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Der Wahrheit nicht ganz verpflichtet Esperanto in ... - Plansprachen.ch

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<strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> wenigen Ausnahmen abgesehen, im Allgeme<strong>in</strong>en verwehrt blieb, <strong>in</strong>s westli<strong>ch</strong>e Ausland zu<br />

reisen.<br />

Wie diese Probleme aus damaliger Si<strong>ch</strong>t au<strong>ch</strong> immer zu sehen und zu bewerten s<strong>in</strong>d, die<br />

Esperantisten im e<strong>in</strong>ges<strong>ch</strong>lossenen Osten Deuts<strong>ch</strong>lands – die Mauer war bekanntli<strong>ch</strong> 1961 erri<strong>ch</strong>tet<br />

worden 12 – erwiesen si<strong>ch</strong> dem Kulturbund gegenüber dankbar, weil ihre Existenz wieder ermögli<strong>ch</strong>t<br />

und anerkannt wurde. An e<strong>in</strong>er <strong>Esperanto</strong>-Konferenz <strong>in</strong> Wien im Juli 1965 spra<strong>ch</strong> Graetz vom<br />

Deuts<strong>ch</strong>en Kulturbund (später Kulturbund der DDR) als von „e<strong>in</strong>er wirkli<strong>ch</strong>en Heimstatt“, die die<br />

Esperantisten der DDR gefunden haben und gebärdete si<strong>ch</strong> entspre<strong>ch</strong>end unterwürfig: „Dass wir<br />

weiterh<strong>in</strong> bestrebt s<strong>in</strong>d, den „uns gegebenen Auftrag entspre<strong>ch</strong>end den Bes<strong>ch</strong>lüssen und Ri<strong>ch</strong>tl<strong>in</strong>ien<br />

des Deuts<strong>ch</strong>en Kulturbundes na<strong>ch</strong> besten Kräften zu erfüllen, betra<strong>ch</strong>ten wir als e<strong>in</strong>e<br />

Selbstverständli<strong>ch</strong>keit“, hiess es <strong>in</strong> der Inauguralbots<strong>ch</strong>aft des ZAKE-Vorsitzenden. Man s<strong>ch</strong>ätze si<strong>ch</strong><br />

„stolz und glückli<strong>ch</strong> zuglei<strong>ch</strong>, Mitglieder des Deuts<strong>ch</strong>en Kulturbundes zu se<strong>in</strong> und entspre<strong>ch</strong>end<br />

se<strong>in</strong>en Grundaufgaben zu arbeiten.“ Unter dem Motto „an das Gute des wahren deuts<strong>ch</strong>en Geistes<br />

glauben“ wurde anlässli<strong>ch</strong> des 20. Jahrestags des Deuts<strong>ch</strong>en Kulturbundes <strong>in</strong> der ersten Ausgabe von<br />

der esperantist e<strong>in</strong> Friedensappell auf Deuts<strong>ch</strong> und <strong>in</strong> <strong>Esperanto</strong>-Übersetzung abgedruckt. 13 An<br />

anderer Stelle wurde gegen die Kriegshandlungen der Vere<strong>in</strong>igten Staaten <strong>in</strong> Vietnam protestiert, e<strong>in</strong><br />

‚beliebtes’ und stets aktuelles Thema, das über viele Jahre au<strong>ch</strong> <strong>in</strong> anderen <strong>Esperanto</strong>-Organen des<br />

Ostblocks aufgewärmt bleiben sollte. Den übrigen Teil der ersten Nummer von der esperantist bildete<br />

e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>führung <strong>in</strong> die <strong>Esperanto</strong>-Spra<strong>ch</strong>e mit Kurzgrammatik und M<strong>in</strong>imalworts<strong>ch</strong>atz (die <strong>in</strong> den<br />

Folgenummern sporadis<strong>ch</strong> fortgesetzt wurde). Das Heft enthielt ferner e<strong>in</strong>en S<strong>ch</strong>e<strong>in</strong> zur Bestellung des<br />

Organs der Weltfriedens-<strong>Esperanto</strong>-Bewegung Paco – andere <strong>Esperanto</strong>-Zeits<strong>ch</strong>riften waren für e<strong>in</strong><br />

Abonnement <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> zugelassen. 14<br />

An e<strong>in</strong>er Tagung des ZAKE vom 16. August betra<strong>ch</strong>teten die Mitglieder „den Kampf für<br />

Weltfrieden, Völkerverständigung, friedli<strong>ch</strong>e Koexistenz und nationale Unabhängigkeit“ erneut als<br />

ihre Hauptaufgabe und erklärten si<strong>ch</strong> mit den an die USA geri<strong>ch</strong>teten Forderungen der Mondpaca<br />

Esperantista Movado (Weltfriedens-<strong>Esperanto</strong>-Bewegung) solidaris<strong>ch</strong>. <strong>Der</strong> ZAKE rief alle<br />

Esperantisten <strong>in</strong> der DDR auf, „mit aller Kraft die <strong>in</strong>ternationale Protestwelle gegen die amerikanis<strong>ch</strong>e<br />

Aggression zu verstärken (...).“<br />

In der zweiten Ausgabe von der esperantist, die Ende 1965 ers<strong>ch</strong>ien, konnte man si<strong>ch</strong><br />

<strong>in</strong>formieren, dass <strong>in</strong> a<strong>ch</strong>t Bezirken 15 beim Kulturbund Arbeitskreise „mit vielen Arbeitsgruppen und<br />

Zirkeln der <strong>Esperanto</strong>freunde der DDR bestehen und weitere gebildet werden“. Au<strong>ch</strong> liess si<strong>ch</strong> etwa<br />

12<br />

Die Mauer war e<strong>in</strong> Thema, das <strong>in</strong> der esperantist <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> objektiv reflektiert werden konnte.<br />

13<br />

Au<strong>ch</strong> Worte von Johannes R. Be<strong>ch</strong>er (1891-1958), des längst verstorbenen ersten Präsidenten des am 4. Juli 1945 von<br />

Künstlern und Intellektuellen als überparteili<strong>ch</strong>er und <strong>in</strong>terzonaler Kulturbund zur demokratis<strong>ch</strong>en Erneuerung<br />

Deuts<strong>ch</strong>lands mit dem Segen der Sowjetis<strong>ch</strong>en Militäradm<strong>in</strong>istration (SMAD) gegründet, erfuhren dar<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Würdigung. In<br />

diesem S<strong>ch</strong>riftsatz s<strong>ch</strong>reckte man <strong>ni<strong>ch</strong>t</strong> davor zurück, die angebli<strong>ch</strong> von „überführten und Ma<strong>ch</strong>tmissbrau<strong>ch</strong> betreibenden<br />

Verbre<strong>ch</strong>ern gegen die Mens<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>keit“ zersetzte Regierung (von Hassel) der Bundesrepublik Deuts<strong>ch</strong>land anzuklagen, die<br />

angebli<strong>ch</strong> den Ungeist der Nazizeit weiter fördere und Kriegsvorbereitungen betreibe (der erste Punkt bezog si<strong>ch</strong> auf die <strong>in</strong><br />

der Tat ungenügende Entnazifizierung <strong>in</strong> der BRD, der zweite auf die NATO-Pläne mit ihrem gegen den Ostblock<br />

geri<strong>ch</strong>teten Raketenprogramm). In der dritten Nummer von der esperantist wurde auf der Titelseite Be<strong>ch</strong>ers Gedi<strong>ch</strong>t ‚Glück’<br />

abgedruckt, 1967 folgten e<strong>in</strong>ige Strophen über Len<strong>in</strong>. Dort wurde Be<strong>ch</strong>er e<strong>in</strong> „grosser deuts<strong>ch</strong>er Di<strong>ch</strong>ter“ genannt. Um 1965<br />

bestanden zwis<strong>ch</strong>en dem von Max Burghardt (1893-1977), e<strong>in</strong>em herausragenden Kulturs<strong>ch</strong>affenden der DDR geleiteten<br />

Deuts<strong>ch</strong>en Kulturbund (DDR) und dem Bundesvorstand des Demokratis<strong>ch</strong>en Kulturbundes (BRD) dur<strong>ch</strong>aus no<strong>ch</strong> (gute)<br />

Beziehungen. Diese wurden jedo<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> „das drohende Engagement der Bundesrepublik an der Seite der USA“ zunehmend<br />

bee<strong>in</strong>trä<strong>ch</strong>tigt, hiess es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Kommunique, das <strong>in</strong> der esperantist 5-6/1966 ers<strong>ch</strong>ien. 1974 wurde der Deuts<strong>ch</strong>e<br />

Kulturbund (DDR) <strong>in</strong> Kulturbund der DDR umbenannt. Er war der Nationalen Front angegliedert und <strong>in</strong> der<br />

Volkskammer mit 22 von <strong>in</strong>sgesamt 500 Abgeordneten vertreten. 1985 zählte der Kulturbund der DDR 263’000 Mitglieder.<br />

Wie andere Massenorganisationen akzeptierte au<strong>ch</strong> der Kulturbund der DDR ohne E<strong>in</strong>s<strong>ch</strong>ränkung die Führung dur<strong>ch</strong> die<br />

SED. Neben dem <strong>Esperanto</strong>-Verband im Kulturbund der DDR g<strong>in</strong>gen mit der Zeit au<strong>ch</strong> andere Zentrale Arbeitskreise wie<br />

die Gesells<strong>ch</strong>aft für Denkmalpflege, die Gesells<strong>ch</strong>aft für Natur und Umwelt (e<strong>in</strong>s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> des Zentralen Fa<strong>ch</strong>auss<strong>ch</strong>usses<br />

für Touristik und Wandern), die Gesells<strong>ch</strong>aft für Heimatges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te und die Gesells<strong>ch</strong>aft für Fotografie hervor. Weitere<br />

landesweit agierende Gesells<strong>ch</strong>aften im Kulturbund waren die Klubs der Intelligenz, die Pirckheimer-Gesells<strong>ch</strong>aft (Bü<strong>ch</strong>erund<br />

Grafiksammler mit der Zeits<strong>ch</strong>rift Marg<strong>in</strong>alien), der Arbeitskreis Friedri<strong>ch</strong> S<strong>ch</strong>iller und der Philatelistenverband der<br />

DDR im Deuts<strong>ch</strong>en Kulturbund. I<strong>ch</strong> erwähne diese Arbeitskreise, um die <strong>Esperanto</strong>-‚Bewegung’ der DDR, d.h. den ZAKE,<br />

statusgemäss ri<strong>ch</strong>tig e<strong>in</strong>zuordnen. 1978 existierten 35 sol<strong>ch</strong>er Fa<strong>ch</strong>gruppen.<br />

14<br />

1976 konnten weitere <strong>Esperanto</strong>-Zeits<strong>ch</strong>riften wie Bulgara esprantisto, Hungara Vivo, Pola esperantisto, Scienca Mondo,<br />

Scienca Revuo abonniert werden.<br />

15<br />

So <strong>in</strong> Leipzig, Dresden, Karl-Marx-Stadt, Berl<strong>in</strong>, Magdeburg, Rostock, S<strong>ch</strong>wer<strong>in</strong>, Halle, Suhl und Potsdam sowie<br />

vorgesehen au<strong>ch</strong> <strong>in</strong> Erfurt und Gera.<br />

7

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