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Der Wahrheit nicht ganz verpflichtet Esperanto in ... - Plansprachen.ch

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Zuge der analogen Aufwertung anderer Arbeitskreise des DKB) e<strong>in</strong> Neuaufs<strong>ch</strong>wung erwirkt werden.<br />

Vermehrt Beiträge über die Eo-Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te; stal<strong>in</strong>istis<strong>ch</strong>e Verbre<strong>ch</strong>en müssen aber no<strong>ch</strong> immer<br />

vers<strong>ch</strong>wiegen werden. 151 November 1989 Kollaps der DDR-Führung.<br />

Die politis<strong>ch</strong>e, ideologis<strong>ch</strong>e, gesells<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e und wirts<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong>e Entwicklung und die<br />

gewesenen Verhältnisse <strong>in</strong> der DDR s<strong>in</strong>d allgeme<strong>in</strong> bekannt, wurden <strong>in</strong> Deuts<strong>ch</strong>land national – und<br />

<strong>in</strong>ternational – diskutiert und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er umfangrei<strong>ch</strong>en Fa<strong>ch</strong>literatur auf- und verarbeitet; sie brau<strong>ch</strong>en<br />

an dieser Stelle also <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> no<strong>ch</strong> e<strong>in</strong>mal erörtert zu werden. Was die DDR betrifft, gibt es kaum etwas<br />

zu Bes<strong>ch</strong>önigen, wie dies ansatzweise vom Post-SED-Lager und der LINKEN aus praktiziert wurde;<br />

beim Wuns<strong>ch</strong>, die DDR teilweise wieder zurückzaubern zu wollen, war meist damit verbunden, dass<br />

die s<strong>ch</strong>limmen Probleme, mit der die DDR <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> fertig geworden war, zu übersehen. Diese Haltung ist<br />

au<strong>ch</strong> für gewisse <strong>Esperanto</strong>-Kreisen der Ex-DDR <strong>ch</strong>arakteristis<strong>ch</strong>. Aus dem Traum, dass si<strong>ch</strong> die DDR<br />

zum Modell und S<strong>ch</strong>aufenster des gesamten Sozialismus entwickeln sollte, wurde <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong>s. Was etwa<br />

die Wirts<strong>ch</strong>aft betraf, herrs<strong>ch</strong>te <strong>in</strong> der DDR die glei<strong>ch</strong>e Dauerkrise wie <strong>in</strong> den anderen Ländern, die am<br />

Ende zum Bankrott dieses Staates führte.<br />

Was die marxistis<strong>ch</strong>-len<strong>in</strong>istis<strong>ch</strong>e Rhetorik betrifft, muss man mit Wolfgang Leonhard (Das<br />

kurze Leben der DDR, S. 118) sagen, dass die Lehren von Marx von den SED-Ma<strong>ch</strong>thabern nur als<br />

dogmatis<strong>ch</strong>e Re<strong>ch</strong>tfertigung für ihr eigenes Unterdrückungssystem genutzt wurde. Diese wurden au<strong>ch</strong><br />

von der staatli<strong>ch</strong>en <strong>Esperanto</strong>-Organisationen der DDR und des übrigen Ostblocks mit allen<br />

Konsequenzen eifrig und voll bewusst e<strong>in</strong>gesetzt und unterstützt, um die Esperantisten im Zaun zu<br />

halten.<br />

Zur Rolle der Medien und der Intellektuellen <strong>in</strong> der DDR f<strong>in</strong>de i<strong>ch</strong> die Charakterisierung von<br />

Udo Leus<strong>ch</strong>ner zutreffend, der die Probleme m.E. e<strong>in</strong>gängig bes<strong>ch</strong>rieben hat:<br />

„In der ehemaligen DDR gab es - wie <strong>in</strong> anderen ‚realsozialistis<strong>ch</strong>en’ Ländern - ke<strong>in</strong>en<br />

funktionierenden Markt, weder für den Berei<strong>ch</strong> der materiellen Produktion no<strong>ch</strong> für geistige<br />

Erzeugnisse. (...) E<strong>in</strong>zige Effizienz-Kontrolle war der unbed<strong>in</strong>gte Wille zur Ma<strong>ch</strong>terhaltung der Partei,<br />

der freili<strong>ch</strong> viel zu kurzsi<strong>ch</strong>tig war, um dieses Ziel langfristig si<strong>ch</strong>ern zu können. (...) Sie garantierte<br />

ledigli<strong>ch</strong>, dass es <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> zum Bankrott von Teilberei<strong>ch</strong>en kam, bevor das <strong>ganz</strong>e System<br />

heruntergewirts<strong>ch</strong>aftet war. Sie potenzierte zuglei<strong>ch</strong> die geistige Bes<strong>ch</strong>ränktheit und Spiessigkeit der<br />

herrs<strong>ch</strong>enden Clique, <strong>in</strong>dem sie Prämien für bed<strong>in</strong>gungslose Anpassung mit unerbittli<strong>ch</strong>er Verfolgung<br />

alles Ni<strong>ch</strong>tkonformen verband. Partei und Staat traten den Werktätigen, die sie angebli<strong>ch</strong><br />

repräsentierten, als e<strong>in</strong>e von ihrem privaten Fühlen, Denken und Handeln grundvers<strong>ch</strong>iedene Instanz<br />

gegenüber. Gerade der Anspru<strong>ch</strong>, die grosse Masse der Werktätigen so unmittelbar zu repräsentieren<br />

wie ke<strong>in</strong>e andere Führung zuvor, begründete e<strong>in</strong>e radikale Trennung von öffentli<strong>ch</strong>er und privater<br />

Sphäre. Es gab glei<strong>ch</strong>sam zwei Spra<strong>ch</strong>en, je na<strong>ch</strong>dem ob si<strong>ch</strong> der Bürger im privatimen Kreis oder <strong>in</strong><br />

der ritualisierten Öffentli<strong>ch</strong>keit des Partei- und Staatsjargons bewegte. Dieser Konflikt belastete<br />

naturgemäss besonders Lehrer, Akademiker und Kader aller Ränge, denen e<strong>in</strong> aktives Bekenntnis zur<br />

bestehenden Ordnung abverlangt wurde. Die Bekundung e<strong>in</strong>es <strong>in</strong>dividuellen Dissenses war ihnen nur<br />

<strong>in</strong> äusserst engen Grenzen gestattet, wenn sie <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> ihre Karriere und mehr aufs Spiel setzen wollten.<br />

Dagegen hatte der e<strong>in</strong>fa<strong>ch</strong>e Werktätige relativ wenig zu befür<strong>ch</strong>ten, wenn er se<strong>in</strong>e Unzufriedenheit<br />

dur<strong>ch</strong> ‚Meckern’ zum Ausdruck bra<strong>ch</strong>te. Es gehörte zu den verhängnisvollen Ant<strong>in</strong>omien des real<br />

existierenden Sozialismus, dass er gerade die <strong>in</strong>telligente und kompetente Kritik verpönte. Gemäss<br />

dem Dogma, dass es im Sozialismus nur ‚<strong>ni<strong>ch</strong>t</strong>antagonistis<strong>ch</strong>e Widersprü<strong>ch</strong>e"’ gebe, wurde allenfalls<br />

affirmative Kritik geduldet. Die tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> vorhandenen Antagonismen wurden so geleugnet und<br />

unter den Teppi<strong>ch</strong> gekehrt, bis au<strong>ch</strong> der Teppi<strong>ch</strong> zu kle<strong>in</strong> geworden war. In der Medienpolitik der<br />

DDR führte diese <strong>in</strong>stitutionalisierte Heu<strong>ch</strong>elei zu der absurden Situation, dass die Information des<br />

Bürgers aus anderen, nämli<strong>ch</strong> westli<strong>ch</strong>en Quellen bereits vorausgesetzt wurde. Den eigenen Medien<br />

oblag im wesentli<strong>ch</strong>en nur no<strong>ch</strong> die Aufgabe, dem Parteigenossen und Bürger zu signalisieren, was<br />

151 Wie Blanke <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er S<strong>ch</strong>rift ‚Movado sur la alia flanko’, 2004, S. 52, s<strong>ch</strong>rieb „sammelten wir allerlei mögli<strong>ch</strong>es Material“<br />

zum tabuisierten Thema der Verfolgung der Esperantisten unter Stal<strong>in</strong>, „um vor e<strong>in</strong>er Wiederholung der s<strong>ch</strong>weren Fehler und<br />

Verbre<strong>ch</strong>er der Vergangenheit zu warnen (Esp. averti)“. E<strong>in</strong>e ernsthafte und ehrli<strong>ch</strong>e Aufarbeitung der Vergangenheit f<strong>in</strong>det<br />

<strong>in</strong> dieser Publikation aber <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> statt. Aber viellei<strong>ch</strong>t erwartet man von sol<strong>ch</strong>en Autoren, die tatsä<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> ‚von e<strong>in</strong>er anderen<br />

Seite’ herstammen, e<strong>in</strong>fa<strong>ch</strong> zu viel des Guten. In e<strong>in</strong>em Interview mit Bendias (2011) sagte Blanke aus, dass es als<br />

antisowjetis<strong>ch</strong>e Haltung ausgelegt worden wäre, die stal<strong>in</strong>istis<strong>ch</strong>en Verfolgungen des <strong>Esperanto</strong> zu thematisieren.<br />

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