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Der Wahrheit nicht ganz verpflichtet Esperanto in ... - Plansprachen.ch

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In Teil VII wurden Argumente für die Bedeutung e<strong>in</strong>er Planspra<strong>ch</strong>e vorgegeben. Dabei wurde<br />

darauf h<strong>in</strong>gewiesen, dass es ke<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>n habe, die „<strong>in</strong>ternationale starke Position“ des Englis<strong>ch</strong>en „zu<br />

bezweifeln“. Au<strong>ch</strong> die Rolle des Russis<strong>ch</strong>en wa<strong>ch</strong>se dauerhaft an; die Dialektik bestehe dar<strong>in</strong>, dass das<br />

Englis<strong>ch</strong>e (aber au<strong>ch</strong> das Russis<strong>ch</strong>e und andere Spra<strong>ch</strong>en) aus „politis<strong>ch</strong>en und traditionellen Gründen<br />

dur<strong>ch</strong> die Verstärkung ihrer Position die Weltspra<strong>ch</strong>ensituation vers<strong>ch</strong>ärft“ hätten. 119 <strong>Esperanto</strong> trage<br />

ke<strong>in</strong>e S<strong>ch</strong>uld, dass es von den Staaten als <strong>in</strong>ternationale Spra<strong>ch</strong>e <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> anerkannt werde – historis<strong>ch</strong>e<br />

Umstände hätten dies verh<strong>in</strong>dert (genannt wurden 2. Weltkriege, Revolutionen, der Kalte Krieg,<br />

<strong>in</strong>ternationale Spannungen usw.). Nur die „friedli<strong>ch</strong>e Koexistenz“ „eröffnet neue Chancen, um<br />

vers<strong>ch</strong>iedene Weltprobleme zu lösen, so au<strong>ch</strong> dasjenige der spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Verständigung.“ Heutzutage<br />

genüge die Zahl der Esperantisten, damit <strong>Esperanto</strong> als „<strong>in</strong>ternationaler kulturpolitis<strong>ch</strong>er Faktor<br />

betra<strong>ch</strong>tet“ werden kann. 120<br />

In Nr. 2/1981 verkündete der esperantist, dass „die Weltlage si<strong>ch</strong> <strong>in</strong> der letzten Zeit rapide<br />

vers<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>tert“ habe. „In e<strong>in</strong>er neue Etappe des Wettrüstens wollen die reaktionärsten Kräfte,<br />

besonders die USA, die Welt bedrücken. <strong>Der</strong> Frieden ist <strong>in</strong> akuter Gefahr. Alle, au<strong>ch</strong> die Esperantisten<br />

müssen si<strong>ch</strong> dessen bewusst se<strong>in</strong>. <strong>Esperanto</strong> dient nur e<strong>in</strong>er friedli<strong>ch</strong>en Welt, <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> im<br />

Kriegswirbel.“ 121<br />

Im Rahmen der III. Zentralen Konferenz der Esperantisten im Kulturbund der DDR im Mai<br />

1981 <strong>in</strong> Karl-Marx-Stadt, an der 190 Delegierte und 19 ausländis<strong>ch</strong>e Gäste teilnahmen, verkündete der<br />

Vizepräsident des KB, Prof. Dr. Eduard Steiger, die vom Präsidium bes<strong>ch</strong>lossene Gründung des<br />

„<strong>Esperanto</strong>-Verbandes im Kulturbund der DDR“ (GDREA). Vorsitzender wurde Hans He<strong>in</strong>el<br />

(*1925), 122 Rudolf Hahlbohm wurde zum stv. Vorsitzenden und D. Blanke zum Sekretär „gewählt“.<br />

Dem Arbeitsauss<strong>ch</strong>uss gehörten L<strong>in</strong>de Knös<strong>ch</strong>ke, Manfred Arnold, Jürgen Hamann, Mi<strong>ch</strong>ael<br />

Lennartz, Siegfried L<strong>in</strong>ke und Werner Pfennig an. Otto Bässler wurde zum Ehrenmitglied des neuen<br />

Verbands ernannt. Er verstarb aber kurz dana<strong>ch</strong> am 15. Juni. In der esperantist 108/1981 wurde<br />

ausführli<strong>ch</strong> über die Konferenz beri<strong>ch</strong>tet.<br />

Die Erklärung der Konferenz lautete wie folgt:<br />

„Wir Delegierten der II. Zentralen Konferenz der Esperantisten im Kulturbund der DDR<br />

begrüssen e<strong>in</strong>hellig die historis<strong>ch</strong>en Bes<strong>ch</strong>lüsse des X. Parteitages der SED. In dem Bewusstse<strong>in</strong>, dass<br />

119 Wie Blanke <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Re<strong>ch</strong>tfertigungss<strong>ch</strong>rift ‚Movado sur la alia flanko’ (2004), S. 49, festhielt, hatte die russis<strong>ch</strong>e<br />

Spra<strong>ch</strong>e im DDR-S<strong>ch</strong>ulsystem e<strong>in</strong>e privilegierte Stellung gehabt, „so dass es notwendig war aufzupassen und <strong>Esperanto</strong> ihr<br />

<strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> als Konkurrrenten entgegenzustellen“. Die M<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> für Volksbildung sei s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> Margot Honecker, „die Frau des<br />

Staats<strong>ch</strong>efs...“, gewesen, die wie von allen DDR-Bürgern offenbar au<strong>ch</strong> von den Esperantisten gefür<strong>ch</strong>tet war. Auf S. 52 wird<br />

weiter erklärt, dass es e<strong>in</strong>e „heikle Sa<strong>ch</strong>e“ war, ja zu den „Problemen und Tabus“ gehörte, über die russis<strong>ch</strong>e Spra<strong>ch</strong>e „im<br />

Zusammenhang mit spra<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>em Imperialismus zu spre<strong>ch</strong>en“; Blanke gibt dar<strong>in</strong> zu, dass die damalige Darstellung der Rolle<br />

der russis<strong>ch</strong>en Spra<strong>ch</strong>e e<strong>in</strong>e „nur e<strong>in</strong>seitige Präsentation“ gewesen sei, man hätte die „hegemoniale Rolle des Russis<strong>ch</strong>en<br />

sehen müssen“, usw.<br />

120 Die Aussagen <strong>in</strong> diesem gesamten Zitatsabs<strong>ch</strong>nitt s<strong>in</strong>d weitgehend spekulativ, veraltet und können bestritten werden,<br />

zumal sie m.W. heutzutage von ke<strong>in</strong>en ernst zu nehmenden Interl<strong>in</strong>guisten und Eo-Historikern mehr vertreten werden.<br />

121 Die Faktenlage war damals die folgende: Na<strong>ch</strong>dem der Wars<strong>ch</strong>auer Pakt <strong>in</strong> den späten 1970er Jahren die eigene Rüstung<br />

e<strong>in</strong>seitig bereits massiv verstärkt hatte, markierten 1979 zwei nahezu glei<strong>ch</strong>zeitig stattf<strong>in</strong>dende Ereignisse das Ende der<br />

Entspannungspolitik der 1970er Jahre und e<strong>in</strong>e Vers<strong>ch</strong>ärfung des Kalten Krieges: <strong>Der</strong> NATO-Doppelbes<strong>ch</strong>luss, der das<br />

entstandene Übergewi<strong>ch</strong>t sowjetis<strong>ch</strong>er Mittelstreckenraketen neutralisieren sollte, und der sowjetis<strong>ch</strong>e E<strong>in</strong>mars<strong>ch</strong> <strong>in</strong><br />

Afghanistan (1979). Über den barbaris<strong>ch</strong>en Überfall der Sowjets <strong>in</strong> das mausarme unterentwickelte zentralasiatis<strong>ch</strong>e Land<br />

verlor der esperantist natürli<strong>ch</strong> ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziges Wort – und dieses Ereignis blieb <strong>in</strong> der Ostblockpresse streng tabuisiert. Hierauf<br />

reagierten die USA unter Präsident Jimmy Carter mit e<strong>in</strong>em Boykott der Olympis<strong>ch</strong>en Sommerspiele 1980 <strong>in</strong> Moskau, dem<br />

si<strong>ch</strong> die westli<strong>ch</strong>en Staaten ans<strong>ch</strong>lossen und belieferten die gegen die sowjetis<strong>ch</strong>e Besatzung kämpfenden afghanis<strong>ch</strong>en<br />

Mujahedd<strong>in</strong> mit Waffen. Carters Amtsna<strong>ch</strong>folger Ronald Reagan erhöhte die zuvor reduzierten Rüstungsausgaben auf e<strong>in</strong><br />

neues Rekordniveau und führte darüber h<strong>in</strong>aus das als Star-Wars-Programm bekannte Programm zur Abwehr strategis<strong>ch</strong>er<br />

Raketen e<strong>in</strong>. Damit sollte die Fähigkeit der Sowjetunion zum strategis<strong>ch</strong>en Zweits<strong>ch</strong>lag ausges<strong>ch</strong>altet werden. Es gehörte<br />

ausdrückli<strong>ch</strong> zu den Zielen dieses Vorhabens, e<strong>in</strong>en une<strong>in</strong>holbaren Vorsprung im Rüstungswettlauf zu gew<strong>in</strong>nen, um den<br />

Ostblock ökonomis<strong>ch</strong> und politis<strong>ch</strong> zu destabilisieren. Dieser konnte si<strong>ch</strong> die Militärausgaben na<strong>ch</strong> westli<strong>ch</strong>en<br />

E<strong>in</strong>s<strong>ch</strong>ätzungen <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> mehr lange leisten. Im Herbst 1982 s<strong>ch</strong>eiterten die Genfer Abrüstungsverhandlungen zwis<strong>ch</strong>en den<br />

USA und der Sowjetunion über den Abbau von Mittelstreckenraketen. Damit wurde die Stationierung e<strong>in</strong>er neuen<br />

Raketengeneration au<strong>ch</strong> auf westdeuts<strong>ch</strong>em Boden (Persh<strong>in</strong>g II und Cruise Missiles gegen die SS-20) sowie die Umsetzung<br />

e<strong>in</strong>er auf „Sieg im Atomkrieg“ ausgeri<strong>ch</strong>teten Strategie der USA, die Reagans führender Militärberater Col<strong>in</strong> S. Gray 1980<br />

öffentli<strong>ch</strong> vorgestellt hatte, absehbar. Dies wurde im Ostblock, vor allem <strong>in</strong> der DDR als Mögli<strong>ch</strong>keit, dass die USA e<strong>in</strong>en<br />

Atomkrieg vom Zaun bre<strong>ch</strong>en könnte, <strong>in</strong>terpretiert. In der Folge bereitete si<strong>ch</strong> die die NVA selbst ernsthaft auf e<strong>in</strong>en sol<strong>ch</strong>en<br />

Atoms<strong>ch</strong>lag vor. 1983 stimmte der Bundestag mit der neuen <strong>ch</strong>ristli<strong>ch</strong>-liberalen Mehrheit unter Bundeskanzler Helmut<br />

Kohl der Aufstellung der NATO-Raketen zu.<br />

122 Damals Direktor e<strong>in</strong>er Parteis<strong>ch</strong>ule und Mitglied des Präsidialrats des Kulturbunds der DDR.<br />

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