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Der Wahrheit nicht ganz verpflichtet Esperanto in ... - Plansprachen.ch

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Kommunismus hat man zu dieser traumatis<strong>ch</strong>en Epo<strong>ch</strong>e nun mehr Distanz gewonnen, e<strong>in</strong>e Menge<br />

Literatur darüber gelesen. Als Historiker sieht man bei diesem und jenem Thema die Notwendigkeit,<br />

die verna<strong>ch</strong>lässigte Vergangenheit aus bestimmten Gesi<strong>ch</strong>tspunkten aufzuarbeiten und erneut zur<br />

Diskussion, zur Spra<strong>ch</strong>e zu br<strong>in</strong>gen.<br />

Was hier auf e<strong>in</strong>igen Dutzend Seiten dargestellt ist, kann alles <strong>in</strong> der esperantist na<strong>ch</strong>gelesen<br />

werden, <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong>s ist aus der Luft gegriffen oder aus freien Stücken erfunden.<br />

Die Auswertung des publizierten Materials <strong>in</strong> der esperantist kann verknüpft mit der<br />

Verantwortungs- und S<strong>ch</strong>uldfrage au<strong>ch</strong> im S<strong>in</strong>ne von Vorwürfen (oder wenigstens kritis<strong>ch</strong>en Fragen)<br />

an die Adresse der Verantwortli<strong>ch</strong>en des ZAKE bzw. der GDREA sowie an die Redakteure von der<br />

esperantist anhand folgender 5 Punkte abges<strong>ch</strong>lossen werden. 160<br />

1) Politis<strong>ch</strong> mit allen si<strong>ch</strong> daraus ergebenden Konsequenzen die SED-Diktatur sowie die<br />

Politik und die Ma<strong>ch</strong>ens<strong>ch</strong>aften des totalitären DDR-Staats <strong>in</strong> der Nähe der Täter, 161 Handlanger,<br />

Nutzniesser, Claqueure und Mitläufer dur<strong>ch</strong> entspre<strong>ch</strong>ende Resolutionen, Losungen und publizistis<strong>ch</strong>e<br />

Praktiken direkt, bed<strong>in</strong>gungslos und vorsätzli<strong>ch</strong>, bewusst und vollumfängli<strong>ch</strong> unterstützt und gestützt<br />

zu haben und so zum Komplizen e<strong>in</strong>er kommunistis<strong>ch</strong>en Diktatur, d.h. e<strong>in</strong>es ‚Unre<strong>ch</strong>tsstaats’ par<br />

excellence, 162 geworden zu se<strong>in</strong>, der vor allem gegen Andersdenkende im S<strong>in</strong>ne des Völkerre<strong>ch</strong>ts<br />

s<strong>ch</strong>were Mens<strong>ch</strong>enre<strong>ch</strong>tsverletzungen im Form der Missa<strong>ch</strong>tung der Grundre<strong>ch</strong>te der Mens<strong>ch</strong>en <strong>in</strong><br />

Kauf nahm und zu verantworten hatte. Dabei spielt es ke<strong>in</strong>e Rolle, ob es si<strong>ch</strong> bei den führenden<br />

Esperantisten der DDR um ehrli<strong>ch</strong>e Marxisten und anständige Kommunisten handelte, die dem<br />

gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>en Entwurf e<strong>in</strong>es DDR-Sozialismus e<strong>in</strong>e Chance e<strong>in</strong>räumten und si<strong>ch</strong> loyal für den<br />

Aufbau des neuen Deuts<strong>ch</strong>lands engagierten, ob sie si<strong>ch</strong> als sol<strong>ch</strong>e auf der „ri<strong>ch</strong>tigen Seite der<br />

Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te befanden“ (was e<strong>in</strong> völlig fals<strong>ch</strong>er Gedanke war), ob ihre Tätigkeit und Mitglieds<strong>ch</strong>aft im<br />

Rahmen e<strong>in</strong>es angebli<strong>ch</strong> etwas liberaleren und toleranteren Kulturbunds der DDR angesiedelt war<br />

und ob sie als Esperantisten zu den „Humanisten“ gere<strong>ch</strong>net werden konnten (was im Übrigen s<strong>ch</strong>wer<br />

zu bezweifeln ist). Au<strong>ch</strong> wenn die Arbeit <strong>in</strong> der GDREA offenbar völlig <strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>stimmung mit den<br />

gültigen Gesetzen der DDR, ideologis<strong>ch</strong>-politis<strong>ch</strong> korrekt und im guten Glauben an die Ri<strong>ch</strong>tigkeit des<br />

Handelns, an die <strong>Wahrheit</strong> und an das Gute ausgeführt wurde (Irrtumsmögli<strong>ch</strong>keit <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong><br />

ausges<strong>ch</strong>lossen 163 ), haben die führenden GDREA-Funktionäre e<strong>in</strong>e unmittelbare Verantwortung und<br />

für die Ma<strong>ch</strong>ens<strong>ch</strong>aften und Verbre<strong>ch</strong>en des „Unre<strong>ch</strong>tsstaats“ DDR, dem sie (im Wissen oder<br />

Ni<strong>ch</strong>twissen dieses Unre<strong>ch</strong>ts sei dah<strong>in</strong>gestellt) aktiv dienen, den sie offiziell und öffentli<strong>ch</strong> ohne Wenn<br />

und Aber unterstützten verherrli<strong>ch</strong>en, wahrzunehmen. 164<br />

2) Historiographis<strong>ch</strong> e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>dimensionale, unreflektierte und politis<strong>ch</strong>-ideologis<strong>ch</strong><br />

bee<strong>in</strong>flusste Si<strong>ch</strong>t der D<strong>in</strong>ge wiedergegeben zu haben, e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>seitige und unvollständige Darstellung<br />

der politis<strong>ch</strong>en Ereignisse, Verhältnisse, Umstände und Tatsa<strong>ch</strong>en praktiziert zu haben, es mit der<br />

<strong>Wahrheit</strong> <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> genau genommen, <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> die <strong>ganz</strong>e, sondern allenfalls nur die halbe <strong>Wahrheit</strong><br />

DDR zu <strong>in</strong>formieren. Dieses Problem ist <strong>in</strong> der esperantist do<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> deutli<strong>ch</strong> zu spüren. Über das wahre Ausmass der<br />

Situation <strong>in</strong> der DDR wurde die Weltöffentli<strong>ch</strong>keit allmähli<strong>ch</strong> erst na<strong>ch</strong> der Wende aufgeklärt, und die Erkenntnisse darüber<br />

s<strong>in</strong>d au<strong>ch</strong> bis heute no<strong>ch</strong> <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> komplett.<br />

160 Als Ni<strong>ch</strong>tjurist liegt es mir fern, an dieser Stelle e<strong>in</strong>e juristis<strong>ch</strong>e Beurteilung abgeben zu wollen.<br />

161 Zur Täterdef<strong>in</strong>ition im DDR-Kontext s. die e<strong>in</strong>s<strong>ch</strong>lägige Fa<strong>ch</strong>literatur.<br />

162 Zur Problematik des Begriffs Unre<strong>ch</strong>tsstaat und was unter DDR-Unre<strong>ch</strong>t verstanden wird oder zu verstehen ist, weise i<strong>ch</strong><br />

auf die stattgefundene Diskussion und die Fa<strong>ch</strong>literatur h<strong>in</strong>. Die DDR selbst hatte si<strong>ch</strong> freili<strong>ch</strong> <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> als Unre<strong>ch</strong>tsstaat<br />

empfunden. Au<strong>ch</strong> viele ehemal. DDR-Kommunisten, an vorderster Front etwa Sahra Wagenkne<strong>ch</strong>t, weisen diese<br />

Bezei<strong>ch</strong>nung zurück. Das Thema wurde etwa <strong>in</strong> den Arbeiten von Klaus Marxen, Gerhard Werle und Petra S<strong>ch</strong>äfter<br />

aufgearbeitet und von der Stiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur sowie vom Verlag de Gruyter herausgegeben (s.<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Unre<strong>ch</strong>tsstaat; s. au<strong>ch</strong>: http://www.zeit.de/2009/27/Oped-S<strong>ch</strong>wan). Zum Begriff des Mitläufers<br />

s. z.B. R. Grafe, Hg.: Die S<strong>ch</strong>uld der Mitläufer. Anpassen oder Widerstehen <strong>in</strong> der DDR. 2009; H. Knabe: Die Täter s<strong>in</strong>d<br />

unter uns. Über das S<strong>ch</strong>önreden der DDR-Diktatur. 2007).<br />

163 Führenden GDREA-Funktionären kann unterstellt werden, dass sie, die <strong>in</strong>s westli<strong>ch</strong>e Ausland reisen konnten und über<br />

<strong>in</strong>ternationale Kontakte verfügten, somit gut <strong>in</strong>formiert waren und die Kritik des westli<strong>ch</strong>en Auslands an der DDR, am<br />

Ostblock und am Sozialismus genau kannten, au<strong>ch</strong> wenn sie überzeugte Marxisten gewesen se<strong>in</strong> mögen und das ‚Neue<br />

Deuts<strong>ch</strong>land’ lasen.<br />

164 E<strong>in</strong>e von DDR-Esperantisten verfasste S<strong>ch</strong>rift, die die umstrittenen Praktiken der DDR-, Sowjet- oder Ostblock-Politik<br />

au<strong>ch</strong> nur im Ger<strong>in</strong>gsten kritisiert hätte, ist dem Verfasser <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> bekannt.<br />

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