> nirgends verwirkli<strong>ch</strong>t“ worden sei, hätten die Werke von Marx und Engels<br />

aber „<strong>in</strong> vielen Aspekten“ ihre Aktualität behalten, me<strong>in</strong>t er dazu.<br />

In e<strong>in</strong>em Interview von 1994 mit dem kommunistis<strong>ch</strong>en Eo-Bullet<strong>in</strong> Internaciisto äusserte<br />

Blanke si<strong>ch</strong> offenbar enttäus<strong>ch</strong>t und mit den s<strong>ch</strong>wärzesten Farben über das „<strong>ganz</strong> neue, vorher<br />

komplett fremde System“ der Marktwirts<strong>ch</strong>aft. Dieses erlaube auss<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> profitgebende D<strong>in</strong>ge,<br />

während alles Subventionierte zugrunde gehe, die Gruppen zerfielen, Klublokale <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> mehr bezahlbar<br />

seien, die arbeitslosen Mens<strong>ch</strong>en um ihre Existenz kämpfen müssten und wo nur no<strong>ch</strong> Englis<strong>ch</strong><br />

unterri<strong>ch</strong>tet werde. Das Interesse für <strong>Esperanto</strong> sei ger<strong>in</strong>g, zumal viele es für e<strong>in</strong>e ‚kommunistis<strong>ch</strong>e<br />

Sa<strong>ch</strong>e’ hielten. Als e<strong>in</strong>zige Positiva der ‚neuen Welt’ kamen Blanke (immerh<strong>in</strong>) die ger<strong>in</strong>geren<br />

bürokratis<strong>ch</strong>en S<strong>ch</strong>ikanen, das Fehlen ideologis<strong>ch</strong>er S<strong>ch</strong>ranken und des Papiermangels sowie die<br />

Bewegungs- und Reisefreiheit <strong>in</strong> den S<strong>in</strong>n, aber au<strong>ch</strong> diese sei nur gewährleistet, wenn die Leute Geld<br />

hätten und <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> „zufällig“ arbeitslos seien. Blanke hat ja so re<strong>ch</strong>t, nur s<strong>ch</strong>ade, dass er dies alles no<strong>ch</strong><br />

immer unter dem E<strong>in</strong>fluss der e<strong>in</strong>seitigen DDR-Propaganda sieht. E<strong>in</strong>e kritis<strong>ch</strong>e Haltung Blankes<br />

gegenüber der DDR su<strong>ch</strong>t man au<strong>ch</strong> <strong>in</strong> diesem Interview vergebli<strong>ch</strong>, die e<strong>in</strong>zige plausible Erklärung,<br />

wieso das sozialistis<strong>ch</strong>e System kollabierte, die ihm zu entlocken war, bezog si<strong>ch</strong> auf die „eigenen<br />

Unfähigkeiten des Systems“ „unter der Führung e<strong>in</strong>es sehr unterentwickelten, aber mä<strong>ch</strong>tigen Landes<br />

– der Sowjetunion“. Blanke „vermutet“, dass „s<strong>ch</strong>on <strong>in</strong> der Theorie, besonders bei Len<strong>in</strong>, s<strong>ch</strong>were<br />

Mängel auftraten, weniger aber bei Marx und Engels“. Aber es sei au<strong>ch</strong> e<strong>in</strong>e Tatsa<strong>ch</strong>e, die man gerne<br />

vergesse, dass die westli<strong>ch</strong>en Ländern „jeden S<strong>ch</strong>ritt“ dieser östli<strong>ch</strong>en Länder „beh<strong>in</strong>dert“ hätten (was<br />

die USA mit Kuba ma<strong>ch</strong>ten sei ja wirkli<strong>ch</strong> „zum Kotzen“) und der Kalte Krieg sei <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> nur e<strong>in</strong>e<br />

Erf<strong>in</strong>dung Stal<strong>in</strong>s, sondern e<strong>in</strong>e Sa<strong>ch</strong>e beider Seiten gewesen. <strong>Der</strong> Sozialismus sei als Ideal e<strong>in</strong>e<br />

Sa<strong>ch</strong>e, das politis<strong>ch</strong>e System e<strong>in</strong>e andere. Zu viele Leute seien im Namen des Sozialismus umgebra<strong>ch</strong>t<br />

worden. Man solle den Stal<strong>in</strong>ismus „<strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> zu milde behandeln“, der an der Diskreditierung e<strong>in</strong>es gutes<br />

Ideals s<strong>ch</strong>uld sei. Die Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te des Zerfalls des Sozialismus sei komplizierter als man im<br />

Allgeme<strong>in</strong>en denke. Die sozialistis<strong>ch</strong>en Ideale halte er aber für gere<strong>ch</strong>ter und das „Ideal der<br />

Gesells<strong>ch</strong>aft ohne Diskrim<strong>in</strong>ierung“ hätte se<strong>in</strong>e Gültigkeit behalten. Daher sei Blanke Mitglied der<br />

PDS (heute die L<strong>in</strong>ke). <strong>Der</strong> Kapitalismus sei aber au<strong>ch</strong> ges<strong>ch</strong>eitert, da er ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziges wi<strong>ch</strong>tiges<br />

Problem der <strong>ganz</strong>en Welt gelöst habe (viellei<strong>ch</strong>t mit Ausnahme der ‚nordis<strong>ch</strong>en’ Länder) und dies<br />

au<strong>ch</strong> <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> zu lösen imstande sei. Das Vers<strong>ch</strong>w<strong>in</strong>den des Kapitalismus und das Anbre<strong>ch</strong>en e<strong>in</strong>er<br />

besseren Gesells<strong>ch</strong>aftsordnung sei aber <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> <strong>in</strong> Si<strong>ch</strong>t. „Mit dem jetzigen Kapitalismus, sollte er si<strong>ch</strong><br />

<strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> beträ<strong>ch</strong>tli<strong>ch</strong> ändern, werden wir die Welt s<strong>ch</strong>ön zerstören. Es brau<strong>ch</strong>t e<strong>in</strong>en dritten Weg.“ Aber<br />

er, Blanke, sei ke<strong>in</strong> Professor der Philosophie, sondern Doktor der Interl<strong>in</strong>guistik, um dies alles<br />

kompetent beurteilen zu können.<br />

M.E. erübrigt si<strong>ch</strong> jegli<strong>ch</strong>er Kommentar zu diesen Äusserungen. 181<br />

181 D. Blanke wurde 2011 zum Ehrenmitglied des <strong>Esperanto</strong>-Weltbunds (UEA) ernannt. Zu se<strong>in</strong>em 70. Geburtstag wurde<br />

e<strong>in</strong>e Fests<strong>ch</strong>rift publiziert, die vom Peter Lang-Verlag herausgegeben wurde. Die Aufarbeitung der Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te der GDREA<br />

fehlt dort komplett. Au<strong>ch</strong> <strong>in</strong> den offiziellen Würdigungen Blankes wurde e<strong>in</strong> H<strong>in</strong>weis auf se<strong>in</strong>e politis<strong>ch</strong>-ideologis<strong>ch</strong>e Rolle<br />

<strong>in</strong> der DDR <strong>in</strong> Gänze ausgelassen, selbst mit dem Kürzel DDR wird sparsam umgegangen. Die Fests<strong>ch</strong>rift ist weitestgehend<br />

auf l<strong>in</strong>guistis<strong>ch</strong>e Themen bes<strong>ch</strong>ränkt.<br />

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