Sonderausgabe: Dekontamination Verletzter (PDF, 2MB)

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38 DEKON: MEDIZIN Der Dekonplatz für Verletzte wird von Einheiten der Feuerwehr und des Rettungs- bzw. Sanitätsdienstes (Rettungsfachpersonal) gemeinsam betrieben. Die Gefahren durch sekundären Kontakt mit dem ABC-Gefahrstoffen erfordern hierbei das Tragen geeigneter Schutzbekleidung sowie Atemschutz. Im Anschluss an die Dekontamination werden die Betroffenen an den reinen „Weiß“-Bereich so übergeben, dass von ihnen keine Gefahren mehr für die nachfolgenden behandelnden Kräfte ausgeht. Am Übergabepunkt kann ein Nachweis auf Kontaminationsfreiheit geführt werden. Ein schnelles und sicheres Monitoring ist derzeit jedoch nur bei radioaktiver Kontamination möglich. In allen anderen Fällen muss die Kontaminationsfreiheit über ein standardisiertes Dekontaminationsverfahren sichergestellt werden. Vorgezogene Sichtung im „Schwarz“-Bereich Verletzungsmuster und Kapazitätsgrenzen erfordern ein Vorziehen des klassischen Sichtungsbereichs vor die technische Dekontamination der Feuerwehr. Die Gefahr einer Sekundärkontamination über den Kontakt mit dem Verletzten erfordert in diesem Bereich geeignete ABC-Schutzbekleidung sowie Atemschutz, unter denen sie Entkleidung, Untersuchung, Registrierung und Anbehandlung durchführen. Aufgrund der zu erwartenden geringen Konzentration, die von den Verletzten ausgeht, ist grundsätzlich das Tragen einer leichten Chemikalienschutzbekleidung sowie einer Vollmaske mit Atemfilter (ABEK2P3) erforderlich. Im Bereich der Hände sind Untersuchungshandschuhe doppellagig einzusetzen und nach jedem Patienten die oberste Lage zu wechseln. Im Sichtungsbereich werden die Betroffenen entkleidet, registriert und anschließend untersucht. Aufgrund der eingeschränkten Untersuchungsmöglichkeiten und des hohen Zeitdrucks haben diese Maßnahmen zu diesem Zeitpunkt nur das Ziel der Einleitung einer zügigen Weiterbehandlung. Die anschließende Anbehandlung verfolgt das Ziel, den Verletzten so zu stabilisieren, dass er den Dekon-Prozess durchlaufen kann (Basic Life Support). Hierzu zählen u. a. Tätigkeiten wie Spot-Dekontamination, Wundabdeckung und ggf. Gabe von Antidota. Das medizinische Personal des Sichtungsbereiches besteht nach Möglichkeit aus einem Notarzt und zwei weiteren Rettungsfachkräften, die Feuerwehr unterstützt. BEVÖLKERUNGSSCHUTZ SONDERAUSGABE 2006 Dekontamination Die Durchführung der Dekontamination erfordert eine Trennung in einen Bereich für gehfähige Verletzte und einen für liegende Verletzte. Die Dekontamination erfolgt nass mit lauwarmen Wasser über Handbrausen geschützt in Zelten oder stationären Anlagen. Als Grundlage für eine mobile Nass-Dekontamination kann die Dekon-P-Ausrüstung des Bundes als Basis dienen, die den Aufbau von zwei parallelen Dekon-Linien ermöglicht. Für den Liegend-Bereich sind je ein Tragengestell sowie Transferboards für Nass-Dekontamination in ausreichender Anzahl vorzusehen. Die Erweiterung der Dekon-P-Anlage um ein weiteres Zelt ermöglicht den Betrieb von vier parallelen Dekon-Linien und räumliche Trennung von Gehend- und Liegend-Bereich. Beide Bereiche können jedoch gemeinsam über die Technik der Dekon-P versorgt werden. Für jede Dekon-Linie ist ein Dekon-Team, bestehend aus zwei Dekon-Helfern der Feuerwehr und einer Rettungsfachkraft, notwendig. Im Bereich der Nass-Dekon ist zu der beschriebenen Schutzbekleidung eine Ergänzung durch Gummistiefel sowie Chemikalenschutzhandschuhe erforderlich. Zeitschiene und Kapazitäten Die erforderlichen Zeiten für Entkleidung, Sichtung, Registrierung, Anbehandlung und Dekontamination orientieren sich am Verletzungsmuster und können daher stark variieren. Als Planungsgrößen können 20 gehfähige Verletzte pro Stunde und Dekon-Team angesetzt werden. Für liegende Verletzte reduziert sich der Ansatz aufgrund des erhöhten Zeitaufwandes auf 5. Mit der aufgezeigten Erweiterung der Dekon-P-Anlage auf vier Dekon-Linien ergibt sich so eine rechnerische Kapazität von 10/40 (liegend/gehend), mit der ein Standard-Behandlungsplatz (BHP 50) versorgt werden kann, ohne dass es zu planungsbedingten Engpässen kommt. Neben der technischen Planungsgröße sind ausreichend Personalreserven als Tragehilfen und Ablösung der Einheiten unter Schutzbekleidung spätestens nach etwa 60 Minuten vorzusehen. Grundsätzlich soll der Betrieb von mindestens zwei Stunden vorgesehen werden.
ABC-Dekontamination von Patienten Von Rudolf Junker und PD Dr. med. Sergei Bankoul Als oberste politische Behörde der Schweiz erteilte der Bundesrat im September 2003 der eidgenössischen Kommission für ABC-Schutz den Auftrag, sämtliche ABC-Projekte in der Schweiz zusammenzuführen und das Projekt „Nationaler ABC-Schutz“ zu initialisieren. Neue Risiken und Gefahren sowie insbesondere die Erkenntnisse und Lehren aus dem „C-Terroranschlag“ von 1995 auf die U-Bahn in Tokyo und den darauf folgenden Ereignissen „Anthrax“ und “Sars“ machten deutlich, dass in der Schweiz im Bereich ABC-Schutz Anpassungen notwendig sind und insbesondere im Bereich Dekontamination von Patienten schwerwiegende Mängel und Lücken bestehen. Ziele des Projekts „Nationaler ABC-Schutz“ •Das Projekt „Nationaler ABC-Schutz“ basiert auf bestehenden Aktivitäten, geplanten und genehmigten Projekten und Organisationen und bezieht alle wichtigen Beteiligten ein. •Es liefert ein umsetzungsfähiges, finanzierbares und zukunftsorientiertes Konzept „Nationaler ABC- Schutz“ mit Grundlagen und Optionen für: - eine Effizienzsteigerung im ABC-Bereich - Anträge und Empfehlungen (z. B. mit Konsequenzen für rechtliche Erlasse) - die Umsetzung auf Stufe Bund und Kanton und Gemeinde - eine klare Sprachregelung und Definition der zu verwendenden Begriffe. Es geht darum, aufbauend auf einem umfassenden Szenarienkatalog, ein möglichst breites Spektrum an Bedrohungen (Unfall, Naturkatastrophe, zivilisationsbedingte Katastrophe, Kriminalität, Terror, Krieg) abzudecken und deren Auswirkungen auf DEKON: MEDIZIN die betroffenen Organisationen auf den Stufen Bund, Kantone und Gemeinden zu erarbeiten und daraus die notwendigen Maßnahmen für den ABC- Bereich im Rahmen des Bevölkerungsschutzes einzuleiten und umzusetzen. Auf den besonderen Schutz des Personals ist zu achten. Folgende Partner sind involviert: •Bundesamt für Bevölkerungsschutz (mit Labor Spiez und Nationaler Alarmzentrale) •Hauptabteilung für die Sicherheit der Kernanlagen •Kantone •Industrie •Kompetenzzentrum der Armee SONDERAUSGABE 2006 BEVÖLKERUNGSSCHUTZ 39
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